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600 Trinkservice; zeitgenössische Photographie; „Gegenstände von Krystallglas mit reichem Brillantschliff, nach eig: Zeichnung, die scharf geschliffenen po-
lirten Ornamente im matten fein gestreiften Bande / entworfen von Frl: Marie Ritter“ (WZ VIII, S. 7-9)
600 Drinking Service, Contemporary photograph: “Objects of crystal glass with rieh brilliant cutting ... designed by Miss Marie Ritter" (WZ VIII, pp. 7-9)
Alles, sogar die Butter, an welche ich mich sonst nicht wagen
durfte, gut bekam und selbst die rothe Grütze [schmeckte].
Mit dieser Frau [aber] und selbst mit ihrem Gemahl spielte
sich eigentlich der erregteste Roman meines Lebens ab. Ihr
Vater war gestorben, ohne ein Vermögen zu hinterlassen, sie,
ein etwas schwächliches Mädchen, kam zu einem Onkel, wel
cher sie zur Erzieherin ausbilden ließ, ein Neffe faßte Neigung
zu ihr, sie mochte ihn nicht; da kam ihr jetziger Gemahl, den
sie, um aus den ihr widerwärtig gewordenen Verhältnissen
herauszukommen, heiratete, obwohl sie fühlte, er passe
schwerlich zu ihr oder sie zu ihm. Er war leicht heftig, sie
brauchte zarte, liebevolle Behandlung. Sie war klein, fein,
nicht eigentlich schön, aber lieb; wir verkehrten viel miteinan
der, es bildete sich wie von selbst heraus, daß ich auf unseren
Ausflügen, welche wir zu fünf oder sechsen unternahmen,
meist neben ihr ritt, sie täglich am Arme nach Hause geleitete.
Da fuhr einmal ihr Mann auf einen Tag weg, übergab die Frau
einem Herrn Kunkler aus St. Gallen und mir, wir thaten unsere
Ritterpflicht gemeinsam, dann ging ich noch mit ihr allein in’s
Lesezimmer; da legte sie ihre Finger auf meine Hand; ich
führte sie bald heim, fühlte dabei ihren Arm mehr als sonst,
nahm Abschied vor dem Hause und ging sinnend heimwärts.
Am andern Morgen kam sie allein zum Brunnen, ihr Gemahl
war erst spät Nachts, von Wein und Ärger erregt, nach Hause
gekommen, habe sie mißhandelt, sie habe Niemanden, der ihr
wohlwolle; sie kämpfte, die Thränen zurückzuhalten und
zuckte immer wieder krampfhaft zusammen, mich bittend, ich
möge nicht übel von ihr denken. Ich hatte aufrichtiges Mitge
fühl, volles freundschaftliches Empfinden, aber auch nicht
mehr und wünschte lebhaft, daß es auch andererseits nur da
bei bleibe. Aber die Frau war so erregt, daß ich all’ meinen
Zartsinn aufbringen mußte, um die Worte zu finden, welche
beruhigen, aber nicht verletzen konnten. Ich war selbst nicht
wohl, darum ernst gestimmt und sprach der etwas gemüts
kranken Frau wie ein Seelenfreund zu, um sie aufzurichten
und zu beruhigen, sie versichernd, daß ich ihr freundschafts-
vollst zugethan sei. Wir drei verkehrten weiter in guter Weise,
der Mann sah klar, was bei seiner Frau verging, ersuchte mich,
den Verkehr wie seither fortzusetzen, da er dies für seine Frau
geradezu geboten hielt. Es kam, als wir in unser Winterheim
zurückgekehrt waren, bald zu einem ziemlich regen Brief
wechsel, ich legte in dem Briefe an ihn meinen an seine Frau
[gerichteten]offen bei, sie nahm in gleicher Weise seine Ver
mittlung mir gegenüber in Anspruch. Später erfuhr ich, er habe
immer nur seine Briefe, nie die anderen gelesen - er war gar
stolzen Sinnes!
So ging es fort bis 1871, theils aufgeregt, theils ruhiger. Er
schrieb mir einmal, einer seiner Verwandten habe fremde Gel
der angegriffen, ob ich nicht aushelfen wolle? Ich mochte mich
nicht in solche Sachen hineinziehen lassen und lehnte ab; sie
kam noch einmal in Geldnöthen, ich stand ihr bei; dann
schrieb sie mir, nachdem sie mir wieder einen Theil zurücker
stattet hatte, sie könne den Rest nicht zu dem von ihr ange
zeigten Zeitpunkt, sondern erst bis zu dem und dem [Termin]
senden, worauf ich erwiederte, ich fände es überhaupt Un
recht, daß sie so schreibe, indem es mir nicht beifalle, ihr dies
falls eine Zumuthung zu stellen, was bei unserem freund
schaftlichen Verhältnis doch unrecht wäre; sie möge sich nicht
gedrängt fühlen und an diese Angelegenheit doch nicht so
viele schöne Worte wenden. Warum sie sich verletzt fühlte,
faßte ich wohi nicht; sie sandte noch eine Theiizahlung ohne
einige Begleitworte, ich wartete, fand es aber nicht gebothen,
mehr als den Empfang des Geldes zu bestätigen; der Brief
wechsel war damit versiegt. -
1882 mu ßte ich eines bösen Kartarrhs wegen nach Meran, traf
da auf der Promenade, beiderseits unerwartet, mit dem Ehe
paare [wieder] zusammen. Er war nach dem dänischen Krieg
in deutsche Dienste getreten, hatte sich nach einiger Zeit mit
seinen Vorgesetzten so überworfen, daß er zusammenpackte
und nach Meran übersiedelte, da ein Häuschen kaufte und
von seiner kleinen Rente bescheiden lebte. Wir spazierten
[wohl]oft [öfters]zusammen, ich kam einmal zu ihrem Mittags
tisch, lud sie zu mir zu Gast, die Frau gab sich wieder sehr lieb,
wir blieben den folgenden Winter durch wieder im Briefwech
sel, aber die Wärme des früheren Verkehrs konnte sich doch
nicht mehr finden. Die schrecklichen Wolkenbrüche, welche
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