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I. E inricbtnng.
nach Auswahl, Anordnung, Eintheilung des Stoffes und methodischer Behand
lung zu besprechen und in nachfolgenden Stunden werden die Leistungen der
Prakticanten in allseitiger Weise nach Präparation, Disposition, Methode, Frage
bildung, Sprache, sachlicher Richtigkeit, Haltung, Disciplin, Erfolg etc. recensirt,
wobei jeder Fehler gerügt, Beseitigung von Schwierigkeiten gezeigt, Gutes
lobend hervorgehoben, der gemachte Fortschritt constatirt wird. Der gesammte
Lehrkörper nimmt daran Theil. Auch gibt die Uebungsschule Gelegenheit, die
Candidaten in ausserunterrichtlichen Verkehr mit den Schülern zu setzen und
ihn mit der Organisation, Verwaltung und Leitung einer Schulclasse oder einer
mehrclassigen Schule nach und nach auf dem Wege der eigenen Erfahrung
bekannt zu machen.
Um den Candidaten Wohnung und Verpflegung entweder unentgeltlich
oder gegen .eine geringe Vergütung zu beschaffen, war in früherer Zeit die
Errichtung von Lehrer-Convicten überall gestattet, wo die Mittel dazu ohne
Belastung eines öffentlichen Fondes zusammengebracht werden konnten. Wo
solche Vorsorge nicht getroffen war, hatten sich die Zöglinge aus eigenen Mit
teln zu erhalten. Privat-Unterricht war dann der gewöhnliche Weg, sich
diese Mittel zu beschaffen. Zwar wurden dürftigen und dabei fleissigen und
begabten Zöglingen gegen Verpflichtung derselben, sich nach Beendigung des
Curses im Schuldienste verwenden zu lassen, Stipendien gewährt. Doch waren
diese Stipendien wegen ihrer geringen Anzahl, theilweise auch wegen ihrer
Niedrigkeit Tropfen auf heisse Steine. Die liebste Vergünstigung war jedem
Candidaten indess die Hoffnung auf zeitliche Befreiung vom Militärdienste als
Gehilfe und auf gänzliche Befreiung als definitiv angestellter Lehrer. Trotz der
Niedrigkeit der Gehalte war diese auf die Wahl des Lehrerberufes gesetzte
Prämie zugleich ein kräftiges Zugmittel für den Besuch der Präparandien.
Die Lehrer-Convicte sind zumeist wohl an sich selbst zu Grunde gegan
gen; die allgemeine Wehrpflicht hat auch den Lehrer mit einbezogen. Doch
gestattet das Wehrgesetz Lehrern und Lehramts-Candidaten in der Ausübung
ihrer Wehrpflicht mehrere Begünstigungen: Lehrer können im Falle eines
Krieges in der zum Unterrichte unentbehrlichen Anzahl über Antrag der be
treffenden Fachminister mit Bewilligung des Kaisers in ihren Anstellungen
belassen werden; Lehramts-Candidaten für Volksschulen und Lehrer an den
selben sind nach ihrer Assentirung zu einer den Unterricht am wenig
sten störenden Zeit durch acht Wochen militärisch auszubilden, dann zu be
urlauben und im Frieden nur noch zu den periodischen Waffenübungen beizu
ziehen.
Aus der Staatscasse werden an Stipendien im Betrage von je 50 bis
200 Gulden für Zöglinge der Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten alljähr
lich viele Tausende aufgewendet; auch einzelne Landtage, Communen und
Private leisten in dieser Richtung derart Ansehnliches, dass die Lehramts-
Zöglinge nur in sehr seltenen Fällen genöthiget sind, durch Ertheilung eines