5 Holzdecke(Kasseltendeckemus dem Kaiserzimmerdes Stif-
tes Zweltl im Thronsaal der Franzensburg in Laxenburg. Aus-
schnitt. Ende 16. Jahrhundert
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Bau in Klosterneuburg kam es iedoch zu einer Umkeh-
rung, und der Kaisertrakt mit dem betonten Mittelsaal
wurde wie beim Escorial östlich der Kirche errichtet.
In Melk drehte Prandtauer die spanische Abfolge in die
Querachse, sodaß die Kirche von Kaiser- und Biblio-
thekstrakt flankiert wird?" Diese Lösung wurde im
Zuge einer Pianänderung um 1 732134 auch inAltenburg
übernommen.
Die gleiche Gegenüberstellung von klosterlichem und
imperialem Bereich ergab sich in Göttweig und in
St. Blasien durch die Anordnung von Abt- und Kaiser-
appartement zu beiden Seiten des Festsaales bzw. der
Kirche.wobeidiedahinterstehendeldeedurcheineent-
sprechende lkonographie der Stiegenhäuser deutlich
zum Ausdruck gebracht wurde." ln ähnlicher Form
wurde in Ottobeuren die Stellung zwischen kirchlicher
und weltlicher Macht iischon in der Disposition des Klo-
sters vorgezeichnetii und durch die Anbringung von
Stuckbüsten von Heiligen im Konvent und von Imperato-
ren im Gastegang veranschaulicht."
Kaisersäle;
Mehrere der schon genannten Klöster besitzen neben
Gastzimmernfürden Kaiserauch einen Kaisersaal. Der
Begriff scheintbereits in zeitgenössischen Quellen auf.
So nennt die Ansicht des Stiftes Melk von Pteffel und
Engelbrecht aus dem Jahre 1702 neben den alten und
neuen nKeyßer-Zimmernr auch den anschließenden
vKeyßer-Saalir", und zwei Jahre später bezeichnete
der Abt von Corvey den eben fertiggestellten Festsaal
als wnovum aedificium, vulgo Keysers sahlu." Anläß-
lich der Erbhuldigung 1712 erfolgte in Klosterneuburg
diefeierliche ÜbergabedesErzherzogshutesdurchden
Propstandie kaiserlichenCommissarii im vkleinen Kay-
serl. Sälerlii und auch das Zeremoniell der Rückgabe
wurde im wKayserlichen Sälerlii neben der Prälatur
abgewickelt?
Die Bezeichnung wurde einerseits für Festsäle verwen-
det, die tatsächlich von einem Kaiser besucht wurden,
aber keine darauf bezugnehmende Dekoration aufwei-
sen, wie z. B. in der Wiener Hofburg. im Stift Willen oder
im Reichsstift Kaisheim; andererseits auf Räumlichkei-
ten, deren lkonographie zumindest teilweise der Huldi-
gung des Reiches oder Kaiserhauses dient. Heute ver-
steht man unter vKaisersaalw nur die zweite Gruppe; es
handeltsich also um einen wausschließlich ikonographi-
schen Begriffe", und Herbst sieht in der kaiserlichen
Ahnenreihe das nkonstltuierende Element eines Kaiser-
saalesri, wodurch sich Parallelen zu den Ahnenhallen
anderer Familien ergeben."
Bei den Habsburgern wurden sowohl die theoretischen
als auch die formalen Grundlagen dafür bereits zurZeit
Kaiser Maximilians geschaffen?" Denn die damals
durchgeführten genealogischen Forschungen wurden
kontinuierlich bis ins 18. Jh, fortgeführLwobei u. a. auch
die legendäre Abstammung von Karl dem Großen über-
nommen wurde. Und der Statuenzyklus für sein Grab-
mal, der erst 1584 in reduzierter Form vollendet wurde,
bildete die wichtigste Anregung für die 1558 in erster
Auflage erschienenen i-lmagines gentis Austriacaeu
des Hofmalers Erzherzog Ferdinands von Tirol. Fran-
cesco Terzio." Mit seiner Verbindung von Historiogra-
phie und Porträtgalerie bildet dieses Kupferstichwerk
den Auftakt für zahlreiche in den nächsten 200 Jahren
folgende Publikationen ähnlicher Art, deren Stiche mit
meist ganzfigurigen, denkmalhaften Porträts vielfach
als Vorlagen fürgemalte und skulpierte Bildnisse in den
Kaisersälen dientenm Dies gilt bereits für den "Spani-
schen Saali des Schlosses Ambras, wo um 1570 ein
Zyklus von Tiroler Landesfürsten entstandm, der im
18. Jh. bis zu Karl VI. fortgeführt wurde, sowie für
die Habsburgerstatuetten des Ambraser Antiquariums
und die Terrakottastatuen Hans Reichles in der fürst-
bischoflichen Residenz des Kardinals Andreas von
Österreich in Brixen (um 1600). Nur teilweise an Terzios
Stichen orientierte sich hingegen der Maler einer um
1585 im bohmisch-mährischen Bereich entstandenen
Folge allegorischer Porträts von Habsburger-Kaisern,
deren ursprünglicher Standort nicht bekannt ist":
Die Funktion solcher Porträtgalerien warnach Meinung
der Zeitgenossen eine didaktische, da dadurch vder
Vorfahren Tugend den Nachkommen durch die Augen
ins Herz gedrucket, und sie zur lobl. Nachfolge ange-
reitzet würdemim Die Zurschaustellung der Tugenden
der Ahnen sollte darüber hinaus beim Betrachter den
Eindruck hervorrufen. daB diese in ihrer Gesamtheit in
der Person des regierenden Kaisers wie in einem
Tugendspiegei reflektiert werden:
wE. May. sind der Erbe sovielerTretflichkeiten, und deren leben-
diges Geschicht Buch; ein Ocean, in welchen, gleichwie alle
dieseTugend Strömezusammengeflossen, alsoauch allediese
Ruhm bächlein nochzusammenfliessenwerden. Undgleichwie
E. May. Dero grosserVorfahren Tugendverlassenschafterblich
beywohnet, also wird Sie auch billich in Deroselben Ehren- und
Glücks-Fußstapfen tretenß"
Der Einfluß genealogischer Ehrenwerke (Abb. 9) und
Tugendspiegei auf die Gestaltung von Kaisersälen,
bzw. die gegenseitige Anregung. zeigt sich nicht nur an
der Abbildung von nidealen Kaisersälem auf deren
Titelblätternms, sondern auch im Text. So beschreibt
etwa Birken 1657 in seinem Tugendspiegei ausführlich
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