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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 102)

Der Zufall kann auch anders, in weniger 
mathematischer Form, man könnte sagen, in 
engerer Bindung zum Menschen in den Ge- 
staltungsprozeß einbezogen werden. Den Zu- 
fallsgenerator bilden automative, vorn Bewußt- 
sein nicht gesteuerte Bewegungen des Men- 
schen (Abb. 4). 
Die Produkte sind in „primitivef Form die 
autumativen Zeichnungen, die aus der jüngeren 
Kunstgeschichte bekannt sind, und im techno- 
genen Bereiche die noch geschichtsluse, erst 
im Entstehen begriffene Methode der automativ- 
maschinellen Erzeugung von Zufallsbildern 
(automative Cinegramme und andere Formen). 
Im Grunde sind es Verschlüsselungen und als 
solche so sehr zum Selbstzweck geworden, 
daß diese Methode fur choreographische Zwecke 
unbrauchbar ist. Sie bilden eine autonome 
Provinz innerhalb der technogenen Welt. 
Wenn auch die Forderung Kleists, den Tanz 
der Gliederpuppe in das „Reich der mechani- 
schen Kräfte" hinüberzuspielen, letztlich so auf- 
zufassen ist, daß das Reich der Marionette als 
solches noch bestehen bleibt, so leitet diese 
Forderung doch einen Prozeß ein,der, konsequent 
und mit den Mitteln unseres Jahrhunderts 
durchgeführt, weit über das Marionettentheater 
hinausgeht. Die Einbettung der Gliederpuppe 
in techno-logische Bereiche führt nicht nur 
zur mechanisch gesteuerten, programmierten 
Bewegung nach einer festgelegten Choreo- 
graphie, mit oder ohne Einbeziehung des Zufalls, 
sondern erfaßt auch die Gliederpuppe und 
führt schrittweise zur Objektivierung der Ma- 
rionette. Durch die Einbeziehung und Ein- 
gliederung in technogene Kategorien wird der 
letzte anthropomorphe Rest des Tänzers - die 
Gliederpuppe - eliminiert. Die Marionette wird 
zum bewegten Objekt. Nach Kleist haben die 
Marionetten den Vorteil, daß sie antigrav sind. 
sie sind der Schwere, der Trägheit der Materie, 
diese dem Tanz entgegenstrebendsten Eigen- 
schaft, nicht unterworfen. Die Entmateriali- 
sierung der zum Objekt gewordenen Marionette 
ist weniger fiktiv und viel umfassender. Schon 
durch die Wahl eines durchsichtigen Materials, 
das die dahinterliegenden Formstrukturen des 
Modells erkennen läßt, erfolgt eine merkliche 
Auflockerung der Masse. Es ist nun möglich. 
diesen Weg der Sublimierung der Masse noch 
weiter zu gehen. Durch die Anwendung einer 
speziellen Art von Licht wird das bewegte 
Objekt unter gewissen Bedingungen zur Aus- 
strahlung von Licht angeregt. Das Objekt wird 
zum Lichtträger. Im Strahlenkegel des ultra- 
violetten Lichtes beginnen die Plexiglasmodelle 
zu fluoreszieren, eigenes langweiliges Licht 
auszustrahlen f. Wird nun dieses „Lichtballett" 
gefilmt, so wäre es mehr als naiv, sich nur mit 
der bloßen Dokumentation zu begnügen. Durch 
das Medium Film werden nicht nur die Bereiche 
„Licht und Bewegung" aus ihrem beengten 
Dunkelkammerdasern erlöst, es wird vielmehr 
eine neue Kunstform geschaffen (Abb. 5, 6). 
Durch die spezifischen Eigentumlichkeiten dieser 
Kunstform werden die UV-Choreogramme, die 
Zeit-Weg-Bilder des Bewegungsablaufes, weit- 
gehend bedingt. Sind die Objekte durchsichtige 
Plexiglasmodelle, so ergibt sich bei gewissen 
Stellungen eine Summation aller Strukturen der 
einzelnen Modelle. Man kann diese Eigenschaft 
als ein wesentliches Element der UV-Choreo- 
graphie ansehen. Einzelne Objekte lassen sich 
zu einem neuen Objekt verschmelzen, das sich 
dann wieder in einzelne selbstandige Be- 
wegungsträger auflösen kann. Summation, Di- 
vision, Rotation um die eigene Achse, als ein- 
zelnes Objekt oder in Summation, Simultan- 
rotation längs einer Kreislinie, Verlöschen, 
Reflexe und anderes sind Figuren dieser 
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