Künstierprofiie
Elisabeth Stemberger
Geboren wurde Elisabeth Stemberger zwar in
Wien, ihre Vorfahren kommen aber aus Süd- und
Nordtiroi. Heute lebt die Künstlerin in Wien und im
niederösterrelchischen Waldviertei, wo sie gerade
in der letzten Zeit wieder manches für diesen
Landstrich sehr charakteristische Bild gemalt hat.
Schon sehr früh, bereits im Internat, galt ihre Lie-
be der Malerei und dem Zeichnen. Bei einem
Freund von Egon Schiele, dem Maler Johannes Fi-
scher, erhielt sie ihre erste fachliche Beratung.
Kurz darauf trat sie in die Wiener Kunstgewerbe-
schule ein. A. P. Gütersloh, der damals noch dort
unterrichtete, war ihr Lehrer.
Es gibt Künstler, deren Werk sehr eigenwillige
Sprünge in der Entwicklung zeigt, es gibt weiche,
deren Werk ein gleichmäßiges Fließen ist. Bei Eli-
sabeth Stemberger sehen wir früh eine Entschei-
dung, der sie dann, mit ganz wenigen experimen-
tellen Versuchen, die ihrem Oeuvre auch nicht ent-
sprechen, immer treu geblieben ist.
Früh schon, wie die Künstlerin einmal in einer
Seibstbiographie schreibt, durch einen Regenguß
in eine Gastwirtschaft am Rande der Stadt ver-
schlagen, beginnt sie die Menschen in ihrer Ali-
tagsumgebung festzuhalten. Der Mensch ist es
auch, der seither eine zentrale Stellung in ihrem
Schaffen einnimmt. Es ist eine im Tiefsten huma-
ne Kunst, auch dort, wo die Stemberger Land-
schaften oder Häuser festhält, alles ist men-
schenbezogen. Da und dort ist das Herz der
Künstlerin zu spüren, mit dem sie ihr Gegenüber
sieht, auch dort, wo es sich anscheinend um eine
reine Ordnung der Linien handelt. Wer und was ist
aber dieser Mensch? ist er so ohne weiteres zu
fassen, wie er da sitzt, an einem groben Wirts-
haustisch, wie er immer wieder als Akt, körperlich
vor uns steht oder liegt? Undeutlich sind die Kon-
turen, seine Persönlichkeit ist verschwimmend,
scheint sich oft aufzulösen, muß erst gesucht wer-
den.
Elisabeth Stemberger bekannte einmal, sie hat am
Anfang ihres Werdeganges die Briefe des Vincent
van Gogh wie ein Evangelium gelesen. Auch Van
Gogh war sein Leben lang ein Menschensucher,
einer, der sich immer zu den Erniedrigten und Ver-
folgten bekannte, der schon früh erkannte, daß im
Nächsten der Bruder zu finden ist, der aber auch
erkennen mußte, daß der Bruder letzten Endes ein
uns unfaßbares Wesen bleibt. Hat aber der kraft-
strctzende Holländer in immer neuen wilden Pin-
seistrichen gesucht, hat er hastig und expressiv
das Bild des Menschen und seiner Weit festzuhal-
ten versucht, so Eiisabeth Stemberger in einer be-
hutsamen, frauiichen Art. in feinen Abstufungen
malte sie ihre Erkenntnisse. immer ist das andere,
das Du hinter Schleiern verborgen, die uns vonein-
ander trennen, die uns aber auch von der Natur
trennen, der wir ja immer mehr und mehr ent-
rücken, seit den Tagen, als Prometheus uns das
Feuer gebracht hat. Mit verdünnter Ölfarbe legt
die Malerin einen feinen, in ein rötliches Braun ge-
tauchten Hauch über ihre Bildfiächen, der ihnen
eine sanfte Reife und zugleich Ferne verleiht.
Sehr eindrucksvoll sind auch die Graphiken der
Künstlerin, die bei den reinen Federzeichnungen
nun tatsächlich an den verehrten Van Gogh erin-
nern, die aber besonders bei den Monotypien je-
nes beglückende Suchen nach der Erscheinung
unseres Gegenübers aufweisen, das wohl zum
Leitmotiv Stembergerschen Schaffens geworden
ist. Alcis Vogel
rszene im Gasthaus", 1967. Öl, so x so cm
rrSchwsiBtuchu, 1957. Monctypie. es x 41 cm
r-Heimkehr ins vom, 1971101, 70 x so cm
"Trance-t, 1967. Oi. 90 x 5a cm
Elisabeth Stemberger im Atelier
IMiteiVIander sbrschem, 1937. Feder laviert, 29 x a9 cm, großer
Ausschnitt
mwsum-