boten. So begleitet er auch das Jesuskind, das im
geflochtenen Korb seine (laben bringt auf mittel-
alterlichen deutschen llolzschnitten. Als Glücks-
vogel war er ja schon Freya zugesellt, wie er Heras,
der Göttin des Kalenderjahres, Szepter als Früh-
lingskuckuck krönte. In einem Glasgemälde eines
Kölner Hauses um 1450 hält das Kind 7 wohl
unter französischem liinHuß - eine Taube. Sehr
beliebt ist der Stieglitz natürlich in den Rosenhag-
Bildern, in denen er besonders glücklich motiviert
erscheint. So geht die Reihe von Schongauers Kol-
marer Madonna (1473) über Burgkmair (zweimal in
Nürnberg) bis zu Hans Holbein. Auch bei Dürers
Meerkatzenmadonna ist der Vogel noch da s vom
Kinde gefüttert! w, während er bei Baldung Grien
zum Papagei wird. Auf dessen Fluchtbildern scheint
der Stieglitz jedesmal auf (Freiburg i. B., Nürna
berg, Wien). Er hat sich auch einen Platz bei Ölberg-
szenen (Hohenfurth und Wittingau, beide in Prag)
gesichert. Seine Aufgabe, auf den Beginn des Opfer-
ganges hinzuweisen, ist eindeutig. Das Bild Francias
(München) und das Paolo Veroneses (München)
weist ihn gleichfalls auf.
(Iranachs Flucht (1504, Berlin) zeigt einen Engel,
der dem Kind während der Rast ein Vöglein eilig
herzubringt. Das Kinderbildnis des Meisters des
Thennbildnisses (um 1516) kam aus Salzburg nach
Frankfurt. Wieder ist der Vogel an einem Bändchen,
die Spielzeugvorstellung scheint bei beiden sicher.
Wann jeweils Profanierungen einsetzen, ist nicht
leicht zu entscheiden. ln Sitten (Schweiz) steckt
z. B. in der Valeriakirche das Kind seinen Zeigefinger
in den Schnabel des Vogels, das könnte hier noch
innige Verbindung heißen. Eine Salzburger Tafel
(München, Alte Pinak.) bringt eine Mutter, die dem
Kind die Brust reichen will, dieses jedoch hält seinen
Stieglitz fest und betrachtet ihn mit ernstem Blick
(MSLUGO). Zwei Tiroler Arbeiten, beide um 1500
(Mus. Regensburg und Innsbruck), zeigen den Vogel
und drücken einmal dem Kind einen Popper, einmal
eine Schepperrodel in die Hand. In Granada ist ein
spanisch-Flandrisches Bild im Palast Karls V. zu
sehen, ebenso im Dom von Tudela (16. Jh.), wo
der Stieglitz aufscheint. Bei Murillo wird 7 nur um
ein Jahrhundert jünger 7 aus dem Thema eine
(ienreszene, bei der auch Josef anwesend ist. Das
Kind hält den Vogel hoch und ein Hund im Vorderr
grund hebt bittend seine Pfote hoch (Prado) (Abb. 5).
llier reiht sich die liamiliengruppe XVatteaus an.
Wieder ist die Taube der Mittelpunkt, der das nackte
Kind seinen Daumen in den Schnabel zu stecken
scheint (Abb. 6). Als die Hnchkunst das Thema
fallen läßt, nimmt es in ergreifender XVeise die Volks-
kunst auf. XVir bringen ein Beispiel aus der Steier-
mark. Es kann noch im 18. Jh. entstanden sein,
möglicherweise ist es auch jünger. Nun werden in
naiver Mystik nochmals die Tauben aufgegriffen und
diesmal mit den fünf heiligen Wunden geheimnisvoll
verbunden. Die Seelenvögel suchen die vom Lichter-
glanz umgebenen Wundmale auf, ja sie kommen
aus ihnen hervor, oder schwimmen auf der großen
Seitenwunde wie auf einem Teich. Das Bild des
Lebenswassers wird mit dem Blute Christi vereinigt,
das die Vögel als einen Heiltrank aufsuchenll)
(Abb. 7). Noch immer gilt die alte Vogel-Seele-
Gleichung. Die Seelenvögel streben zum Baum und
Born der Unendlichkeit, zum „Kinde, das das Dunkel
zerstreut, in dem man so lange nicht zwischen Ver-
suchung und Sünde unterscheiden konnte. Durch
die Existenz dieses Kindes wurde allen anderen
Existenzen der eigentliche Wert gegeben"23).
ln einer gotischen Monatsdarstellungl4) trägt der
Hai als Jüngling den Lebenssproß und den Vogel.
Beide symbolisieren das neue Leben. Von hier her
wird der Vogel zum Bild: nicht nur der Seele,
sondern zum Attribut Christi, das sagt, daß er das
neue Leben bringt, das in den alten Vorstellungen
der kultische Rauschtrank bewirken sollte. Die
Lebenserfahrungen des Mythischen bringen, in
welche Gleichung immer sie eingesetzt werden, eine
restlose Lösung, in der alles aufgeht25).
7I)ie Vluxlvllmale Christ
Vnlkxkundcmusciutx