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Um diese Zeit wurde dem Slovenischen auch schon der Weg zur Bühne geebnet,
indem bei Aufführungen italienischer Opern in Laibach häufig slovenische Lieder eingelegt
wurden und stets eine zündende Wirkung erzielten. Alsbald gelangten auf derselben
Schaubühne dramatische Piecen durch Dilettanten ans den besten Kreisen der Gesellschaft
wiederholt zur Aufführung und faßt die zeitgenössische Kritik ihr Urtheil darüber dahin
zusammen, es sei durch diese Vorstellungen in überzeugender Weise der Beweis erbracht
worden, daß die slovenische Sprache Biegsamkeit, Geschmeidigkeit, Nachdruck und Melodie
genug besitze und sich in Thaliens Munde gar gut hören lasse. Bezug genominen ist zunächst
auf zwei von dem angesehenen vaterländischen Historiker Anton Linhart (1756 bis 1795)
übersetzte Lustspiele (das eine ist Beaumarchais': ,1m kolke fonrnee ou le irmria^e äe
lÜKnro", das andere „Die Feldmühle" von Richter), die übrigens keine mechanischen Über
tragungen sind, sondern freie Bearbeitungen mit Nationalisirung der Sujets und genauer
Anpassung an Sitten und Anschauungen des Volkes, daher sie bis zur Stunde vom
Repertoire noch nicht ganz verschwunden sind.
Unter dem Einstuß der erwähnten Reformen und sodann der Principien und Ideen
der französischen Revolution beginnt mit Linhart, Bl. Kumerdej (1738 bis 1805)
und Georg Japel (1744 bis 1807) die Renaissance der slovenischen Literatur. Der
geistige Horizont erweitert sich und ein besserer Geschmack bildet sich allmälig aus. Die
Sprache wird voller, reiner und glatter, wie dies schon an der von Japel im Verein mit
Kumerdej und Anderen besorgten zweiten vollständigen Bibelübertragung zu beobachten
ist und in der Folgezeit alsbald noch markanter hervortritt. War ferner insbesondere die
poetische Production nach Inhalt wie Form bislang mit geringen Ausnahmen unvoll
kommen ausgestaltet, so sollte auch hierin eine Wendung zum Besseren eintreten. Japel
bringt die rhythmischen Grundsätze der slovenischen Sprache in ein organisches Gefüge,
oder eigentlich er exemplifieirt sie in den eigenen Dichtungen und Nachdichtungen in
wirksamer Weise.
Der erste bedeutende Dichter ist Valentin Vodnik (geboren am 3. Februar 1758
in Siska bei Laibach, gestorben am 8. Jänner 1819 in Laibach), eine der sympathischesten
Erscheinungen der slovenischen Literatur. Nach Absolvirung des Gymnasiums bei den
Jesuiten in Laibach widmete er sich dem geistlichen Stande und war Jahre hindurch in
dem romantischesten Theile seiner Heimat, in dem an Naturreizen aller Art reichen Ober-
krain als Seelsorger thätig, wobei er die Natureindrücke voll auf sich einwirken ließ und
sie in farbensatten poetischen Bildern reflectirte, wie denn das kräftige landschaftliche
Colorit eine charakteristische Eigenheit seiner Dichtungen werden sollte. Mit der Groß
artigkeit der Natur harmonirte die Ursprünglichkeit, Kraft und Frische des Volkes und
der krystallne Quell der Volkssprache und des Volksliedes wirkte erquickend, läuternd