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der Fall ist. Denn von der Pflege dieser Kunstzweige an den beiden An
stalten hängen eine Reihe von Kunstgewerben ab. Die Siegel- und Stam
piglienstecher für alle Arten von Nachdruck, für Buchbinderei, Lederpres
sungen u. s. f. brauchen geschickte Graveure oder Stampiglien, Matrizen
und Bunzen u. s. f., welche mit geschickter Hand geschnitten, ihre Ver
wendung in verschiedenen Branchen von Gewerben finden. Nicht alle
Graveure sind für das eigentliche Kunstfach berufen und geeignet, nur
wenige finden davon eine dauernde Beschäftigung. Bei weitem die grösste
Anzahl würde in den Kunstgewerben Verwendung finden , wenn sie in
hinreichender Anzahl vorhanden sein würden. Es gehört nicht zu den
Lichtseiten unseres kunstgewerblichen Lebens, dass der Bedarf aus Paris
gedeckt werden muss, oder dass Ledergalanteriearbeiter, Buchbinder, ihre
Matrizen wie ihr Leder oft vom Auslande her beziehen müssen. Aus diesen
Gründen wird man es begreifen, dass wir das Auftreten der Graveur-
Akademie des k. k. Hauptmünzamtes, die, auch wegen Verfertigung vor
trefflicher Matrizen für die coursirende Geldmünze in den letzten Jahr-
zehenden des verflossenen Jahrhundertes im deutschen Reiche einen ersten
Rang einnahm, mit aufrichtiger Befriedigung und warmer Freude be-
grüssen.
Mit Bedauern haben wir es gesehen, dass man in den jüngst ver
flossenen Jahrzehenden dieser Anstalt nicht die gehörige Aufmerksamkeit
schenkte. Der bureaukratische Utilitarismus, der die k. k. Porcellanmanu-
factur untergehen liess, nachdem er sie auf falsche Bahnen gelenkt hat,
welcher der Staatsdruckerei, auch auf rein typographischem Boden viel zu
enge Grenzen stellt, dieser Utilitarismus hat auch die einst so blühende
Graveur-Akademie von der Höhe herabgedrückt, auf der sich dieselbe be
fand. Man vergass ganz, dass solche Anstalten erst dann wirklich nützen,
wenn sie, über das Mass des Gewöhnlichen hinaufsteigend, sich so ent
falten können, um verschiedene nahe liegende Gebiete befruchten zu können.
Engherzigkeit ist solchen Anstalten gegenüber eine schlechte Politik,
Sparsamkeit die grösste Verschwendung.
Die Graveur-Akademie beginnt wieder ihr Haupt zu erheben. Die
Darstellung der Münzmanipulation ist in hohem Grade lehrreich, und die
Graveure J. Tautenbayn, Ant. Scharff, A. Neudeck, Fritz Leisek
zeigen sich als vollständig gewachsen der Aufgabe, die sie in ihrer Stel
lung zu erfüllen haben. Einige Wachsbossirungen auf dem schwierigen
Felde figuraler Composition für Medaillen sind geistreich in der Erfindung
und stylvoll in der Durchführung. Dass die Medaillen, welche Herr Carl
Radnitzky, Professor an der Akademie der bildenden Künste, ausstellte,
uns das Bild eines Künstlers geben, der, erfahren in der Kunst zu graviren,
unermüdlich in seiner künstlerischen Thätigkeit ist, bedarf nicht besonders
erwähnt zu werden. Bedauern können wir nur, dass die mancherlei glück
lichen Versuche, ausser den geprägten Medaillen auch Gussmedaillen ein-