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auch durch eine gewisse Trockenheit und Aengstlichkeit der Zeichnung,
die auf das 15. Jahrhundert hinweist.
Auf einer von den Rücklehnen, die eine neuere Hand bekunden, steht
unter der Darstellung der Dornenkrönung die Inschrift:
BENEDICTUS DE VIRCHIS ME FECIT 1548
auf einer andern mit der Händewaschung des Pilatus:
BATTISTA VIRCHIS BRISSIANO 1553.
Diese letztere ist in der AusHihrung noch geringer als die vorher-
gehende.
Andere Inschriften sind nicht zu entdecken, möglich, dass sie bei
den Restaurirungen und neuerlichen Zusammenfügungen verdeckt oder
abgeschnitten wurden. Möglich, dass auf den verloren gegangenen sich
der Name unseres Olivetaner Mönches befunden hat, und dass Paglia.
darüber irgend eine mündliche oder schriftliche Nachricht besass, die ihm
die Geistlichen jener Kirche mitgetheilt hatten."
Ausser dem hier Aufgeführten haben wir keinerlei Kunde von Ralfaello
da Brescia, es sei denn die von seinem im 60. Lebensjahre 1539 zu Rom
erfolgten Tode. In der Kirche von Santa Maria in Camposanto befindet
sich sein bescheidener Grabstein, der zuiseinem Lobe sagt, dass er mit
seiner Kunst farbige Hölzer zu fügen nahezu an die Werke der ersten
Maler heranreichte, und wenn dies auch eine kleine Uebertreibung ist, so
stehen doch seine Verdienste in Bezug auf vollendete Ausführung, auf
Abstufungen der Farbentöne, mit welchen er seinen Arbeiten eine oft über-
raschende Wirkung zu verleihen wusste - immerhin hoch genug. Er
hat zwar nicht das Verdienst, so grosse ügurale Darstellungen ausgeführt
zu haben wie etwa Damiano Zambello, aber er wetteiferte mit ihm in der
Schönheit und Pracision seiner Perspectiven und Ornamente, in denen er
den ganzen Ertindungsreichthum und den hohen künstlerischen Geschmack
seines grossen Zeitalters so herrlich zu verwerthen wusste.
Ueber Mörtel und Oement.
Zwei Vorlesungen von H. Hlssiwetz, gehalten im Oesterr. Museum Hi: Kunst und
Industrie am 25. November und 2. Deeember 1869.
,II.
Die Menge grosser, wichtiger, jn erstnunlicher Entdeckungen, die in den
letzten zwei Jahrhunderten gemacht worden sind, sichert ihnen ihren Ruhm in
der Geschichte der Cnltur. Es ist ein Fortechritt des menschlichen Intellects in
ihnen zu verzeichnen, der gegenüber der trägen Entwicklung in der Zeit des
Mittelalters etwns Sprnnghaftes hat. Dadurch, dass der politische und religiöse
Druck, der so lange auf ihm lsstete, gewichen ist, ist er anfgeechnellt wie eine
geepnnnte Feder, und mit freudigen: Selbstgefihl, mit gehobenem Bewnssteein sehen
wir auf eine Vergangenheit zurück, die im Denken und Tlmn, im Wollen und