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Eine Woche nach Ostermontag findet ans dem Gottesacker das Verbrüd erungs-
fest (clrnLioalo) statt. An diesem Tage nämlich pflegen die Serben den Grabhügel zu
schichten. Aus diesem Anlaß versammeln sich daselbst die jungen Männer und Frauen
und flechten Kränze. Diejenigen, die sich zu einander hingezogen fühlen, flechten einen
Kranz, umschlingen sich damit unter Küssen und schwören sich Bruderschaft (podrntimstvo,
poso8trim8tvo). Mit der Religion hat dies zwar nichts zu thun, es geschieht aber doch
in Gottes und des heiligen Johannes Namen. Zum Bruder wühlt man denjenigen, von
dein man geträumt oder dessen Beistand man verlangt hat. Solche angenommene
Geschwister nennen sich Wahlgeschwister (pobratim, po868ti-imn). Die Verbrüderung
kann unter Männern wie unter Frauen geschehen, ja man kann sich auch einen Bater
(irooäim) oder eine Mutter (powuAa) wählen. Solche Verbrüderte haben die Pflicht,
einander irr Allem beiznstehen, doch kann das Band nach einem Jahre gelöst werden,
'vorauf man einen neuen Bund schließen kann. Übrigens ist ein solcher Bruderbund heilig,
und wenn ein Serbe bei seinem Bundesbrnder schwört, ist an ihm nicht mehr zu zweifeln.
Pfingsten (ckulrovi) ist das Fest der sogenannten Königinnen (üralsiee). Da
gehen zehn bis fünfzehn schmuck gekleidete, blnmenbesteckte und säbeltragende Mädchen
von Hau» zu Hau», T.ie schönste ist die Königin, sie trägt einen Blumenkranz und einen
langen weißen Schleier. Der König hat auf dem Kopfe eine blumengeschmückte Mütze und
ein Schwert in der Hand. Auch ein Fahnenträger mit weißer oder rother Fahne ist
vorhanden und eine Hofdame folgt der Königin. Vor ein Haus gelangt, stimmen sie ein
Lied an, worin sie die Hauslente ausfordern, für die Königin einen Schemel heraus
zubringen. Auf diesem nimmt die Königin Platz, hinter ihr steht die Hofdame nnd die
übrigen bilden einen Kreis um sie her. Jedes Mädchen umgürtet sich mit einem Tüchlein,
das ihre beiden Nachbarinnen fassen, um dann nach rechts oder links im Kreise hernmzu-
ti ippeln, je nachdem es der üolovoch'a (Reigenführer) angibt. Der König nnd der Fahnen
träger fassen nicht mit an, sondern der König tanzt links vom Kolo nach rückwärts, ohne
die Vortünzerin aus den Angen zu lassen, und führt dabei mit seinem Schwerte Lufthiebe;
ebenso tanzt der Fahnenträger rechts außerhalb des Kolo, die Augen auf die letzte Tänzerin
geheftet und mit der Fahne die Luft durchschneidend. Nach kurzer Zeit machen beide aus
ihren Plätzen eine Ilmdrehung, laufen rund um den ganzen Kolo und kehren wieder ans
ihre Posten zurück.
Beim Aufbruch der Xralsieo wird das Lied gesungen:
„König, prächt'ger König!
Königin und Banin!
Stehet auf und schreitet
Nun von Hof zu Hofe,
Bis zum Tisch des Zaren,
Wo der Zar den Wein trinkt
lind die Zarin einschenkt
Ihm aus güldnem Kruge."