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Übung rechnen, die sich wohl nur ganz ausnahmsweise jenseits des ihr
angestammten Gebietes (Ofenkacheln usw.) betätigt hat: die Grün
dungszeit der genannten Kirche gewährt keinen sicheren Anhaltspunkt,
da eine Übertragung aus älterem Eigenbesitz des Stiftes im Bereiche der
Möglichkeit liegt. Die Zusammenstellung mit einigen zeitlich und örtlich
benachbarten Erzeugnissen keramischer Freiplastik (Ölberg in Ybbs, Ein
zelstücke auf Burg Kreuzenstein) wirkt zumindest im zweitgenannten Falle
stilkritisch keineswegs überzeugend; die Zuschreibung all dieser Arbeiten
an die Werkstatt der fränkischen Hafnerfamilie Vest schöpft lediglich
aus den allzu unbestimmten Angaben einer späten literarischen Quelle.
Literatur: J. Ackerl, Führer durch die Sehenswürdigkeiten und Kunst
schätze des reg. Chorherrenstiftes St. Florian, Linz 1907, S. 33;
A. Walcher v. Molthein, „Die Familie der Kunsthafner Vest und ihre
Werke in Altösterreich und in Oberfranken“ in „Kunst und Kunsthand
werk“, Jahrgang XVI (191 3), S. 81 ff. mit Abb. 2, 4 und 6.
161. DER EVANGELIST JOHANNES
Während der bisherigen Bezeichnung als „Sitzender
Engel“ schon die Flügellosigkeit widerspricht, gemahnt
die Gestalt durch den gläubigen Aufblick und die Ge
bärde der Rechten unzweideutig an die zumal in der
mittelalterlichen Malerei und Graphik beliebten Darstel
lungen des jugendlichen Johannes auf Patmos, der zur
Abfassung seines Werkes göttliche Inspiration erfleht.
Hochrelief, die Rückseite ausgehöhlt. Holz, ab gelaugt,
mit Spuren rötlicher Farbe. 82 X 39 cm. Es fehlen die
Finger der rechten und der Zeigefinger der linken Hand
sowie ein Knopf des Mantels. Kleinere Fehlstellen an den
Faltenbergen. Die Nasenspitze ist abgestoßen. Einige
Wurmschäden. — Wien, Sammlung Professor Ferdinand
Schmutzer.
Kärntner Meister um 1510.
Die aus Steiermark stammende Figur befand sich vormals in der 1923
versteigerten Sammlung Zatzka, MVien. Aus der gleichen W^erkstatt,