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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, II. Theil

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I. E inricbtnng. 
nach Auswahl, Anordnung, Eintheilung des Stoffes und methodischer Behand 
lung zu besprechen und in nachfolgenden Stunden werden die Leistungen der 
Prakticanten in allseitiger Weise nach Präparation, Disposition, Methode, Frage 
bildung, Sprache, sachlicher Richtigkeit, Haltung, Disciplin, Erfolg etc. recensirt, 
wobei jeder Fehler gerügt, Beseitigung von Schwierigkeiten gezeigt, Gutes 
lobend hervorgehoben, der gemachte Fortschritt constatirt wird. Der gesammte 
Lehrkörper nimmt daran Theil. Auch gibt die Uebungsschule Gelegenheit, die 
Candidaten in ausserunterrichtlichen Verkehr mit den Schülern zu setzen und 
ihn mit der Organisation, Verwaltung und Leitung einer Schulclasse oder einer 
mehrclassigen Schule nach und nach auf dem Wege der eigenen Erfahrung 
bekannt zu machen. 
Um den Candidaten Wohnung und Verpflegung entweder unentgeltlich 
oder gegen .eine geringe Vergütung zu beschaffen, war in früherer Zeit die 
Errichtung von Lehrer-Convicten überall gestattet, wo die Mittel dazu ohne 
Belastung eines öffentlichen Fondes zusammengebracht werden konnten. Wo 
solche Vorsorge nicht getroffen war, hatten sich die Zöglinge aus eigenen Mit 
teln zu erhalten. Privat-Unterricht war dann der gewöhnliche Weg, sich 
diese Mittel zu beschaffen. Zwar wurden dürftigen und dabei fleissigen und 
begabten Zöglingen gegen Verpflichtung derselben, sich nach Beendigung des 
Curses im Schuldienste verwenden zu lassen, Stipendien gewährt. Doch waren 
diese Stipendien wegen ihrer geringen Anzahl, theilweise auch wegen ihrer 
Niedrigkeit Tropfen auf heisse Steine. Die liebste Vergünstigung war jedem 
Candidaten indess die Hoffnung auf zeitliche Befreiung vom Militärdienste als 
Gehilfe und auf gänzliche Befreiung als definitiv angestellter Lehrer. Trotz der 
Niedrigkeit der Gehalte war diese auf die Wahl des Lehrerberufes gesetzte 
Prämie zugleich ein kräftiges Zugmittel für den Besuch der Präparandien. 
Die Lehrer-Convicte sind zumeist wohl an sich selbst zu Grunde gegan 
gen; die allgemeine Wehrpflicht hat auch den Lehrer mit einbezogen. Doch 
gestattet das Wehrgesetz Lehrern und Lehramts-Candidaten in der Ausübung 
ihrer Wehrpflicht mehrere Begünstigungen: Lehrer können im Falle eines 
Krieges in der zum Unterrichte unentbehrlichen Anzahl über Antrag der be 
treffenden Fachminister mit Bewilligung des Kaisers in ihren Anstellungen 
belassen werden; Lehramts-Candidaten für Volksschulen und Lehrer an den 
selben sind nach ihrer Assentirung zu einer den Unterricht am wenig 
sten störenden Zeit durch acht Wochen militärisch auszubilden, dann zu be 
urlauben und im Frieden nur noch zu den periodischen Waffenübungen beizu 
ziehen. 
Aus der Staatscasse werden an Stipendien im Betrage von je 50 bis 
200 Gulden für Zöglinge der Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten alljähr 
lich viele Tausende aufgewendet; auch einzelne Landtage, Communen und 
Private leisten in dieser Richtung derart Ansehnliches, dass die Lehramts- 
Zöglinge nur in sehr seltenen Fällen genöthiget sind, durch Ertheilung eines
	        
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