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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 79)

nicht verboten. Gegen zwei Revolten wäre 
Rom in schwieriger Lage gewesen, und es ist 
denkbar, daß der Kaiser hatte nachgeben 
m" en. Llnd wenn die Meuterei keinen [Erfolg 
geiabt hatte, waren die Älänner als Helden 
gefallen, statt sich nie Lämmer zur Schlachte 
bank treiben zu lassen. Den eiskalten Herr? 
schersinn Philipps mag die widerspruchslose 
Unterwerfung der Legion unter das kaiserliche 
'l'odesizrteil befriedigt haben, aber den Künst- 
ler luegeisterte die Katastrophe der Mutlosig- 
keit nicht, und, was die Hauptsache war, 
seinem verfeinerten (Seist widerstrebten Greuel- 
szcnen. So entstand in dreijähriger Arbeit ein 
(iemältle, das der enttäuschte Konig in einen 
der Siilc des Schlosses vcrbannte. 
 
Den Mißmtxt des Monarchen erregte von 
vornherein, daß lll (jreco das Martyriuin zur 
Seite geschoben hat, denn den Hauptteil des 
Bildes nimmt die Entschließung des lleiligen 
und seines Stabes ein, lieber den Tod zu 
erleiden, als dem Glauben abtrünnig zu 
werden. Rechts steht Mauritius mit seinen 
Offizieren und seinem kleinen Sohne, und 
links neben ihnen sehen wir zwei Regierungs- 
hcamte, die den Männern zum Gehorsam 
zureden. Den einen kennzeichnet sein Schuhe 
werk als kaierlichen Abgesandten, der nicht 
barfuß von Rom nach Gallien gereist war. 
Mit eindringlichen XY orten weist er mit der 
rechten Hand auf den Martertod hin, der den 
Widerspenstigen ilroht. Sein Gefährte mit dem 
lliiclten zum ßcschatier konnte der Statt- 
halter der Provinz sein; sorgenvoll mit? 
fühlend fragt er Xlauritius, was nach dessen 
Tode aus dem Kinde werden sollte. Statt 
aller Antwort zeigt Mauritius gegen Himmel, 
wo ihn die M rtyrerkrone erwartet. Seine 
hoheitsvolle Würde und die tinerschütterliche 
Haltung seiner Lhtergebenen machen sichte 
lieh liindrtick auf die Beamten. Aber einige 
Sonderbarkciten an den Vniformen und Waden 
widersprechen dem Ernst der Situation und 
verraten, dali ljl (lreco sich mit seiner Äufgabe 
nicht versöhnen konnte. Besonders befremdet, 
daß die Befehlshaber der Legion, die ihre 
llahitc, ihre Spieße und Schwerter mitgebracht 
haben, gleich dem Statthalter mit nackten 
Füßen und Beinen zur lebensentscheitlenden 
fiusspraclie gekommen sind. 
Der Auftrag, ein Blartvrium zu malen, war 
für lil (Jreco selber eine Matter, aus der er 
in bitterem Sarkasmus Rettung suchte. S0 
linden wir auf dem linken Bildteile nicht, wie 
die Kritik behauptet, den Martertotl der 
Legion, sondern in einer Darstellung voll von 
grotesken Tilenienten eine skizzenhafre Illu- 
strierung der Ermahnungen des römischen 
Legaten, also gewissermaßen das Martyrium 
aus zweiter Hand. Den Legionären, die so 
zahlreich sind, daß sie durch eine Stange 
zurückgehalten werden müssen, steht ein 
einziger Henker gegenüber. Es gibt kein 
Schafott und keinen Richtblock, und das 
Richtschwert ist durch einen Säbel ersetzt, 
mit dem man eher Disteln als Älänner hatte 
köpfen können. Das Opfer, dem der Henker 
trotz allem gerade den Kopf abgeschlagen hat, 
muß sich im Tode umgedreht haben, denn der 
Torso liegt auf dem Rücken statt auf der 
Brust; kein 'I'ropfcn Blut enttließt den durche 
48 
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lr'('l0).l"lIll.lvlcllrl1i.l. nimm 
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trennten Adern. Niemand räumt die Toten 
weg und bald wird ihre Anhäufung dem 
(Semetzel ein Ende setzen müssen. Aber die 
negativen Komponenten des Bildes sind im 
Grunde nichts anderes als Klage und Anklage 
angesichts so furchtbarer Unmenschlichkeit. 
Herzerschiitternd schließt lil (ireco das tragi- 
sche Geschehen, indem er den Ileiligen, der 
aber paradoxerweise noch immer schwerte 
bewaffnet ist, an Priesters statt den Tod- 
geweihten Trost und Zuversicht spenden läßt, 
bis zuletzt auch an ihn die Reihe kommen 
wird. 
Längst wurde als falsch die Meinung aufgee 
geben, daß lil Grecu astiginatisch oder 
irrsinnig gewesen wäre. Llnbelehrt davon be- 
zeichnen ihn einige Autoren als hlanieristen. 
El Grcco lebte bis in den Sommer 1566 als 
Maler in Kandia. Damals arbeiteten in Venedig 
griechische Künstler, unter ihnen einer münd- 
lichen Überlieferung zufolge auch Grecos 
ehemaliger Lehrer. Ihre Bilder in der Kirche 
San (iiorgio dei (ireci und im angeschlossenen 
Hellenischen Museum sind rein byzantinisch. 
In einer Blütezeit italienischer Älalerei hielten 
die Griechen auch dort an ihrem Stil fest. 
In diesem war lil (lreco ausgebildet worden, 
denn eine andere Kunstrichtung gab es auf 
Kreta nicht. Aber es ist denkbar, daß der 
junge Mann im llause eines reichen Kauf- 
manns ein oder das andere moderne Bild
	        
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