OHNE FESTLICHKEIT
ERNST KOLLER
Zur lnnenaussiaüung des Salzburgel Monsierbaues
Der Neubau des Salzburgei" Fest-
spielhauses hat durch die ]ahre hin-
durch die Gemüter bewegt und war
Substrat heftiger, nicht immer saeh-
licher Diskussionen. Dabei ging es
vorwiegend um die Frage der inne-
ren Notwendigkeit des gigantischen
Werks: stand es nicht alleine vom
Dimensionalen her in schreiendem
Widerspruch zur Grundidee der
Salzburger Festspiele, bedeutete es
nicht eine unerfreuliche, letztlich
von rein kommerziellen Gesichts-
punkten bestimmte Konzession an
gewissen Trends im Zeitalter des
Massentourismus, lautete seine ge-
heime Devise nicht „Kraft durch
Freude"?
Nun, da der Bau seine technische
Bewährungsprobe erfolgreich über-
standen hat und selbst in unserer
sehnellebigcn Zeit wenigstens ein
3,4
paar Jahre lang zu den Wlundern
dieser Welt zählen wird, kann es
nicht mehr darum gehen, die Idee
der Planung kritisch zu betrachten.
Ziveierlei tut not: erstens wird dar-
um zu ringen sein, der neuen, so
spektakulären Schale einen ange-
messenen zweckbedingten Kern zu
geben - das sind die Bühnen-
gesehehnisse, denen das Haus die-
n en soll, zweitens mag es sich aber
immer noch als notwendig erweisen,
den Bau auf den Gehalt seiner op-
tischen, ersehcinungsmäßigen Fest-
und Feierlichkeit hin zu unter-I
suchen. Der künstlerischen Leitung
der Salzburger Festspiele bleibt die
Lösung der ersten Aufgabe über-
lassen; wir wollen uns hier mit der
Innenausstattung des Neubaues in
kritischer, keinesfalls aber gehässi-
ger Weise auseinandersetzen. Die
wissensmäßigcn Grundlagen zur
Kenntnis des Holzmcister-Baues
sind in der im Salzburger Residenz-
Verlag erschienenen Schrift „Das
neue Salzburger Festspielhaus-zur
Eröffnung am 26. Juli 1960" in
übersichtlicher, gründlicher und er-
schöpfender Weise zusammenge-
faßt. Dem repräsentativen Band sind
auch mit gütiger Erlaubnis des Ver-
legers die von Dr. Dapra aufgenom-
menen Photo-Illustrationen entnom-
men.
Da das Salzburger Festspielhaus ja
kein Kunstwerk an sich ist, sondern
einem bestimmten Gebrauchszweck
dient, wäre eine Diskussion seiner
Ausstattung überflüssig, stünde
diese tatsächlich in integerem, un-
lösbarem und kausal bedingtem Zu-
sammenhang mit dem Bauganzen.
Dies ist nun eindeutig nicht der
Fall: die Ausgestaltung des Fest-
spielhauses mit Werken der Plastik,
der Bildwirkerei, der Keramik, der
Eisensehmiede- und Bronzegießer-
kunst trägt von allem Anfang an
den Charakter des Sekundären, vom
Konzept her nachträglich Hinzuge-
kommenen, nicht in der Gesamt-
struktur des Baues Vcrwurzeltcn.
Einige Beispiele sollen diese Be-
hauptung illustrieren.
Das Festspielhaus ist sowohl von
der Hofstallgasse durch eine Reihe
von neugewonnenen und zwei alte,
adaptierte Portale, als auch durch
das berühmte Fischer von Erlach-
Tor am Sigmundsplatz zu betreten.
Die Griffe der Torflügel wurden
von dem hochverdienten Salzburgcr
Bildhauer Toni Schneider-Manzell
gestaltet, wobei sich wieder einmal
der Sinn dieses Künstlers für das
humorvolle Details in reizenden,
kleinen Einfällen bewährte. Was an
diesen Schöpfungen auszusetzen
1-4 Türgriffe von Trmi Schneider-
Manzell: Die Abb. 1, 2 zeigen Bronzea
griffe „an sich", in Abb. 3 und 4 sieht
man bereits, wie Griff und Tür sich
nicht recht zu einem Ganzen verbinden
wollen.
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