AloisVogel
BEMERKUNGEN ZU
DEM BILDHAUER FRANZ
BARWIG
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Das Schaffen des Bildhauers Franz Barwig spie-
gelt recht kennzeichnend jene Zeit wider, in der
nach neuen Formen gesucht wurde. Eine Zeit,
in der der Aufbruch der „Jugend" zu einer
eigenen Aussage, einem ihr entsprechenden
Stil, Wirklichkeit zu werden schien. Es war ein
Stil, der das ganze Leben gestalten sollte und
der dann im Formalen ebenso wie in einer
weiteren Entwicklung im Politischen (Walter
Jens zeigt die Zusammenhänge sehr deutlich
auf) in jener Sackgasse endete. die seine Prota-
gonisten, die noch .der Kunst ihre Freiheit" auf
ihr Haus geschrieben hatten, nie für möglich
gehalten hätten.
Barwig wurde am 19.April 1868 in Schönau,
in Mähren, geboren, Er besuchte ab 1888 in
Wien die Kunstgewerbeschule, arbeitete zuerst
wohl hauptsächlich nach Vorbildern, zeigte aber
schon früh ein außerordentliches Talent. 1897
beendete er sein Studium. Sein Werkstoff war
in dieser Zeit fast ausschließlich Holz, ein Mate-
rial, dem er auch später treu blieb und in dem
er seine besten Arbeiten schuf. 1904 finden wir
ihn in Villach (Kärnten). wo er in einer Fach-
schule für Holzbearbeitung unterrichtete. 1906
kehrte er nach Wien zurück, wurde im Öster-
reichischen Museum für Kunst und Industrie
zuerst in der Lehrmittelstelle und ab 1910 in
der Kunstgewerbeschule als Professor ange-
stellt.
In dieser Zeit schuf Franz Barwig eine ganze
Anzahl von Tier- und Menschenfiguren. die mit
ihrem großzügigen Liniengefüge und einer ver-
kanteten Blockhaftigkeit einem Zug zur Strenge
und einer aus dem Material gewachsenen
Formkraft Rechnung tragen. Die zügig linear
angelegten Jlaufenden Buben" aus dem Jahre
1905 und die "Wanderer" aus dem Jahre 1909
gehören hier genannt. Gerbert Frodl zitiert in
dem sehr ausführlichen Vorwort des umfang-
reichen Ausstellungskataloges der Österreichi-
schen Galerie im Mai d. J. eine Löwin, einen
Marabu, einen Affen und eine Pelikangruppe,
die bei einer Hagenbundausstellung 1906 als
erste der Öffentlichkeit präsentierten Tierfiguren
Barwigs zu sehen waren. Interessant, daß Lud-
wig von Hevesi von einem ,Schnitzstil geo-
metrischer Flächigkert" in der Zeitschrift ,Kunst
und Kunsthandwerk" in diesem Zusammenhang
spricht. Sicher ist diese Bearbeitungsweise auch
im Zusammenhang mit dem Material zu ver-
stehen. Es handelt sich bei allen genannten
Objekten um weichere Hölzer, ein Material,
von dem man mit dem Flacheisen breite Späne
abheben kann. Zur selben Zeit (1906107) ent-
standen aber auch die aus Ebenholz geformten
..Raufenden Sundapanther", die, fein poliert, eine
ganz andere Sprache sprechen. Hier wird schon
eine Linie verfolgt, die sich nach einer typischen
Jugendstilepoche im Werk Barwigs in den Bild-
werken, die die menschliche Figur darstellen,
fortsetzt und die, eher mit Kolbe verwandt, einer
idealisierenden Schönheit huldigt. Eines der
ausdrucksstärksten Werke, in dem eine Synthese
dieser Richtungen erreicht wird, ist sicher die
.Eva' aus dem Jahre 1910.
In den frühen Tier- und Menschendarstellungen
sehen wir aber Leistungen, die zwardem Jugend-
stil verhaftet sind, dem Werk in der Linienfüh-
rung jedoch eine expressive Dynamik verleihen.
Die beiden Götzen 1908 und die Büste des
Kaisers Franz Joseph mit zwei zu Füßen des
Postamentes ruhenden Löwen, die schon Hevesi
beschreibt, sind in ihrer grobflächigen Gestal-
tung sehr eigenständige Erscheinungen. Ein