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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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im Glanze der Morgeusonne wiegen und wie Diamanten funkeln. Die ganze Natur erwacht 
zu neuem Leben, die Herden ziehen auf die Weiden, hinter ihnen die Hirten und Hunde; 
Kaninchen huschen aus einem Sandloch ins andere; Hasen Hüpfen über die Felder, Ziesel 
spielen vor dem Eingänge ihrer unterirdischen Wohnung, Störche klappern bedächtig, die 
Lerchen durchschwirren die Luft. Hoch oben unter dem Himmelsgewölbe schwebt ein 
schwarzer Punkt, er wird größer und größer, bewegt sich, bekommt Flügel, man bemerkt 
schon deren Schlüge und endlich vernimmt man auch die kreischende Stimme des auf die 
Beute herabschießenden Bussards oder Falken. Am Ziehbrunnen des Dorfes erscheinen 
svnngebrüunte Mädchen, auf der Schulter tragen sie oft eine Stange, an deren Ende ein 
antik geformter Wasserkrug hängt. Vielleicht wartet ihrer schon ein schmucker Bursche, der die 
Stange des Brunnens mit dem Eimer niederzieht und ihnen die Krüge mit Wasser füllt. 
Höher und höher steigt die Sonne, der kühle Morgenhauch ist verschwunden, die 
Luft wird wärmer und wärmer. Plötzlich scheinen wir mit einem Zanberschlage in ein 
anderes Land gekommen zu sein. Vor unseren Augen breitet sich ein ganzes Meer aus, 
in nicht weiter Entfernung flutet und wogt es in silberner Farbe dahin. Neckend rückt 
es uns näher, dann entfernt es sich wieder; auf einmal schließt es sich auch hinter uns, wo 
wir doch soeben erst auf trockenem dürren Boden wandelten. Von allen Seiten umringt 
uns jetzt eine feenhafte See. Aus den seidenfarbigen Wellen tauchen Auen, Kirchen, Dörfer 
und Städte auf; in den ungleichmäßig erwärmten Luftschichten spiegeln sich vergrößert 
und außerordentlich verzerrt die Gegenstände. Entfernte Baumgrnppen, Windmühlen, 
Schenken und Dörfer, die wir von einem bestimmten Standpunkte sonst nicht sehen, tauchen 
jetzt am fernen Horizont aus, als ob sie auf den seidenfarbigen Gewässern schwimmen 
würden. Sobald wir uns den durch die Luftspiegelung vergrößerten und verzerrten 
Gegenständen nähern, nehmen sie wieder ihre natürliche Gestalt an: armselige Gebüsche, 
eine dornige Distel, ein träumender Storch, ein Brunnenbalken, ein halbverfallenes Haus, 
eine elende Heideschenke, das ist Alles, was von dem bewunderten Zauberbilde übrig 
geblieben. Die Delibäb, die Fata morgana webt diese blendenden Zauberbilder in die 
ungleich erwärmten zitternden Luftschichten. 
Bald fesselt unseren Blick wieder ein.' andere Erscheinung. In einiger Entfernung 
sehen wir eine Menge grauer Säulen zum Himmel emporsteigen; manche sind nach unten, 
manche nach oben gespitzt. Sie nähern und entfernen sich wechselseitig untereinander, bald 
rücken sie auf uns zu, bald entfernen sie sich wieder, hin und her tanzend im Kreise, bald 
stoßen und zerstören sie sich einander, bald erheben sie sich wieder. Es sind Staubwirbel, 
die der Wirbelwind hin und her treibt. 
Zuweilen überraschen den Wanderer mitten auf der Tiefebene fern aufsteigende 
Berge, doch verschwinden sie wieder, es waren blos flüchtige Wolken. Nun aber steigen
	        
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