liiform an. Die Zeichnung wirkt ungemein
konzentriert und spannungsgeladen.
Das einzige Blatt unserer Gruppe, das mit
einem ausgeführten Bild Schieles in Ver-
bindung gebracht werden kann, ist die
Zeichnung eines liegenden hlädchens
(Abb. 14). Es ist als Entwurf für das im
gleichen _lahre 1909 geschaEene Gemälde
„Danae" entstanden (Abb. 15) 5. Danae
kauert, den Körper vorgebeugt, auf einem
großen Tuche, das nur in den Umrissen
seitlich angedeutet erscheint. Die linke
Hand wird unter dem rechten Oberschenkel
sichtbar. Sie hält ein rotes Tüchlein. Die
Rechte ist um das Haupt gelegt, so daß nur
ein kleiner Teil des Gesichtes zu sehen ist.
Die schwarzen Haare Hießen wellenartig
über den Rücken. Die Figur, nur mit weni-
gen Strichen skizziert, schiebt sich diagonal
und damit raumbildend in die Fläche. Das
ausgeführte Bild hält sich in der Position
der Danae ziemlich genau an die Vorzeich-
nung. Das Gesicht ist jedoch stärker nach
unten gekehrt und dadurch besser sichtbar
und es wird nun ganz vom Haar umrahmt.
Das Tuch, auf dem die Gestalt zu ruhen
scheint, ist zu einem bunten Teppich ausge-
bildet, der auch gleichzeitig den befruchten-
den Goldregen symbolisieren kann. Die
Flächen links und rechts neben dem Teppich
sind in zarten Farben mit Bäumen, Ästen
und exotischen Vögeln in der Art japani-
scher Farbholzschnitte geziert.
Bei dem Gemälde wird man sogleich an
Klimts prunkenden Dekorativstil erinnert.
Der in die Fläche geklappte Teppich und die
schwimmenden, runden und welligen Or-
namentc könnten sich auch in seinen Bil-
dern finden. Die Zeichnung dagegen ent-
hält lilemente, die man bei Klimt vergeblich
suchen würde und die Schieles eigene Form-
vorstellungen erkennen lassen. uXbgesehen
von der schwungvollen Linienführung und
der verblüliiendcn perspektivischen Ver-
kürzung, bedeutet die Kolorierung des
Blattes durch das Rot des Tüchleins und das
Schwarz der Haare einen nur bei Schiele zu
lindenden KunstgriH. Diese Überraschungs-
eflickte einer grotesken Perspektive und einer
fast schockierenden Farbgebung gehören
zur liigenart Schiele-"scher Zeichenkunst.
Der Unterschied zwischen Klimt und
Schiele wird auch dort deutlich, wo Schiele
ganz offensichtlich durch eine Komposition
des verehrten Meisters zu einer ähnlichen
Schöpfung angeregt wurde. Die Zeichnung
Mädchens (Abb. 16)
geht wahrscheinlich auf Klimts Danae
von I9Ü7JOS (Äbb. 17), von der auch eine
Vorstudie erhalten ist6, zurück. Schieles
Zeichnung ist jedoch seitenverkchrt zum
Vorbild. Außerdem ist sie, was höchst
charakteristisch ist, in Schräg- und Unter-
sicht gesehen. Die zurückgelehnt mit ange-
winkelten Beinen Schlafende füllt in einer
großen Wellenbewegung das ganze Blatt.
Die linke Hand ist um den Kopf gelegt, die
rechte ruht auf dem Schenkel. Die Haare
fallen in langen schwarzen Strähnen über
llals und Brust. Oberhalb des Schuhes
leuchtet ein hellgrünes Strumpfband. Un-
klar bleibt die Stellung des linken Beines, da
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eines schlafenden
sich die Linie des linken Obcrschenkels
schlecht mit der Haltung des waagrecht ge-
streckten Beines, an dem noch ein Rest des
Strumpfbanrles sichtbar ist, vereinbaren
läßr. Offenbar liegt hier eine Korrektur vor,
die jedoch vom Künstler nicht ganz durch-
geführt worden ist.
Klimt zielt in der Skizze und in dem Gemäl-
de auf ilächig dekorative Wirkung ab. Der
in den Vordergrund geschobene Schenkel
der Da iae wirkt flach, die kralligen Finger
ergehen eine graphische Figur, die wie eine
Pferdemähne in die Länge gezogenen Haare
und der mit Mustern übersäte Schleier sind
ornamentale Flächenwerte. Der Körper der
Danae ist mit der dinglichen Umgebung in
der Fläche verschmolzen. In Schieles Zeich-
nung dagegen werden sofort räumliche
Vorstellungen wach. Die Schrägsicht des
Körpers, die Überschneidungen einzelner
Glieder und der groß und nahsichtig ge-
zeichnete Schuh erzeugen eine gewisse
Bildtiefe. Der Fluß der Haarsträhnen, wel-
che die hellrote Brustwarze zum Teil ver-
decken und die, voluminöse Körperlichkeit
andeutend, hinter der Hand, dem Bein um
zwischen Arm und Brust verschwinden
geben dem Blatt ein plastische Wirkung
Man sieht an dieser Zeichnung, wie de:
junge Schiele unter dem llinfluß Klimts au
der Basis der damals herrschenden Jugend
stilmalerei seine eigenen, barock anmuten
den Kompositionen entwickelte, die schor
die kühnen, ratungreifenden Posen de"
reifen Zeit ankündigen.
Bei dem (Abb. 18
sind nur die Köpfe zu sehen. Die Frai
schmiegt sich an den Älann. Die großl
Decke, die beide einhüllt, setzt direkt unte
den Köpfen an und hedcckt, nur im Kontu
angedeutet, den größten Teil des Blattes
Die Zeichnung bringt ein Höchstmaß ar
zeichnerischer Vereinfachung. Aber gerad:
dadurch erreicht der Künstler
psychologische Aussagekraft.
Die Zeichnung des stehenden Liebespaare:
(Abb. 19) folgt einer um die Jahrhun
dertwende sehr gebräuchlichen Thematik
Das Mädchen steht etwas erhöht seitlicl
hinter dem Mann und legt die Hand au
schlafenden Paar
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