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Die Angehörigen des Lechthaler Schlages besitzen vorwiegend die Färbung und
die Gestalt der benachbarten Algäuer Race, in den Physiologischen Eigenschaften jedoch arten
sie den Oberinnthalern nach. Sie sind etwas größer und schwerer, auch voller und breiter
geformt all-- diese, haben einen feiner geschnittenen, sowohl im Stirntheile als auch in der
Wangenpartie breiter angelegten Kops und stämmigere Füße, sowie eine breitere Hinter
hand mit tief herabhängendem Enter, das in seiner Milchergiebigkeit hinter jener der
Oberinnthaler Kühe keineswegs zurückbleibt. Auch die Mastfühigkeit dieses Schlages kann
so wenig in Zweifel gezogen werden als seine Eignung zum Zuge, so daß wir hier einen
Rindertypus für mehrseitigen Nutzgebrauch vor uns haben, wie er selten anderswo in
gleicher Güte und Schönheit angetroffen wird.
Dei der Dichtheit und Dürftigkeit der oberinn- und lechthalschen Bevölkerung
ist der Grundbesitz schon seit unvordenklicher Zeit sehr zertheilt. Bauernhöfe mit einem
angemessenen Complex von Feldern und Wiesen, die einen größeren Viehstand zu
ernähren vermöchten, existiren im Oberinn- und Lechthal überhaupt nicht. Die meisten
bäuerlichen Anwesen bestehen aus wenigen Parzellen sogenannter Haus- und Heimgrüude
(Äcker und Wiesen) im Ausmaße von 2 bis 4 Hektar, und wenn es auch namentlich in
den höheren Berg- und Nebenthalgemeindeu Wirtschaften gibt, welche 5 bis 10 Hektar
und mehr an landwirthschastlichem Grundareale besitzen, so sind in demselben die in diesen
Gegenden hauptsächlich vertretenen Galt- oder Hochmahde mit ausgenommen, die gewöhn
lich nur einen geringen Fntterertrag liefern. Waldungen, Hutweiden und Alpen sind in
den angeführten Besitzstandsgrößen nicht inbegriffen, weil dieselben in der Regel nicht
Privat-, sondern Gemeinde-Eigenthum sind und den einzelnen Haus- und Grundbesitzern
nur bestimmte Nutznießungsgerechtsame (Weide- oder Gras-, sowie Streu- und Holz
bezugsrechte) zustehen, denen es übrigens zu verdanken ist, daß im Durchschnitt ein
selbständiger Grundbesitzer doch 4 bis 5 Stück Hornvieh zu halten vermag.
Immerhin trägt infolge der herrschenden kleinlichen Besitz- und Wirthschafts-
verhültnisse der Zuchtbetrieb im ganzen oberinn- und lechthalschen Rayon den Charakter
der sogenannten kleinen Hauszucht des Riudes an sich, der sonst durch örtlich größere Ver
schiedenheiten im Exterieur sowie im Nutzwerthe der gezüchteten Thiere gekennzeichnet zu
sein Pflegt, unter allen Umstünden aber mit den jeweiligen Verhältnissen des Futterwachs
thums und mit den Schwankungen des Absatzes, ferner mit dem Stierhaltungswesen und
anderen Calamitüten zu kämpfen hat.
Hinsicht der Besitzzustünde erscheint das untere Jnngebiet gleichwie das östliche
Pusterthal vortheilhast ausgestattet. Im Unterinnthal kam es auch nicht entfernt zu einer
ähnlichen Bodenzertheilung wie im Oberinn- und Lechthal. Der landwirthschaftlich benütz
bare Grund und Boden ist fast durchgehends bäuerlicher Besitz und innerhalb der dauernd