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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, I. Theil: Geschichte, Organisation und Statistik des österreichischen Unterrichtswesens

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Erfolge der joscphinischen Zeit. 
dass die Ungeheuern Fortschritte deutscher Pädagogik, welche jenen Standpunct 
bereits weit überflügelt hatten, für Oesterreich nicht vorhanden zu sein schienen. 
Ungemein folgenschwer war auch die Verfügung, dass in den Städten 
durchgehends und auf dem Lande überall, wo es nur thunlich erschien, der 
Volksschul-Unterricht nur in deutscher Sprache gegeben werden solle. Seit 
dieser Zeit wurde der Name „deutsche Schulen” für die Volksschulen 
Oesterreichs allgemein üblich, aber auch die Abneigung eines grossen Theils 
der nicht-deutschen Nationalitäten gegen dieselben begründet. 
Was ausserhalb des eigentlichen Unterrichts im Wege der strenge bin 
denden Gesetzgebung geordnet werden konnte, geschah übrigens in vollem Masse. 
Mit Strenge wurde darauf gesehen, dass nur geprüfte Lehrer angestellt 
wurden, und diese Vorschrift namentlich den Gemeinden eingeprägt; derartige 
Lehrer konnten dann auch nur von der politischen Landesbehörde, welche ihre 
Anstellung bestätigte, des Dienstes enthoben werden. 
Von den nützlichen Fertigkeiten sollte vor Allem der Gesang eine 
besondere Berücksichtigung in der Volksschule erfahren, aber auch der 
Unterricht in weiblichen Handarbeiten mit aller Energie betrieben werden. 1 ) 
Die allgemeine Disciplinar-Vorschrift 2 ) des „Normal-Instituts” hatte 
zum Zwecke, die körperliche Züchtigung und das Knieen in der Schule nur für 
äusserste Fälle bei den Schülern der untersten Classen zu gestatten. Als 
Belohnungen und Strafen wurden in der Regel nur öffentliche Auszeichnungen 
und Beschämungen, die Ehren- und Schandplätze, das Einträgen in die Ehren- 
und Schandbücher u. dgl. zugelassen. 
Für die erwachsene Jugend sorgte ein Wiederholungs-Unterricht, 
dessen Abhaltung an jedem Sonn- und Feiertage zu den Obliegenheiten des 
Lehrers gehörte. 
Selbst auf die Schulgebäude erstreckte sich die organisatorische Thätig- 
keit der Gesetzgebung; für Landschul-Gebäude wurden eigene Muster-Risse 
adprobirt und die Vorlegung der Kostenüberschläge nach Wien angeordnet, 
sobald ein öffentlicher Fond bei dem Bau intervenirte. 
Noch war auch auf dem Gebiete des Volksschulwesens Vieles zu thun, als 
Joseph II. zu früh seinem Wirken entrückt wurde (20. Februar 1790). 
Leopold’s H. kurze Regierung und Martinis Einfluss ging für die 
Volksschule fast spurlos vorüber; desto entscheidender war, was Kaiser Franz 
auf Grund der Vorschläge Rotten hann’s verfügte. Rottenhann suchte die Auf 
gabe der Trivialschule darin, „die arbeitenden Volksclassen zu recht herzlich 
guten, lenksamen und geschäftigen Menschen zu machen”; er meinte, mit 
Zurückführung des Landschulwesens in „gehörige” Schranken würde sich auch 
1) In dieser Beziehung stand Böhmen allen anderen Ländern der Monarchie voran; im 
Jahre 1790 bestanden bereits 232 Industrial-Schulen im Lande, deren Arbeits-Protocolle einen 
sehr beträchtlichen Schätzungswerth herausstellten. 
2) In dieser Rücksicht war besonders Gall’s Nachfolger (seit 1789), J. Spendou, thätig.
	        
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