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Festlandes nicht mehr nöthig, das Material aus den englischen Zinnerz-
lagern von Cornwallis zu holen. Es erschlossen sich die Zinngruben des
böhmisch-sächsischen Erzgebirges. Die Anfänge der Zinngewinnung in
Böhmen sind, wenn wir den Mittheilungen Balbins folgen"), noch in's
12.Jahrhundert zu versetzen, doch konnte in so früher Zeit, bei dem nur
allmäligen Anwachsen der Ausbeute an Erz, der Erfolg sich nicht wesentlich
bemerkbar machen. Mit der Erschließung der Bergwerke zu Graupen,
Schlaggenwald, Schönfelden u. s. w. in Böhmen, zu Altenberg und Zinn-
wald in Sachsen etc., welche im Allgemeinen erst im 15. Jahrhundert
zum vollen Ertrag gediehen, wurde ein Centralgebiet geschaffen, von
dem die Handelswege ausgingen, deren Verlauf durch Stätten gekenn-
zeichnet ist, auf welchen die Verarbeitung des Zinns zum Blühen und
Gedeihen kam. In erster Linie sind hier die regen Handelsverbindungen
zwischen Böhmen und Bayern hervorzuheben, durch welche dem Zinn
zunächst in Regensburg ein Absatzgebiet eröffnet wurde"), wogegen sich
Böhmen hiebei auf dem Wege des Austausches mit bayerischem Salze
versorgte. Von Regensburg aus erfolgte die Verfrachtung des Zinns donau-
abwärts. Von derselben Stadt aus mochte selbstverständlich auch Nürn-
berg mit Zinn versorgt werden, diese Hauptpfiegestätte der Kunst, welche
in der Folge hervorragende Leistungen des Zinngusses aufzuweisen hatte.
I Leider zeugen fast nur archivalische Nachrichten von dem Auf-
schwung, den die Zinnbearbeitung vom 13. bis zum 15. Jahrhundert
genommen, von den mannigfaltigen Gegenständen, welche zu kirchlichem
und zu profanem Gebrauch in Menge angefertigt wurden. Bis zu den
Erzeugnissen des späten 15. Jahrhunders ist von allen Kelchen, Patenen,
Ampullen und Spülbecken. von Kannen, Schüsseln und Tellern, von
Flaschen und Salzfässern. deren ehemalige Existenz beglaubigt ist, so
viel wie Nichts vorhanden. Wahrscheinlich haben alle diese Dinge das
Schicksal erfahren, umgegossen zu werden, wie es mit dem Zinnhaus-
rath späterer Jahrhunderte gleichfalls häufig geschah und geschehen
musste, da die Abnützung und Beschädigung beim Gebrauche die Objecte
bald in einen Zustand versetzte, welcher ihre Auswechslung geboten
erscheinen ließ. Um so erfreulicher ist es, dass sich gerade zunächst dem
angeführten Centrum der mittelalterlichen Zinngewinnung, in Böhmen
selbst nämlich, eine Anzahl zu einer besonderen Gruppe zusammen-
zufassender Werke erhalten hat, deren typische Erscheinung sie zu einer
einzig dastehenden, in keinem anderen Lande sich zeigenden Specialität
macht. Es sind dies die zahlreichen in den Kirchen Böhmens vorhandenen
zinnernen Taufbecken. Die Entstehungszeit dieser Werke ist nach den
mit Sicherheit zu datirenden Exemplaren bis in die ersten Jahre des
') Miscellanea historica regni Bohemiae. Prag, 1679, cnp. XV. Bei Bapst a, a. 0.
plg. n}.
") F. L. Hübsch, Versuch einer Geschichte des bohm. Handels, p. xcr K.