In dieser Epoche kommt nun eine boden-
ständige Entwicklung zum Zug: das Stein-
metzhandwerk blüht auf. Als eine der
ersten entstand die St. Margarethner Stein-
metzenzunft 1653, von 27 Meistern ge-
gründet, ein ferner „Vorläufer" des Sym-
posions der Bildhauer im berühmten Stein-
bruch. Eine lebhafte künstlerische Tätig-
keit (im Verein mit verschiedenen reli-
giösen Bewegungen, z. B. dem Sebastiani-
kult usw.) beschenkte das Land mit Bild-
stöcken, Dreifaltigkeitssäulen, Madonnen,
Pestsäulen, schönen steinernen Altären (so
jene von Elias Hügel), mit der steinernen
Kanzel von St. Margarethen usw. Aber
auch die Bürgerhäuser begannen sich
immer mehr zu schmücken. Die Stein-
brüche von Kaisersteinbruch, Breitenbrunn
(von dort stammt der Stein der Pilgram-
kanzel), Oslip, Loretto wurden zu künst-
lerischen Reizzentren, in der Entfernung
von ihnen nehmen die Denkmale ab. 7
Bezeichnend für diesen Landstrich ist, daß
häufig schöne, großartige Barockaltäre
ihren Standort wechselten; das ist teils
darin begründet, daß sie öfter als anderswo
in Flammen aufgingen.
Unikate sind das Schloß Deutschkreutz,
Verschmelzung aus Bauernhaus und Grenz-
festung, das Eisenstädter Ghetto, der Ober-
berger Kalvarienberg, die Kittinge, die
evangelischen Toleranzkirchen, ja es scheint,
als sei im Burgenland nur die singuläre
Erscheinung möglich; das gilt für die Stadt
Rust, die sich freikaufte, ebenso wie für
Halbturn, wo ein Barockschloß in der
Kombination Lukas von Hildebrandt mit
Anton Maulpertsch darauf wartet, bekannt
zu werden. Gewiß hing das Land jahr-
hundertelang zwischen den Mächten, ver-
nachlässigt, ausgebeutet, um Unabhängig-
keit kämpfend, aber es scheint, daß hier
Diskontinuität zur schöpferischen Konti-
nuität wurde. Und das Gesetz der „Ver-
zahnung" reicht bis zur unglücklichen
Grenzziehung am Pinkaboden l9Z1f22.
12 Marinsdorf, gotische Pfarrkirche (Mariä Himmelfahrt)
in der typisch südburgenlündiscltcr: Lrmdschrifl. Erbaut
gegen 14m
1a Dorfsiralle im Burgenland mit der typischen StaiTclung
der Häuser