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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 182)

man in München wahrnimmt, erkennt man auch in Landshut, Cöln, 
Frankfurt am Main, Nürnberg, Leipzig, Düsseldorf und Hamburg. Ueberall 
tritt das Streben hervor, das deutsche Kunstgewerbe wieder auf jene Höhe 
zu bringen, auf welcher es im 15. und 16. Jahrhundert war. Die Zahl 
der Künstler, die an Kunstgewerben Antheil nehmen, ist sehr groß. Von 
ihnen gehen Anregungen aller Art in die Kunstgewerbe über. Der vor- 
wiegend decorative Charakter der Münchner kunstgewerblichen Producte 
jedoch und die Lust, dieselben mit Sprüchen zu zieren, poetische Gedanken 
mit Bechern und Kästchen zu verbinden, hindert in nicht wenigen Fällen 
die Stylreinheit der Münchner kunstgewerblichen Leistungen. Die Frage 
über die Grenze der Poesie und bildende Kunst hat von jeher den 
Münchnern wenig Kopfzerbrechen verursacht. Dagegen geht durch nicht 
wenige Producte ein Zug der Frische und Unmittelbarkeit, der offenbar 
von dem Contacte mit der Malerwelt herrührt. 
Dass man sich in München vorzugsweise an die deutsche Renaissance 
anlehnt und die Vorbilder bei Jost Amman und dessen Zeitgenossen sucht 
und die Uebertreibungen, welche in den Werken jener Meister liegen, noch 
zu überbieten trachtet, mag wohl dem Umstande zuzuschreiben sein, dass 
die Münchner Malerei einen großen Einfluss auf die Kunstgewerbe übt, 
diese aber selbst gegenwärtig nicht durch große Meister vertreten ist, wie 
es seinerzeit Cornelius, Kaulbach, Schwind gewesen sind. Was die decorative 
Malerei jetzt leistet, zeigen die von Schraudolph mit gewandter Hand 
ausgeführten Fresken an der Facade des Hötels Bellevue und die Wand- 
und Deckengemälde von Wagner im Cafe Rothe nächst der Maximilian- 
straße. Sie zeigen eine decorative Kunst in einer Verfallsrichtung, welche 
man gewöhnlich den Münchner Zopf nennt. Aber wir wollen bemerken, 
dass die Fresken von Schraudolph ungleich bedeutender sind, als die 
im Cafe Rothe. Wenig glücklich sind die Fresken im Stiegenhause des 
Polytechnicums. 
Die von Architekt Lange geleitete Kunstgewerbeschule in München 
bewegt sich innerhalb der reineren Stylformen der Renaissance. Auch 
wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass der Kunstgewerbeverein eine 
Zeitschrift (Zeitschrift des Kunstgewerbevereines in München, Verlag bei 
G. Hirth in München) herausgibt, die, gut ausgestattet, gewiss einen wohl- 
thätigen Einfluss auf das ganze deutsche Kunstgewerbe ausüben würde, 
wenn sie ihre artistischen Beilagen einer strengeren Kritik unterwürfe. 
Wir können diese flüchtigen Bemerkungenlnicht schließen, ohne des 
Mannes zu gedenken, der den Knnstgewerbeverein und das Kunstgewerbe- 
haus gegründet hat. Es ist dies der Erzgießer Ferdinand von Millersem, 
ein Mann von seltener Thatkraft, der in seinem eigenen Gebiete ein Meister 
ersten Ranges, sich mit jugendlicher Begeisterung und seltener Ausdauer 
und Hingebung der Förderung und Hebung des deutschen Kunstgewerbes
	        
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