353
berühmte RäköcztpLied: „Hei, Räköczy, Bercscnyi!" und die folgenden: „Ungrisch Herz,
treu wie Erz." — „Segne, Herrgott, den Magyaren! Weil die Welt lebt, woll' ihn
wahren. In der Heimat Paradeis, Leb' er wie Fisch' in der Theiß." — „Mit den Greisen
klug im Rathen, Mit den Jungen kühn in Thaten, Schöne Jungfrau'n sei'n ihm hold,
Schmucke Weibchen blank wie Gold." — „Guten Wein her aus den Kufen, Wollen unfern
Trinkspruch rufen: Gott erhalte König, Land, Und uns alle miteinand!" In dieser Art
gibt es auch einen Marsch mit eigenthümlicher Melodie über Napoleon I.: „Zurück ins
Vaterland nun eil', mein geschlagenes Heer." Der berühmteste Marsch trägt den Namen
Näköczys; es sind ihm wiederholentlich Verse unterlegt worden, er eignet sich jedoch nicht
für den Gesang. Zu den Volksliedern von nationalem Gepräge kann man noch die Gedichte
des fahrenden Sängers Sebastian Tinödi zählen; einige davon pflegt man im Chorus zu
singen, so das folgende:
„Die alten, schlimmen Zeiten ich singe. Guter Török Jänos, all deine Tinge,
Deß Ruf und Nam' ich ins Gedächtniß bringe, deines Vaters Tod auch traurig mir erklinge."
Unter den Volksliedern müssen ferner die volksthümlichen Psalmodien andächtigen
Inhalts erwähnt werden, deren Ursprung in die ältesten Jahrhunderte der christlichen
Epoche zurückreicht: „Folgen wir Marien, Stern der Hellen Sonnen." — „Jesus du mein
Heller Stern!" — „Anbeten wir dich heilige Hostie, du wundersames Manna." -
„Komm' o König Stefan, der Magyare ruft dich!" — „Weinet ihr Christen!" — und die
Weihnachtslieder: die Spielreime der Bethlehemgänger und heiligen drei Könige.
Die Verfasser der Volkslieder sind meist unbekannt. Text und Melodie werden, wie
es scheint, gleichzeitig geboren. Die Schnitter auf dem Felde, die Mägde in der Spinw
stube greifen beide auf und geben sie weiter, von Dorf zu Dorf, von Feld zu Feld, bis sie
im ganzen Vaterlande verbreitet sind und sogar in die Salons hinanfdringen oder auf der
Bühne das Bürgerrecht erlangen. Zuweilen aber geht es umgekehrt, Dichtungen von
hohem Fluge erhalten durch begabte Componisten eine volksmüßige Melodie und verbreiten
sich dadurch im Volke, das sie sich aneignet. Unter diesen zur Allgegenwart des Volksliedes
gelangten Knnstgedichten sind vorerst zu nennen: Michael Vörösmartys „82»^nt
(Aufruf): „Dem Vaterlande unverzagt treu bleibe, o Magyar!" — dann Kölcseys
Hymnus: „Segne den Magyaren, Gott, mit gutem Muth und Überfluß"; unter Petöfis
Liedern: „Mein Flötchen ist ein Tranerweidenzweig", — „Nieder senket sich die Wolke",
— „Lieb' ist eine finstere Grube" und besonders folgendes zweistrophige Lied:
„Höre, Schafhirt, armer Schafhirt höre,
Daß dich dieser Beutel Geld bethöre;
Deine Armuth gib für meine Habe,
Doch dein Liebchen drauf als Nebengabe."
Ungarn l.
23