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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 112)

kommen. Unsere Hausfrauen, insbesondere jene, die auf Sauberkeit und 
Nettigkeit halten - und sie thun das ja alle - haben sich so daran 
gewöhnt, als ob es ein für alle Mal so sein müsste und die Sache sich 
gar nicht anders denken liesse. Und doch ist es einmal anders gewesen. 
lm Mittelalter war das leinene Tischzeug, wo es etwas vorstellen sollte, 
fast regelmässig farbig decorirt, sei es durch Stickerei, die von der Hand 
der Frau und von ihren Töchtern selber ausgeführt war, sei es durch 
Gewebe in Blau, Roth und Gelb. So sah man darauf Eckornamente mit 
und ohne Figuren, Borduren, quer hinüberlaufende Streifen und reicher 
componirte Decorationen. Das sechzehnte Jahrhundert zeichnete sich mit 
den rothgestickten Borduren aus und auch noch dem siebzehnten Jahr- 
hundert war solche Verzierungsart nicht fremd. Heute ist sie allein dem 
Hausleinen von nationaler Art noch übriggeblieben. 
Da so vieles Gute von alter Art durch absichtliche Bemühungen 
bereits wieder in die moderne Kunstindustrie eingeführt worden, warum 
hätte es auch nicht mit der farbigen Leinwand der Fall sein sollen? Für 
denjenigen, der sich die gedeckte Tafel ein wenig mit ästhetisch gebil- 
detem Auge betrachtet, kann die Nützlichkeit, ja die Nothwendigkeit der 
Farbe, innerhalb gewisser Grenzen, keine Frage sein. Innerhalb gewisser 
Grenzen, sagen wir; denn, wohlverstanden, es handelt sich nicht um die 
Färbung, sondern nur um farbige Decorirung der Leinwand. Wir wollen 
dem frischen, kühlen, wohlthuenden Weiss des Leinens durchaus die Vor- 
hand lassen. 
Nichtsdestoweniger blieben bisher alle Versuche erfolglos; den Fa- 
brikanten sowohl wie unseren Damen fehlte der Mutb des Geschmacks, 
sie wagen leider noch immer nicht, einen eigenen zu haben. Ein grosses, 
mit_ rother Bordure geschmücktes Tafeltuch, das für die Musterausstellung 
von 187i dem Fabrikanten Kiilferle vom Museum gewissermassen octroyirt 
wurde, blieb ganz ohne Nachfolge. Nicht einmal Muster französischer 
Fabrikanten, die doch mit der Autorität von Paris kamen, fanden Gnade. 
Auch der Versuch eines Dresdner Fabrikanten, J. Meyer, blieb vereinzelt. 
Den Fabrikanten schreckte ausser der Gleichgiltigkeit des Publicums 
auch eine technische Schwierigkeit ab, die in den Ecken lag, wo die 
farbigen Fäden zusammenstossen und doppelte Stärke der Farbe ergeben. 
Es kam aber nur auf ernstliche Versuche an, diese Schwierigkeit zu über- 
winden, und sie ist überwunden sowohl von neueren Versuchen des 
Dresdner Fabrikanten wie von den Arbeiten, die wir jetzt auf unserer 
Ausstellung sehen und die uns zu diesen Bemerkungen veranlassen. Diese 
Arbeiten, setzen wir sofort hinzu: höchst gelungene Arbeiten, sind Er- 
zeugnisse der Fabrik von Regenhart 8c Raymann. 
Es sind vor Allem zwei grosse Tafeltücher, die auf Tischen von 
entsprechender Grösse mit Hilfe von Lobmeyfschen Glasgefässen und 
Tafelaufsätzen, mit Porzellangeschirr von Haas 81 Czizek einigermassen 
so arrangirt sind, um sich den vollen Eilect verdeutlichen zu können.
	        
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