am Stück konstatierte Befund entspricht über-
raschenderweise in ieder Hinsicht dem Erhal-
tungszustand einer Holzplastik, die, worauf be-
reits hingewiesen wurde, über Jahrzehnte hin-
durch im Freien auf einer offenbar öfters feucht
werdenden Basis aufgestellt war. Darnach ist,
was nicht verwundert, die einst dem Brunnen-
rohr abgewendete Rückseite bedeutend besser
als die Vorderseite erhalten. Über viele Jahre,
ia über Jahrzehnte konnte von dem ständig von
Wasser umgebenen Brunnenstock über den fla-
chen Sackel der Holzskulptur Feuchtigkeit in ihr
nicht isoliertes Innere, d. h. in den nicht ausge-
höhlten Kern der Statue emporsteigen, so daß
sich dort - eine überaus seltene Verwitterungs-
erscheinung - an einigen Stellen das teilweise
schimmlig gewordene Eichenholz mit der Zeit zu
einer bröckeligen, torfartigen Masse verwan-
delte. Diese Art von Verwitterung beruht auf
dem physikalischen Gesetz der Kapillaraszen-
sion. Äußerlich macht sich das durch eine auch
auf der Abbildung sichtbare Sprungbildung be-
merkbar, die bis in die Höhe der linken Hüfte
der Figur reicht, von einer partiellen Vermor-
schung auf der Unterseite des Sockels abgese-
hen. Sie hat es bewirkt, daß inzwischen der rech-
te Vorderfuß ergänzt werden mußte. Geringe
Reste einer inzwischen fast verschwundenen ori-
ginalen Olvergoldung über leicht grünlich-
grauem Bolus sind unzweifelhaft mit dem ur-
kundlich erwähnten „Guetten Gold" identisch,
das der Faßmaler Anton Zöchenberger in seiner
Rechnung vom 3. Juli 1751 ausdrücklich genannt
hat (Kämmerei-Akt 31248; München, Stadt-
archiv). Von dem „Genio", der laut J. K. v.
Lippert einst zu dieser Statue gehörte, hat sich
iedoch keine Spur erhalten. Man kann nur ver-
muten, daß der kleine „Genius" in Gestalt einer
geflügelten (?) Kinderfigur einst an der Sockel-
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zone angebracht war. Von diesem Sockel spricht
Anton Zächenberger als van einer „Saulen", die
er „Marmorieret" habe.
Apollo ist hier als Kitharöde dargestellt, wie er,
den Kopf nach halbrechts drehend, mit noch
oben gewandtem Blick, gleichsam höherer Ein-
gebung lauscht und sie in Musik umsetzt. Diese
Töne entlockt er der Lyra, seinem persönlichen
Attribut. Der als Podest für die Lyra dienende
Dreifuß, der sich zur Linken des Gottes befindet,
ist von einer bemerkenswert antikisierenden
Form. Dadurch, daß sich die Figur leicht an ihn
anlehnt, ist der Dreifuß ein wichtiger Bestandteil
der Gesamtkomposition, die damit eine stärkere
Vertikalisierung erhält. Auf allen drei Seiten
ist der Dreifuß mit dem Schädel eines Lammes
dekoriert, wohl in Allusion darauf, daß vor
allem im alten Peloponnes Apollo als Gott der
Herden sowie der Weideplätze verehrt wurde.
Symbol des apollinischen Orakelkultes ist der
Dreifuß. Er bezieht sich darauf, daß Apollo nach
der Erlegung des Python vom Erdorokel Pythia
Besitz ergriff, wobei die sich um den Dreifuß
windende Schlange als das Bild der besiegten
Pythonschlange anzusehen ist. Daraus leitet sich
der Beiname Apollos als „Pythios" ab. Von
vorn nicht sichtbar, trägt der Gott schräg über
seiner linken Schulter einen mit Pfeilen gefüllten
Köcher. Er zählt ebenfalls zu seinen persönlichen
Attributen. Die ganze Länge der Figur beträgt
7V2 Kopfmaße. Abgesehen von dem inspiratori-
schen Ausdruck des Gesichts entspricht der dem
Körperbau zugrunde liegende, „klassisch" kunst-
volle Kontrapost kaum den landläufigen Vor-
stellungen, die man sonst mit dem Stil einer in-
mitten des Rokoko entstandenen Plastik verbin-
det. Tatsächlich geht die Komposition der Apollo-
figur in nur geringfügiger Abwandlung auf den
mehrfach überlieferten Typus antiker Plastiken