D ies ist die stolze Aufgabe der Ausstellung, vielleicht der schönsten,
die Wien je gesehen hat; den imponierenden Anteil zu zeigen, den die
Stadt und die beiden Donaugaue, die ursprüngliche Ostmark, an der
größten Epoche der deutschen Kunst besitzen.
Wohl hat eine Reihe von Forschern in den letzten Jahren eingeholt,
was für die anderen Landschaften des Reiches schon seit längerem ge
leistet war. Durch glückliche Entdeckungen und mühsame historische
Arbeit wurde W^erk um Werk, Meister um Meister ans Licht gebracht.
Aber das Bewußtsein um diesen Reichtum ist noch nicht geweckt, seine
Wirkung noch kaum am Anfang. Und sogar den Veranstaltern selbst hat
die Vorbereitung eine Fülle freudiger Überraschungen gebracht.
Die gewaltige Restaurierungsarbeit bildete dafür die entscheidende
Voraussetzung. Sie hat aus Verfall und Entstellung über hundert der
kostbarsten Zeugnisse unserer großen Vergangenheit gerettet und befreit.
Ein beträchtlicher Teil der schweren Unterlassungen des letzten Jahr
zehnts wurde in kaum einem Jahr durch die größte denkmalpflegerische
Aktion, die bisher durchgeführt wurde, wieder gutgemacht.
Die großartige Gelegenheit wurde Anlaß zu dem Versuch, für Meister
werke alter Kunst eine neue Ausstellungsform zu suchen, die unserer Zeit
und unserer Gesinnung entspricht. Dies war das Programm; Der Forscher
hatte die Voraussetzungen für eine solche Schau zu schaffen, aber sie
sollte nicht ihm dienen. Nicht für die Fachgelehrten ist sie in erster Linie
da, sondern für den Kunstsinnigen schlechthin und den Künstler; nicht
an den Verstand wendet sie sich, sondern Empfinden und Liebe für unsere
herrliche Kunstvergangenheit soll sie lebendig machen.
Aus dieser Absicht erklären sich grundsätzliche Neuerungen. Denn seit
der Aufklärungszeit, seit etwa Josef II. im Belvedere die kaiserlichen
Sammlungen öffentlich zugänglich machte, war es stets eine belehrende
Tendenz, die solche Unternehmungen bestimmte. Kein Zufall, daß damals
das Fach der Kunstgeschichte geboren wurde und der Einfluß des Histo
rikers mehr und mehr wuchs bis in unsere Tage.