graphische Programmierung ist wie jede Pro-
grammierung erst dann möglich. wenn genügend
Kriterien vorhanden sind. die die Aufstellung
eines Programms ermöglichen,
Um zu solchen Kriterien zu gelangen. wird man
um das Stadium des Experimentierens nicht herum-
kommen. Da der cinematrische Film sehr kom-
plexer Natur ist und schwierig zu programmieren,
ist es zweckmäßig, vorerst mit einer Filmart zu
beginnen, die streng genommen nicht zum cine-
matrischen Film gehört. mit dem UV-Film. Der
UV-Film, der mit bewegten Plexiglastiguren im
ultravioletten Licht arbeitet, kommt von den
bewegten Bereichen der Kunst" und ist die folge-
richtige Weiterführung dieser Bereiche zum Film.
Licht und Bewegung, Lichtplastik - vielleicht
ein legitimer Erbe von Moholy-Nagy und der
Gattung zugehörig: "Plastik - der Weg der
Subtimierung des Materials von Masse zur Be-
wegung" oder nach dem Tagebuch von Klee
das Wandern „weißer Energie auf nächtlichem
Grund"".
Der eigentliche cinematrische Film, der mit
polarisiertem Licht arbeitet, ist etwas ganz anderes.
Charakteristisch ist das Serielle, die Fähigkeit,
von einer nach gewissen Prinzipien gearbeiteten
Komposition durch das bloße Drehen der Filter
die vorgegebene Komposition zum Beispiel von
Farbe zu Gegenfarbe durchzuspielen, wobei sich
auch teilweise dieformale Struktur der Bilderdurch
Auslöschungserscheinungen ändert. Man kann von
einem Urbild, einer Matrize. eine Kette von
seriellen Bildern erzeugen. Wenn man sich auf
einige puristische Elemente festlegen will, ist
sogar eine sehr weitgehende Notation möglich.
Noch faszinierender ist der neueste cinematrische
Film. der sich mit dreidimensionalen Objekten
befaßt. Das Objekt. zum Beispiel eine mehrfarbige
cinematrische Plastik, ändert seine Farben nicht
nur bei Drehung des Filters, sondern auch bei
jeder Eigenbewegung.
Neben der Programmierung der Choreographie
ist die Vertonung des Films von Bedeutung. Sie
soll keine Untermalung der Bildabfolge sein.
Hier eröffnet sich ein weites Feld für Experimente
mit verbaler Musik, Montagen aus Autopoems
(Computerdichtung), lexikalen Metaphern. syn-
thetischer Sprache und fOrMusik und Klangzeichen
von stochastischen Generatoren.
Man könnte für derartige in Ton und Bewegung
programmierte Filme die Sammelbezeichnung
Computerfilm verwenden.
Eine der Hauptaufgaben dieses Artikels ist es, für
das Gebiet der Computergraphik eine Erstquelle
zu schaffen. Jetzt ist es noch möglich, in direktem
Kontakt das erste Material, die Anfänge, lückenlos
zu dokumentieren. Die Ausweitung der Computer-
graphik wurde nur angedeutet.
In der Praxis sieht die Sache so aus, daß zwischen
Wien. wo die Filmaufnahmen gemacht werden,
dem Rechenzentrum der Technischen Hochschule
Stuttgart (Choreographie) und dem Deutschen
Rechenzentrum Darmstadt (Texte) Kontakte be-
stehen und sich eine Zusammenarbeit entwickelt.
An der Musik wird am Institut für Niederfrequenz
der Technischen Hochschule Wien gearbeitet.
interessant ist, daß man hier mit voller Absicht
stochastische Generatoren einsetzt, die an sich
nicht für Musikerzeugung gebaut wurden. Diese
Apparate ergeben eigenartige Klangabfolgen.
Zum Abschluß ist noch zu sagen. daß noch eine
andere Art von Computertilm möglich wäre, die
aber in keinem Zusammenhang mit der Computer-
grophik steht. Wird an einen stochastischen Gene-
rator ein Oszillagraph geschaltet, so entspricht
jeder Klangabfolge eine Bildfolge. die genau im
Takt mitschwingt. Die Bilder sind einfarbig. Diese
Bild-Ton-Reihen sind programmierbar, da auch an
die Rechenanlage ein Analogsichtgerat (Kathoden-
slrahl-Oszillograph) angeschlossen werden kann.