Für den Kunstsammler
Erika Hellich
Alte Uhren in Wien und Österreich
Tardy, der bekannte Verfasser eines dreibändigen
Standardwerkes „la pendule francaise des origines
a nos iours", schrieb 1964 in seinem 3. Band
(Horloges et pendule etrangeresl, daß der Wiener
Uhr noch immer nicht der ihr gebührende Platz
hinsichtlich Publizität in den europäischen Samm-
lungen eingeräumt sei. Und um dies quasi nach-
zuholen, hat er in diesem Band gleich 35 Abbil-
dungen von der damaligen Privatsammlung Sabek
in sein Werk aufgenommen.
Er muß wohl diese Erkenntnis aufgrund der
persönlichen Besichtigung gerade dieser Kollektion
gewonnen haben, denn von keiner anderen ist
auch nur eine annähernde Anzahl reproduziert.
Und wenn er dann weiter darüber referiert, doß
sie eine Präzisionsuhr sei, aber voll Charme und
romantischem Zauber und damit die Inkarnation
österreichischer Wesensart, kann für diese
öffentliche Anerkennung auch heute noch gedankt
werden. Sicher dachte der Verfasser damals daran,
daß im Gegensatz zu Österreich in England,
in Frankreich und in der Schweiz schon zu Beginn
des Jahrhunderts eine Reihe lokal ausgerichteter
Uhrensammlungen bekannt war, die eine Klar-
stellung der in den betreffenden Ländern statt-
gefundenen Entwicklung im Zusammenhang mit
der internationalen Situation ergaben.
Der ehemalige Generaldirektor der österreichischen
Staatsdruckerei Dr, Franz Sobek ist am "I0. Dezem-
ber v. J. gestorben, hat aber im Jahre 1965
seine, diese österreichischste aller Sammlungen
dem Staat als frühes Vermächtnis überantwartet,
die seitdem als „Geymüller-Schlößl-Sammlung
Sobek" der Öffentlichkeit vorgestellt wurde,
und somit ist auch alles unternommen worden,
über Österreichs Uhren und deren Produktion
vor und nach lBOO zu berichten. lm altösterreichi-
schen Brünn in Mähren aufgewachsen, hatte
der Sammler aus Leidenschaft D. Sobek reichlich
Gelegenheit, österreichisches Kunsthandwerk
dieser Epoche mit „ausländischen" Obiekten
derselben Epoche zu vergleichen. Und er kam,
wie er sich sehr oft persönlich äußerte, zu dem
Schluß, sich deshalb auf das Sammeln österreichi-
scher Uhren - denen seine besondere Vorliebe
galt - zu konzentrieren, weil ihrn diese sowohl
in technischer wie ästhetischer Hinsicht gegenüber
den so berühmten englischen und französischen
Uhren gleichwertig schienen.
Die 200 Uhren dieser umfassenden Sammlung
von Bodenstand-, Wand-, Karnin- und Barockuhren
sind zum großen Teil signiert, und diese Signaturen
stammen fast alle von Wiener Meistern. Schon
im ersten Vergleich, beispielsweise der Gehäuse
einzelner feuervergoldeter Kaminuhren mit
französischen Objekten, läßt sich erkennen, daß
erstere aus einem neuen, lebendigen und
differenzierten Geschmackszentrum kommen und
daß Frankreich für dieses „sein Metier" damals
absolut nicht mehr die alleinseligmachende
Vorherrschaft in Wien ausübt, wie unsere
Beispiele hier beweisen. Edel, ausgewogen und
zurückhaltend sind ihre Ornamentik und Verzierung
der Gehäuse, resultierend aus der künstlerischen
Arbeit van Spezialisten; die Beschläge und
Verzierungen, feuervergoldet, sind von besonderer