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Wirkwaaren, nämlich jährlich circa 76.000 Dutzend Wollstrümpfe, 27.000 Stück Woll-
leibchen, 10.000 Stück Schafwollmützen und 2000 Dutzend Wollhandschuhe, endlich in
Freudenthal, Jägerndorf und Olbersdorf Flanelle, Kotzen und halbwollene Tischdecken,
während in Troppau und Niklasdorf türkische Kappen (Fez) in einer jährlichen Gesammt-
menge von 127.800 Dutzend erzeugt werden, welche nach der Türkei und deren Neben
ländern, vornehmlich nach Constantinopel, Smyrna und Beyrut gehen.
Futterstoffe, Wirkwaaren, Flanelle, Kotzen und Tischdecken werden im Inlands
abgesetzt.
Nächst der Schafwollwaarenerzeugung ist die Leinenindustrie einer der ältesten
und ausgebreitetsten Industriezweige Schlesiens. Dieser urwüchsige Industriezweig führte in
den Gebirgsstrichen der Sudeten bis zu Anfang dieses Jahrhunderts ein sehr kümmerliches
Dasein. Die von der Hand gesponnenen Flachsgarne wurden in der Regel für den eigenen
Hausbedarf verwoben; ein Theil fand als Gewebe im Wege des Hausirhandels Absatz
oder wurde von Händlern aufgekauft und nach Böhmen gesandt. Eine Wendung zum
Besseren trat erst zu Anfang dieses Jahrhunderts ein, indem sich um diese Zeit eine
geregeltere Fabrication zu entwickeln begann, wozu nicht wenig die regelmäßigen Besuche
der Brunner Märkte durch die Prvducenten beitrugen.
Während sich ursprünglich die Erzeugung auf glatte Leinwänden beschränkte, wurde
schon im Jahre 1824die Tischzeugfabrication, und zwar in Freiwaldau (zuerst in Österreich)
eingeführt.
Einen weiteren Fortschritt erfuhr die Leinenindustrie durch die Annahme eines
rascheren Bleichverfahrens (Chlorbleiche) im Jahre 1845. Damit wurde auch die
Fabrication anderer Leinensorten, die damals noch aus dem Auslande bezogen werden
mußten, möglich; so konnte mit der Erzeugung der zu dieser Zeit schon berühmten Rum-
bnrger Leinen begonnen und im Jahre 1858 zur Fabrication der sogenannten Irländer
Weben geschritten werden. Dazu kommt seit dem Jahre 1864 die in großem Umfange
betriebene Herstellung von Tischtüchern.
Der Übergang von der Handweberei zum mechanischen Betriebe vollzog sich im
Jahre 1865, wo gleichfalls in Freiwaldau die erste mechanische Weberei ins Leben
gerufen wurde. Heute steht die schlesische Leinenindnstrie auf einer hohen Stufe der
Entwicklung. Mit Recht sind deren Erzeugnisse wegen der Reinheit und Gleichmäßigkeit
der Gewebe, ihrer Festigkeit, Schönheit und Preiswürdigkeit und vor allem die Damast-
waaren wegen ihrer vorzüglichen Qualität, des schönen geschmackvollen Dessins und
wegen ihrer reinen Bleiche sehr gesucht. Aus diesen Gründen erklärt es sich, warum die
schlesischen Leinenwaaren trotz der großen Concurrenz, welche ihnen durch die Erzeugnisse
der Baumwollindustrie bereitet wird, nicht blos den inländischen Markt behaupten,