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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 163)

täglich nach Tisch ein. Die um Anerkennung ihrer 
jungen, frischen neuen Stilideen vergeblich Rin- 
genden schlossen sich zuerst zu einem iiSiebener- 
klubu zusammen. Dieser kleine Kreis um Klimt rief 
eine Künstlerkrise hervor, er verließ ostentativ die 
Genossenschaft und wurde die Keimzelle einer 
Neugründung, die im Jahre 1897 neue Thesen an 
die Kathedrale der Kunst anschlugziii 
Die erste entscheidende Tat der jungen Partei im 
Hause der Künstlergenossenschaft war 1895 die 
Nachlaßausstellung des Landschaftsmalers Theo 
dor von Hörmann (1840- 1895) im Wiener Künst- 
lerhaus, deren Durchführung mühselig erkämpft 
werden mußtezß. Sie wurde auch von Hofmanns- 
thal als solche erkannt. der diese aber zugleich 
zum Anlaß nahm, um in seiner Rezension in der 
"Wiener Allgemeinen Zeitung" über einen be 
stimmten Typus des österreichischen Offiziers zu 
schreiben. Diesen hat er in der überlebensgroßen 
Büste Hörmanns wiedererkannt, der als Offizier 
die Feldzüge gegen Italien 1859 und 1866 mitge 
macht, Anfang der siebzigerJahre die Wiener Aka- 
demie besucht hatte, Zeichen- und Fechtlehrer an 
der Militärschule zu St. Pölten gewesen ist und 
1883 als Hauptmann seinen Dienst quittierte. Hof- 
mannsthal malte dabei mit Worten gleichsam ein 
psychologisches Porträt: "Ihre Augen sehen nicht 
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brutal gerade die Objekte, die rundherum sind, es 
sind weder die Augen junger vergnügter, noch al- 
ter mißtrauischer Tiere, sondern sie sehen weit 
mehr; sie vermögen auch - wenn sie so geruhen 
- das, worüber sie hinschauen, gar nicht zu se 
hen. Das ist etwas ziemlich Hohes und Seltenes, 
diese Gabe, ohne Affektion über etwas hinwegse 
hen zu können. Man weiß über allen Zweifel be- 
stimmt, daß diese Gesichter die Blässe großer 
Stunden wundervoll tragen werden, mit einer Be 
scheidenheit und Nonchalance, die größer ist als 
großes glorreiches Rufen: ,Vive I'Empereur!'; man 
braucht diese eher schüchternen, zurückhalten- 
den Menschen nur in der Hand des Todes zu den- 
ken, um spontan zu wissen, daß sie die Überlege 
nen sind"... 
Es erscheint bemerkenswert, daß Hofmanntsthal 
in diesen Zeilen seine Aufmerksamkeit über die 
künstlerische Leistung hinweg auf die berufsbe 
dingte Seelenhaltung des Künstlers lenkte. In die- 
sem Vorgang könnte zugleich ein Symptom für die 
Suche nach einer verlorenen Substanz in der Ge 
sellschaft seiner Zeit gesehen werden, wie wir das 
im Negativ in Schnitzlers "Leutnant GUSiltt ebenso 
feststellen können. 
Am 22. Mai 1897 verlassen die fortschrittlichen 
Kräfte das Wiener Künstlerhaus und gründen ihre 
9 Rudolf von Alt, Makart-Zimmer im Palais Dl 
Aquarell. Historisches Museum der Stadt Wien 
10 Heinrich Rahl, "Mädchen mit Laute-r. OllLeinwar 
storisches Museum der Stadt Wien __ 
11 l_-_laris Canon, "Rast im Felde", 1877. OllLeinl 
Osterreichische Galerie, Wien 
Anmerkungen 18-33 (Anm. 18-24 s. Text S. 28, 29) 
" Heinz Geretsegger-Max Peintrier. ottd wagner 1341491: 
burg, 1954, 12 
" Von den Schwierigkeiten, unter denen Otto Wagrterzu leid- 
te, gibt eine Tagebucheintragung anläßlich der Ermordu 
Thronfolgers Franz Ferdinand Zeugnis: -zur Eroflnung dei 
hdler Kirche kam, in Vertretung des Kaisers, Erzherzog Fra 
dinarid. Ich mulite ihm den Bau erklaren. worauf er als scr 
merkung seiner Ansprache sagte Der Maria-Theresien- 
dech derschonste. ich erwiderte ihm. daß zurzeit Maria Thi 
die Kanonen verziert gewesen seien. wahrend man sie heu 
kommen glatt mache - Mit ungeheurem Hochmut wendete 
von mir ab und sein Haß veridlgte mich trotz rriehrlacher ln 
fionen derart, daß ich eine Anzahl Auftrage verlor, fur die 
Aussicht genemmen wer. .ÜIE Gemeinde hatte viel zu wen 
sich den überaus gehäs gen Machenschaften des Erzh 
entgegenzustellen. Mit dem Tode des Thronfolgers war, 
Ansicht nach. fur Osterreich das großte Hindernis der lel; 
Jahre furdie eetatigung und Fortentwicklung dermoderner 
iektur überwundentr. Zit. bei, Heinz Geretsegger - Max Ps 
a,a.0. 22 
I" Josef Engelhart, Ein Wiener Maler erzahlt. Mein Leben und 
Modelle, Wien 1943, S8 
Hugo von Holmannsthal, Gesammelte Werke in Einzelsus 
Prosa l, Frank1urt am Main 1950, 19a 
" Josef Gisela (Pseudonym lur Josef Reznicek) Wiener Genrt 
1851-1899 
" Alfred Friedlender Ftitter von Malheim, Wiener Genrt 
1860-1901 
" Hermenrl Bahr. Secession, Wien 1900, 1 
ß Emil Pirchan. Gustav Klimt, Wien 1956. 20 
" Ernst stdhr, vdrwert zum Katalog der öffentlichen VSYSIEIi 
des kunstlerischen Nachlasses von Theodor von Hermani 
1899, 3 
1' Hugo von Hofrnarinsthal, a.a,0. 2st 
1' Otto Breicha, Erste und letzte Tage, irl: Finale und Auftak 
tseetsia. Salzburg 1984169 
erschienen im wiener Verlag (Buchhandlung L. Flosner) 
1" Gerhard Fritsch, Die Wirbel der Sprache führen ms eddenl 
Finale und Auftakt. wien taeetet-i. Salzburg 1964, 1a 
Heinz Kirldermarln, Hermann Bahr Elrl Leben lurdas Euro; 
Theater. Graz - Koln 1954. es 
" Peter Altenberg, Gustav Klimt, in- Kunst, Dezember-Heft 
1905. vll 
11 Roll Wolkan. Das Burgtheater in wien. Wlen-Budapes 
Abb, a5 
21 
19 
31 

	        
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