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Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 71)

 
ZUR AUSSTELLUNG lDOLE UND DÄMONEN IM MUSEUM DES 20. JAHRHUNDERTS 
in der außerordentlich umfangreichen und über die wesentlichen Zusammenhänge informierenden Einführung des Kataloges, 
die zu lesen einem größeren Publikum zu empfehlen würe. wird voit Werner Hofmann darauf hingewiesen, daß es in den 
letzteii Jutireli wieder inhaitsbezogene Ausstellungen gibt. Die litel. die hier genannt werden. zeigen uns schon, dafi es darum 
geht, dem Besucher die eigentlichen Wurzeln der Kunst unserer Zelt aufzuzeigen. Nicht den formalen Wurzeln, sondern den 
viel tiefer iin iiie verschütteten uttd wahrscheinlich nie zu verschüttenden Bereich des menschlichen Fühlens und Erlebens 
greifenden Wurzeln. des inhaltlichen, gilt es hier nachzugehen. 
lln Museum iin Schweizergarten wird an Hand einer reichen, erlesene Beispiele aus den verschiedensten Sammlungen der 
Welt aufweisenden Schau gezeigt. datl die schöpferischen Kräfte auch in einer Zeit, in der man alles vom mathematisch- 
naturwissenschaftlichen Standpunkt erklären zu können glaubt, die Fasern zu den irrationalen Schichten des Daseins nicht 
abreißen lassen. Es erweist sich allerdings, daB die Dämonen in überwiegender Mehrzahl das Bild beherrschen, dalJ die Idole 
hauptsächlich (nicht ausschließlich!) van den Btldhauern geschaffen werden. Ja, daß selbst dort. wo die Maler Idole schufen. 
diese dämonischer Natur sind. Das beginnt bei Munchs .,Madonna". Klimts .,Freundinnen" und reicht bis zu Beilmer. Fuchs 
und Uhlmann. Die Idole in der Malerei pendeln zwischen Legers „Schwestern" und Nays .,Frau mit Tieren". Dubuffet, Dado. 
vor allem auch Brauner, Pollock und Pelersen gehören zu dieser Gruppe. in der man die Frau, sei sie nun die gute oder die 
böse Mutter, die Verführerin oder die Erlösertn, weitgehendst in der ldolatrie dieser Bilder t"indet. Einige mehr durch den 
Mythos inspirierte Arbeiten sind bei den Bildern van Beckmann, Massen und Cohen zu finden, Eine typische Zwischenstellung 
nimmt Lam etn. Hier ist das Idol mit dem Mythos verbunden. 
Die lctale der Bildhauer sind bei weitem männlicherer Natur. Meist geht es hier noch nicht. oder nicht mehr. um Spezielles. 
Es sind Anrufungen der Zeugungskraft wie bei Benazzl. l-totlehner und Etlenne-Martin. Schon diese drei Namen zeigen. wie 
verschieden. aber auch wie sehr ins Objektive gerückt die plastischen Idole sind. Auch Bertonis und Kalinovskys Arbeiten 
gehören hierher. Neben Moores .,Aufrechtes stehendes Motiv", dessen idolortiger Charakter eindeutig ist, steht sein "Helm- 
Kopf". der das Damönische exhibiert. Auch Duchamp-Vtllon. Cesar-Baldaccini. Jacobsen und Mueller haben mehr das 
Dämonische tn der Plastik gestaltet. 
Die Dämonen. die unsere Welt und diese Werke bevölkern. sind zahlreich. Sie haben heute andere Namen und andere 
Gesichter als in der Vergangenheit, Doch der Künstler macht sie. wie zu allen Zeiten. erst sichtbar: er bannt sie auf die 
Wände. er hölt sie fest. Nun werden auch die anderen sie gewahr. 
ROBERTO SEBASTIAN MATTA 
Wie sehr die Umgestaltung unseres wissenschaftlichen Weltbildes mit seinen 
ldentitütsherstellungen zwischen Substanz und Energie. Raum und Zeit. Endlichkeit 
und Unendlichkeit vor allem die Künstler der surrealistischen Richtung zutiefst 
berührt, weil sie daraus Symbolröume einer magischen Welterfahrung schaffen 
wollen, scheint einer der ersten Eindrücke zu sein, die das im Museum des 
20. Jahrhunderts ausgestellte Oeuvre des Blocks in Santiago de Chile geborenen und 
als Architekt ausgebildeten Künstlers Echaurren Roberto Sebastian Matta ver- 
mittelt. Natürlich gibt diese ganz allgemeine Erkenntnis noch in keiner Weise 
Spezifikationen wieder. die sich erst bei der Betrachtung der einzelnen Bilder im 
Rahmen der Erkenntnis der besonderen Tendenzen dessurrealistischen Weltbildes er- 
geben. Der Surrealismus spricht Bildbereiche an, die der Weit desTt-aumes, diesich 
als Halluzination konkretisiert. entspricht. In Erweiterung dieser Kontemplation. die 
Tiefen des Unbewußten immer wieder neu anpeilend, wird ein psychischer 
Automatismus. der die Bilder der magischen Dingerfahrung hervorruft, erreicht, 
vielfältige Assoziationsketten auslösend, die das urtümliche Zusammenspiel von 
außen und innen exempliüzieren. Mattas ..psychologische Morphologien", die 
am Beginn seiner surrealistischen Schaffensperiode stehen 7 er verließ das Atelier 
Corbusiers, in welchem er von 1935 bis 1937 tätig war, um sich dem Surrealismus 
anzuschließen i stellen einesolche vage assoziative Verbindung zu den natürlichen 
Dingen her. Diese Dingerfahrung diktiert die künstlerische Formerfahrung als 
Antwort des menschlichen Eros auf die Triebkräfte der Natur. Die Sinngebung 
liegt in einer Überhöhung dieses Dualismus. Jene weichen. amorphen. qualligen 
Gebilde. die sich vor grünblauem Hintergrund. in rotgelben Farbzuckungen. 
von dämonischem Schwarzgrau durchzogen, abheben. in Partnerschaft mit einer 
welltgrauen Masse, in gleichem Rotgelb (Psychologische Morphalogie 1938. Kat. 
Nr. 1), rühren durch ihre geheimnisvolle Lockung die Schichten des Unbewußten 
an. in denen das Erotische und Pansexuelle beheimatet ist. Eine Gruppe 
italienischer Futuristen strebte bereits in den dreißiger Jahren ähnliche Tendenzen 
an. Enrico Pranbolinis „geologische Metamorphosen" erinnern daran, wie über- 
haupt dem Futurismus ein entscheidender Anteil in dieser künstlerischen Ent- 
wicklung zukommt. Ich erinnere an die im Eröffnungskatalog „Kunst von 1900 
bis heute" abgebildeten .,Seelenzustönde" aus dem Jahre 1911 (Kat. Nr. 63) von 
Umberto Boccioni. Nach den beiden Kriegen sind es wieder Futuristen. wie etwa 
Birolli. die durch eine farbengedämpfte expressionistische Realitätsbewegung den 
amerikanischen Surrealismus beetnflußten. 
Matta reist 1939 nach Amerika. in diesen Jahren scheinen in einem Großteil seiner 
Arbeiten kühle und nur wenige Farbskalen auf. Geometrische Formen als Produkt 
einer Auseinandersetzung mit dem Bauhaus zeigen eine formale Wandlung an, 
Inhaltlich steuert er auf die kosmische Richtung des Surrealismus hin, die Archile 
Gorky in Amerika führend vertritt. Maschinenmenschen, angekettet im Sinne 
des geschundenen Marsyas (Wissen. Gewissen. Geduld des Glases, New York 1944. 
Kat. Nr. 5, Zufälligkeit, New York 1946. Kat. Nr. 7)sind die Resultate. Die sichtbare 
Weil wird mit spekulativen iormen bevölkert. Sie besteht aus Stangen, Balken. 
psychologischen Wohnungen in widersprechenden Perspektiven. um .,dadurch 
eine Befreiung zu erfahren. die nichts vom Durcheinander des Lebens weiß" 
(Pamphlet Mallas in Monotaure 1938. zit. von Werner Hofmann in Kat. 8 des 
Museums des 20. Jahrhunderts). Bald teilt er sich in neuen Farben mit. die kon- 
vulsivisch lockend und gefahrenleuchtend lnnen- und Außenwelt konfrontieren 
(.,Es obiektiviert sich bei Nacht", Paris 1955. Kat. Nr. 16). 1958 kehrt Matta nach 
Europa zurück. Nach Paris und der .,Ecoie de Paris" der vierziger Jahre scheint 
es, als ob die römische Schule, deren illusionistische Deckengemälde eine einzige 
Synthese von Raum und tonigem Licht darstellen. ihm eine entscheidende Aus- 
richtutig gäben: die römische Schule des Barock. die römische Schule der 
FUlUFISlEft nach den beiden Kriegen. Und ob nicht auch die kosmische Vision in 
Mtchelcingeles Sixtina in ihm Verwandtes erklingen tietl? .,Dem licht eine Weit 
geben". Boissy 1960. "Das Ei des Auges", Boissy 1962, sind eine schweigende 
Schau in das All. einer Unendlichkeit ohne Anfang und Ende, eine letzte philo- 
sophisclt-theosophische Aussage. Erika Hellich 
Alois Vogel 
GEBURTSTAGE 
Der Südtiroler Maler Josef Kien (recte Kien- 
lechrier) feierte am 30. Juli seinen 60. Ger 
burtstag. Seine Ausbildung erfuhr er in 
Paris. bei Hafer an der Berliner Akademie. 
in Bozen und Rom. im Juli beendete er die 
Arbeit an einem abstrakten Relief für die 
Eingangshalle der Universitclt von Taipai 
(Formosa). 
im Pavillon des lnnsbrucker l-lofqartens fand 
anlalltirii des Geburtstages eine Ausstellung 
statt 
Erich Heckel, einer der Urvater de; deJtscheri 
Expressionismus, feierte am 31. Juli seinen 
so Geburtstag. Das Berliner KupfBrSllCh- 
kabinell und die Stuttgarter Gemäldegalerie 
gedachten diese; Ereignisses inii repräsen- 
tativen Ausstellungen. 
Ludwig Grete. der emeritierte Direktor des 
Germanischen Nationalmuseums in Nürn- 
berg, feierte am 8. August seinen 70 Geburts- 
tag. Grote. der aus Halle QBbÜfllg tSt, war 
bis 1933 Galeriedirektor und Konservatar in 
Anhalt-Dessau, Seiner Initiative tSl die Ver- 
legung des Bauhauses von Wßlmür nach 
Dessau zii verdanken. 1933 wurde er all 
seiner Amler enthoben, 1945 übersiedelte er 
nartl Munchen, wo er die ersten großen 
Ausstellungen moderner Kunst nach dem 
Kriege organisierte. 1951 wurde er Direktor 
des Germanischen Nationalrnuseurns. dessen 
materiellen und organisatorischen Wieder- 
aufbau er einleilele und fortführte. Erst vor 
einem Jahr konnte sich der Gelehrte zur 
Ruhe setzen. lSl aber naati Wie vor tätiges 
Mitglied des Verwaltungsrates des Museums. 
Prof. Arnold Hurtig. der bekannte Bildhauer 
und Medatlleur, vollendete am 12. August 
SCin ss, Lebensiahr. l-tartig tiat u. a. ßts Me- 
daillen mit Bildnissen osterreichischer Heer- 
fuhrer geschaffen. Auch Medaillen von 
Mozart. Beethoven. Schubert, Hoydri usw. 
stammen von seiner Hand. Der Jubilar ist 
seit S5 Jahren Mitglied des Kunsllerhauses 
und Träqer zahlreicher Ehrenpreise. 
Heinz Trökes. einer der bedeutendsten 
Reprasentantcn deutscher Malerei der Gegen- 
wart, beging am is. August seinen so. Ge- 
burtstag. Seil EINEN Jahr ist der gebürtige 
Rheinlander Nachfolger von Willi Bau- 
mclstcr an der Akademie Stuttgart. Er kill- 
iiviart eine setir spezifische und parsaniiatia 
Fai-ni des Surrealismus. 
Hofrat Dr. Franz Narobe. der Vorsitzende 
des Direktoriums der Salzbuiger Residenz- 
qOlCflC. feierte am 25, August seinen 70. Ge- 
burtstag, Dr Narobe. der sich als Amateur- 
archaolage und auch als RUdIBfCr einen 
Namen QCmOChl tiat, war schon waiiraiia 
seiner vor einem halben Jahrzehnt abge- 
schlassennn aktiven Dienstzeit für die Salz- 
burni-r Residcrizgalerle taiia und trug in 
hohem Mcift dazu bei. die organisatorischen 
iinrt finnnzirltan Voraussetzungen zu srliaitaii. 
(llf ItlV wiadararrirtiiurig und tuiii-ung des 
lrtslilulus iiaiwandia waren. Seine Gabe 7u 
kluger Menschenfuhrung und seine aus- 
gereifte viarlianaiunastaktik kamen it-iti lsai 
der RCCtllSlCruhg seiner Plane und Ziele im 
Dienste der liesidenzgcileria bestens zu- 
statten. 
Prof. Fritz Zerritsch. der bekannte akade- 
mische Maler. wurde am 2B. August I5 Jahre 
all. l)er JUbllUV. Sohn clnPs piaininaiitnn 
wii-ni-r Biltttiauers. hat sich als LOfirJsChClllSn 
Portrrit- und Tiermalet, aber auch als 
(Eeriialtt-l von Gobeltns und Wandmalereien 
i-inrn tinitiiiiiariitan NOVWCH gemacht, Auch 
Pirirtmarkan- uiiii Banknoleneiilwurto atani- 
man voll seiner Hand. 
Prof. Oswald Grill vollendete am 10. August 
iain es Lebenslahi Er tSt Gkudcrviiscliar 
Maler iiiiii war Schuler van KGIQEI SCIWlO 
in Mutictiar. von MQYT und Waqnri. Ciiairii. 
iaiiia mit seinem Geburtstag kann dCt 
kunatri- das sechzlgjdhrige Jubiiauin Scinct 
Ausstellunqstcttgkett begehen. still tSl Truger 
zahlreicher hoher Auszeichnungen. 
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