Frankreich beeinflußten Schauspiel aber bl
in Wien die ganz oder halb extempor
Commedia dell'Arte, die „Kunstkomödie",
dem Wiener Hanswurst als Helden, dem Kas
dessen „Gspas" immer aus einer lebend
Phantasie und einem herzhaften Gemüt g
ren war. Zum Kasperl, der auch Zentral
des genialen Kamödiendichters Philipp H(
war, gesellten sich die von Felix von Kurz e
dene Figur des Bernardo und die von den
rektor des Kärntnertortheaters Weißkern
schaffene komische Maske des alternden Oc
do von Einhorn, bei dem Kasperl in Die:
stand. Durch ein Dekret aus dem Jahre
wurde jedoch die Stegreifkomödie verboten
1770 unter dem Aufklärer Sonnenfels auch
Extemporieren. In der Zwischenzeit tobte
Kampf um die Stegreifkomödie und um
Gestalt des Kasperls, des Repräsentanten
österreichischen Volksseele. Erst die im J
1776 verkündete Theaterfreiheit brachte auc
den Kasperl eine neue Glanzzeit. Jetzt kor
sich die Wiener auf den zahlreichen Volk:
nen der Vorstädte wieder sattlachen und
den großen Schauspielen im Burgtheater t
len, ein Bedürfnis, das ihrer Lebensauffa:
entsprach, die, gleich der Antike, erst in
Polarität van Lachen und Weinen, von t
schem Ernst und anmutiger Heiterkeit die
Existenz des Menschen verwirklicht sah.
ln keinem anderen europäischen Hof wurd-
Etikette so streng eingehalten und das V
verhalten in den Beziehungen der Geschle
so streng beachtet wie in Wien. Wie der Ol
hofmeister der Kaiserin, Graf Khevenhülle
seinen Tagebüchern berichtet, hatte die Kai
selbst „in puncto sexus sehr geschörfte o
ergehen lassen", um die an den Höfen ük
Libertinage nicht einreißen zu lassen. Als
und Mutter von 16 Kindern war sie unerschi
lich davon überzeugt, daß Ehe und Familii
antastbare Einrichtungen sind, ja, daß
einzige wirkliche Glück dieser Erde eine g
liche Ehe ist".
Diese Kaiserin, die ihrer Tochter Maria Antr
te für ihre Ehe mit Ludwig XVI. und ihr Ve
ten an dem französischen Hof die Lebens
heit mitgab, daß „alles von der Frau abh
wenn sie nachgiebig, gut und amüsant ist",
Frau, die vom ersten Tag ihrer Regentscha
bewies, daß ihr auch „das Herz eines König
eigen war, betrachtete sich trotz ihrer Lieb:
Sorge für die Familie und die Kinder als
„Länder allgemeine und erste Mutter", die r
„Wohl und Gutes ihrem particulari, Familir
Kindern", zu allen Zeiten vorgezogen hat
dieser Auffassung einer „allgemeinen und e
Mutter" erfuhr die Existenz der Frau in de
kokozeit eine Überhöhung und Verklärung
ren Bedeutung für die allgemeine Entwic
erst von der Gegenwart her voll und ganz
standen werden kann.
Sitzende Dame, um 1780, Wiener Parzt
manufaktur, Modell Anton Grassi (großer
schnitt]. Wien, Österreichisches Museum h.
gewandte Kunst
Sitzender Kavalier, um 1780, Wiener Porz
manufaktur, Modell Anton Grassi (großer
schnitt). Wien, Österreichisches Museum fE
gewandte Kunst _
Bernardo Bellotto, Wien vom Oberen Belv
aus gesehen, 1758-1761, Ausschnitt mit Ro
gesellschaft. Wien, Kunsthistorisches Museu
Unser Autor:
Wirkl. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek
Direktor des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5