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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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Nikolaus Oläh, wie er erwähnt, sein Griechisch gelernt hat. Diese Schule war mit einem 
Convict verbanden, das auf reichen Stiftungen beruhte. Die Nonnen, meist Töchter vor 
nehmer Familien, beschäftigten sich mit der Töchtererziehung; sie lehrten unter Anderem 
die sogenannte „Nonnenstickerei" mit Silber-, Gold- und bunten Seidenfäden, einer 
Technik, deren veredelnden Einfluß wir an den Handarbeiten der Mädchen aus dem 
Volke, den sogenannten „Varrottas" (ausgenähten Arbeiten) noch jetzt wahrnehmen. Die 
Mönche trieben Feld- und Weinbau, dabei aber auch Malerei, Bildhauerei, ja selbst 
Handwerke. Alle aber bemühten sich gleichmäßig um die Hebung der vaterländischen 
Gelehrsamkeit, als Chronisten, als Copisten und Illuminatoren der alten Classiker und 
Kirchenväter. Vom Reichthum der Bibliothek zu Värad ist schon in der Mitte des 
XV. Jahrhunderts die Rede. Einzelne sehr schöne Codices dieser Sammlung sind noch 
jetzt verstreut in den Bibliotheken von Budapest, Gran, Wien, Salzburg, Göttweig, 
Krakau u. s. w. zu sehen. 
In einem solchen Kreise der geistigen und handwerklichen Thätigkeit hatten die 
Bürger von Värad Gelegenheit, ihre Fähigkeiten auszubilden und geltend zu machen. Die 
Kathedralkirche selbst bot jedem Künstler und Gewerbsmann Beschäftigung, vom Maler 
und Bildhauer angefangen bis hinab zum einfachen Maurer. Künstler ans Värad, Bild 
hauer, Goldschmiede, Glockengießer sind auch schon im Mittelalter nicht selten, und 
ebenso finden sich auf den Blättern der Matrikeln ausländischer Universitäten und unter 
den Trägern der höheren Ämter und Würden häufig Männer, die ans Värad stammen. 
Auch die Bürger interessirten sich für die literarische Thätigkeit der Geistlichen, 
einige nahmen sogar selbst Theil daran. Während die Bischöfe sich niit der Herausgabe 
der Chroniken des Rogerius oder Thuröczi und des Negestrum von Värad befaßteil und 
Propst Stefan Jlosvai die Gesetze des Landes sammelte, ließ Ladislaus Egerväri, 
Obergespan von Bihar, alte Codices copiren und Blasius Veres, Richter von Värad, 
übersetzte das berühmte Tripartitum Verböczis ins Ungarische. 
Nach den Naturschönheiten der Gegend und ihren erfrischenden, heilkräftigen Quellen 
brauchte die Stadt nur die Hand auszustrecken. In der Umgebung erhoben sich zahlreiche 
Landhäuser, die Kastelle und Burgen der Telegdis, Päzmäns, Toldis, Csäkys, deren 
Größe und Schönheit auch der Italiener Gromo im XVI. Jahrhundert hervorhebt. An 
Bädern fehlte es auch in der Stadt nicht, das berühmteste Bad aber war das des heiligen 
Ladislaus, gleichfalls in der Nähe der Stadt gelegen. 
Für die Kranken- und Armenpflege, sowie für die ehrbare Bestattung der Tvdten 
sorgten die sogenannten Kalandos-Genossenschaften und auch die Zünfte, doch bestanden 
für diese Zwecke in Värad auch besondere Anstalten. Solche waren außer dem Alumneum 
der armen Schüler das „Aussützigenhans" und der „Blindengrund," deren Bestimmung
	        
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