Waltraud Neuwirth
PARISER FRISUREN
AUF WIENER PORZELLAN
s. vor G41} f.
DES ET ("usw
J PE-Sfszzväs DQIPRES
10H Plus Cäläbrnn Arü
sßbfw ynmz) Jdthfldr M
ä4ynäv _ w _'v A 'r. V 7h Ar:
wmmmmmmnnumnnuulnmnlrmv " l Wlminwludßiültilliütwmmlillhmlßlhmgga
Q, u
fv lw m, IIIAI
„Der Luxus ist zu Wien sehr eingerissen,
und nimmt fast von Jahr zu Jahren mehr
zu. Man imitiret alles Frantzösische und
ausländische moden; man träger nichts als
auswärtige EtoHes, Tücher, Spitzen, und
Galantetie-Waaren; die Kleider müssen, so
viel es möglich, a la frangoise gemacht
werden; . . .", mit diesen Worten be-
schreibt Johann Basilius Küchelbeckerl um
1730 ein Phänomen, dem er im Sprachlichen
selbst unterliegt und das in der Folgezeit
immer bedeutsamer wurde.
Auf dem Gebiet der Frisurenmode übte
Paris eine fast absolute Herrschaft ausl.
Die Innung der Permquier: umfaßte hier im
jahre 1673 zweihundert, im Jahre 1760
bereits 850 Stellen. Zehn Alahre später
wurden durch ein Dekret die Coeßzur: von
den Perruquier: getrennt und zu Künstlern
erklärtl. Le Gros begründete sogar eine
Aradirzlie de Frixure und entwickelte ein
Jiyrtime x12 [a Frirure 11er Damex, das er als
„nothwendig und allgemeingültig a priori,
aus den innersten sich selbst setzenden
Grundsätzen der Frisirkunst gez0gen"4
22
betrachtete. Seine Werke über die Kunst
des Frisierensi umfassen auch zahlreiche
Kupferstiche zeitgenössischer Coeifures.
Die CoeEure i ein Sammelbegriff für die
phantastischen Hutgebilde über hochauf-
getürmten Frisuren, geschmückt mit Bän-
dern, Federn, Schleifen, Blumen 7 wurde
in den Kupferstichen zur Frisurenmode in
all ihren Varianten festgehalten. Zu den
bedeutendsten Stichen dieser Art gehören
die ersten sechs Folgen der Gallerie de:
Zllazle: et Carlume: fmnyairß; Künstler wie
Watteau frls, Le Clerc, Desrais schufen da-
für die Vorlagen. Die erste Folge erschien
1778 bei Esnauts et Rapilly in Paris (Abb. 1);
bereits nach kurzer Zeit gab es wegen
unerlaubter Nachdrucke mehrere Prozesse.
Vielgerühmr und vielgeschmähr, verbreite-
ten sich die Coeffures in ganz Europa. In
Berlin erschienen schon 1779 die „Pariser
Coeffuren, bey Pauli" mit Begleitvcrsen, in
denen oft genug über die Unverständlich-
keit der Benennungen und über die Merk-
würdigkeiten der Coelfures Klage geführt
wird. Auch die Karikaturisten nahmen sich
gerne dieses dankbaren Themas an. Eine
Sammlung von 124 Frisuren in Buchform
(Abb. 8, 12), in Aquarell ausgeführt und
von Ign. Adel signiert, befindet sich in der
Bibliothek des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst. Der Großteil dieser
Frisuren läßt sich auf die Pariser Coeffures
zurückverfolgen.
Im Vorlagenwerk der Wiener Porzellan-
manufaktur befanden sich zwölf Original-
kupferstiche der Gallerie des Modes et
Custumes frangais, die den Porzellanmalern
als Vorlagen dienten. Vier davon sind er-
halten, wenn auch in beschnittenem Zu-
stand, und ermöglichen den Vergleich mit
ausgeführten Porzellanmalereien. Ein Früh-
stückservicc, „verziert mit Pariser Mode-
frisuren aus der Zeit um 1780 mit den
darunter geschriebenen Modebezeichnun-
gen"7 war im Jahre 1904 im Besitz von
Gottfried Eißler. Einzelstücke, auf die in
der Folge noch eingegangen wird, befinden
sich im Österreichischen Museum für
angewandte Kunst, Wien (Inv. Ke. 3853)
sowie in der Moravska-Galerie, Brünn
(Inv. 15408-15423).