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Volltext: Lampengeblasenes Glas aus Wien

FRITZ LAMPL 
Fritz Lampl wurde am 28. September 1892 in Wien geboren und starb am 5. März 1955 
in London. 
Er stammte aus bürgerlichem Milieu: sein Vater war Getreidehändier, seine Mutter 
Hausfrau; seine Brüder August und Paul arbeiteten als Architekt bzw. Bankangestell 
ter. Fritz, der jüngste Sohn, war als Kind und zeit seines Lebens kränklich; schon früh 
wandte er sich der Poesie zu. Nach dem Tod seiner beiden Brüder im Ersten Weltkrieg 
wurde er als einziger überlebender Sohn vom Kriegsdienst freigestellt und dem 
Kriegspressequartier zugeteilt. Durch die Heirat mit Hilde Berger (sie und ihre Schwe 
ster Fritzi führten einen Modesalon) wurde er zum Schwager von Josef und Artur Ber 
ger, seinen wichtigsten Mitarbeitern bei „Bimini“. 
Mit Gleichgesinnten gründete er den „Genossenschaftsverlag“, um die Idee eines 
Autorenverlages verwirklichen zu können. Diesem Unternehmen war allerdings kein 
Erfolg beschieden. 
Von einer Reise nach Berlin kehrte er voll Begeisterung für die Glasbläserarbeiten der 
Marianne von Allesch zurück. So entstand im Jahre 1923 die „Bimini-Werkstatt“ in 
Wien, und bald schon waren die Gläser nach Entwürfen von Artur und Josef Berger so 
wie Fritz Lampl außerordentlich erfolgreich. In einem Brieffragment äußerte sich Lampl 
einmal kurz, aber aufschlußreich, über seine Einstellung zu Dichtkunst und Glasbläse 
rei: „Der Gedanke, mit Versen und ähnlichen Produkten Geld zu verdienen, erschien 
mir von Jugend an als unnatürlich, ja als ein wenig lächerlich, und ich habe frühzeitig 
die Konsequenz aus dieser meiner wunderlichen Veranlagung gezogen. Ich entschloss 
mich Glas zu blasen und zu verkaufen. Ich habe es nie bereut“ (Österreichische Natio 
nalbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. 799/21-4). Manche seiner Freunde, wie 
Otto Stoessl, schienen diese Hinwendung zum Glas zu bedauern: „Lieber Freund, 
herzlichen Dank für die liebe Widmung Ihres reizenden Buches, woraus endlich wieder 
einmal der Dichter Lampl hervortritt, nachdem sich der Biminist so lange vergraben 
hatte . . (Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung, Brief vom 30. 
VI. 1925, Autogr. 799/30-16). 
Nach nur fünfzehn Jahren wurde dem inzwischen weltbekannten Unternehmen durch 
die politische Entwicklung ein Ende gesetzt. Fritz Lampl mußte 1938 nach London emi 
grieren, wo er unter schwierigsten Umständen die Firma „Orplid“ gründete. Im selben 
Haus in Soho entwarf Josef Berger Modelle moderner Möbel. 
Da während des Krieges die Einfuhr von gläsernem Modeschmuck aus der Tschechos- 
lovakei nach England unterbrochen worden war, war „Orplid“ auf diesem Gebiet kon 
kurrenzlos. Als Vorlagen dienten Gipsabformungen von antiken Münzen, Kameen u. a. 
aus dem British Museum in London. 
Zurückgekehrt aus dem Internierungslager auf der Isle of Man stand Lampl vor den 
Trümmern seiner Werkstätte in Soho, in die 1940 eine Bombe eingeschlagen hatte; 
wieder mußte er einen Neubeginn, diesmal in Hampstead, wagen. Als Mitarbeiterin für 
keramische Broschen, Halsbänder und Knöpfe u. a. konnte Lucie Rie gewonnen wer 
den. 
Lampls labiler Gesundheitszustand und sein unermüdlicher, bis zur Erschöpfung ge 
hender Einsatz für „Orplid“ führten zu einem Herzanfall, von dem er sich nie mehr er 
holen sollte. Einer zweiten Attacke erlag er im Jahre 1955 in London; seine Frau Hilde 
verstarb nur wenige Monate später. 
Nachrufe auf Fritz Lampl rühmen die Vielseitigkeit seiner Talente, die Poesie seiner Ge 
dichte und Gläser. 
Die Zeitung „Die Presse“ (o. m. f. = wohl Oskar Maurus Fontana) widmete Fritz Lampl 
am 16. III. 1955 folgenden Nachruf: 
Fritz Lampl gestorben 
Im Alter von 63 Jahren ist Fritz Lampl, ein geborener Wiener, in London gestorben, wo er seit 
1938 eine zweite Heimat gefunden hatte. Er war eine Künstlerpersönlichkeit mit vielen Talenten, 
sowohl im Wort zu Hause als auch in der bildenden Kunst. In seiner frühen Jugend war er, der Ly 
riker , ein Gefährte von Albert Ehrenstein und Oskar Kokoschka und einer der Entdecker Elisa- 
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