anderen sind es Dokumente des ganz privaten
Bereichs, in dem die enge Aufgabe der Bild-
nisüberlieferung von anderen Konzepten über-
deckt und erweitert werden kann. Hierher sind
auch die Kopien nach Tizians „Fächermädchen"
(Kot.-Nr. 9) oder „lsabella d'Este" (Kot-Nr. 5) zu
zählen, die Rubens nicht um des Bildnisses, son-
dern um des Bildes willen kopiert hat.
Typisches Beispiel für die erste Gruppe ist das
„Bildnispaar der Erzherzoge Albrecht und Isa-
bella" (Kat.-Nr. 13, 14) aus den ersten Jahren
seiner Bestellung zum Hotmaler der Souveräne.
Es handelt sich um die offiziellen Porträtauf-
nahmen, die in zahlreichen Fassungen, wie im
Stich, verbreitet wurden. Der Jünglingskopf des
„Vincenzo ll. Gonzaga" (Abb. 13) mag eben-
falls den höfischen Porträts zugerechnet werden,
wenn es sich dabei auch um ein Fragment aus
einem sehr viel größeren Zusammenhang, aus
der herzoglichen Stiftergruppe in Verehrung der
Hi. Dreifaltigkeit vom Hochaltar der Mantuaner
Jesuitenkirche (1605), handelt. Über die Identi-
tät des Dargestellten herrschte lange Unklarheit
- er wurde üblicherweise als der älteste Sohn
Vincenzos l., Francesco, bezeichnet. Auf Grund
der Bildtradition des Votivbildes, das den Jüng-
sten immer zu Füßen der älteren Familienmit-
glieder, und iedenfalls nie umgekehrt, zeigt,
kann die Identifizierung mit dem [üngsten Sohn,
dem späteren Herzog Vincenzo ll., als gesichert
gelten. Bei der Rubens-Ausstellung in Antwer-
pen im heurigen Sommer war neben diesem
ein weiteres, exakt anschließendes Fragment mit
dem Bildniskopf des wesentlich älteren, mitt-
leren Bruders Ferdinand zu sehen, dessen Zu-
gehörigkeit zum Mantuaner Altar nach dieser
Gegenüberstellung eindeutig ist".
Das private Bildnis war in der Ausstellung mit
drei Porträtzeugnissen der eigenen Familie vor-
züglich vertreten: neben dem „Selbstbildnis"
(KaL-Nr. 58) aus den letzten Lebensiahren, in
dem sich der Künstler in aristokratisrher Distan-
ziertheit darstellt, unter dem „Pelzchen" Kot-Nr.
57), das zwischen Bildnis der Helene Faurment
und allegorischer Darstellung die Mitte hält,
war der „Mädchenkopf" (Kat.-Nr. 17) aus der
Sammlung Liechtenstein zu sehen, in Format
und Durchführung mehr Kopfstudie als Bildnis.
Wahrscheinlich ist hier doch die iung ver-
storbene Tochter des Künstlers, Clara Serena,
dargestellt, wie ein Vergleich mit anderen Bild-
nissen sowie der Albertinazeichnung nahezu-
legen scheint.
Eine Sonderstellung nehmen die historisierenden
Bildnisse ein, die Rubens authentischen
bildern, wie bei „Maximilian I." (Kot-N:
nachempfunden oder, wie bei „Karl dem
nen" (Kat.-Nr. 29), hier unter Verwendul
zianesker Muster, frei erfunden hat. Beid
_hären offenbar einer Bildnisreihe an, e
wie auch „Ansegisus und Bega" (Abb
ein Bild, das auf eine Vorlage aus dem f
16. Jahrhundert zurückgehen könnte. Zw
Bildnis und Andachtsbild steht die SlCl15Tll(
ein authentisches Porträt zurückzuführende
Therese von Avila" (Kat.-Nr. 15), die im lm
Erzherzog Leopold Wilhelms vorkommt
kürzlich in den Beständen der Galerie w
entdeckt werden konnte (Abb. 10).
Als ein charakteristisches Beispiel einer
gattung, der politischen Allegorie, mit de
bens sich in den zwanziger Jahren um
sonders im letzten Jahrzehnt seines Leber
foßt hat, war auf der Wiener Ausstellung
die Occasio-Allegorie (Abb. 3) aus den S
lungen des Fürsten von Liechtenstein zu s
Rubens' Beschäftigung mit dieser Bildgc
steht in engem Zusammenhang mit seiner 4
matischen Tätigkeit während des sich zuneh
katastrophal auswirkenden Dreißigiäh
Kriegs und trägt nicht selten exhortative
1D
11 P. P. Rubens, Die Beweinung Chrisli, [
Eichenholz 107,5x115,5 cm, Kunslhislor
Museum, Öemöldegulerie, 1nv.-Nr. 529
12 P, P. Rubens, Ansegisus und die hl.
Eichenholz, 94 x 76 cm,Kuns1his1orisches ML
Gemäldegalerie, 1nv.-Nr. 521
13 P. P. Rubens, Vincenzo (11.) Gonzagcz,
67x51,5 cm, Kunslhislorisches Museum, C
degalerie, lnv.-Nr. 6084
Anmerkungen 17-21
"AussL-Kat P. P. Rubens, Gemälde 7 Ulskizlen A
nungen 29, Juni - 30. Seplernber 1977, Änlwerpen,
liclves Museum der Schönen Künsle, Nr. 1Ü; V9
Norris, in: The Burlinglon Magazine 117, 1975,
An der alten Bezeiüinung hal1en zulelit fesh F. H
Porlrails I 1: COrpUS Rubenianum Ludwig Bu
Purl 117), Brüssel 1977, 29 11., und M. JuHe, Rube
lialy, oxrdrd 1977, 76, sowie J. Müller-Hofslede,
bens in Hallen, ÄussL-Kdl. Köln 1977, 100-105, 3
(Nr, B9).
"M. Warnke, op, (11., 121i30; allgemein zu den
schen Allegorien; J. S. Held, in: Journal o1 Ohe W
und Caurmuld 1nsli1u1es 38, 1975, 218733, und R.
slurk, m; Aachener Kunsälalöller 411974, 125-234.
" Die „Vier Wellleile" wurden anläßlidw der Äuss
gerelnlgl, die Furbubbildung gib! das Bild nach d
deckung wieder. Hinluweisen isl 2. B. auf die ur:
um andere Poslhcn der Tigerin, deren Kdpo e
rnler dem linken Vorderluuf des ielll sichburen
iegi.
"Die Chronologie von Rubens' Lcndschallen isf
noch 58h! konfrovers; ersl iüngsf m die, wenn ITID
demselben Typus angehörende Berliner Landsch:
dem Schiffbruch des Äneas in Rubenf ilalienisd
dclierl worden, vgl. M. Jolle, op. ci1., 78.
" ÄUSSYrKOÖ. KHM, Nr. 41, S104.