Buchdruck.
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Bevor wir die Ausftellung der im Reichsrathe vertretenen Königreiche
und Länder Oefterreichs verlaffen und zu Ungarn übergehen, müffen wir noch
ein einzig in feiner Art daftehendes Ausftellungsobjedt betrachten; es ift diefs
der „Pavillon der Neuen Freien Pr effe“.
In diefemPavillon wurde die „Internationale Ausftellungs-Zeitung“ gefetzt,
ftereotypirt, gedruckt, gefalzt und auch expedirt. Dem Publicum war daher
Gelegenheit geboten, den technifchen Vorgang bei der Herftellung einer grofsen
Zeitung unter den heutigen Verhältniffen kennen zu lernen, und dafs das Publicum
diefe Gelegenheit auch gern ergriff, hat man daraus erfehen können, dafs es
Kopf an Kopf gedrängt die arbeitenden Mafchinen umftand. Diefer Pavillon war
eingetheilt in einen Saal für die Setzer, in die Locale für die Stereotypie und die
grofse „Becker-Reifser-Mafchine“ mit ihren angehängten vier Falzmafchinen,
dann in den Raum für den Walfermotor und eine einfache Siegl’fche Schnell- und
eine Handpreffe, ferner in einige Locale für Redaktion, Expedition und den Chef
der Druckerei. Das Ganze machte einen impofanten Eindruck, befonders durch
die elegante Einrichtung.
Wir haben uns defshalb fo lange in der öfberreichifchen Abtheilung ver
weilt und haben die dort ausgeftellten Erzeugniffe der öfterreichifchen Buch-
druckerprelfe einer eingehenden Betrachtung unterzogen, weil es das erfte Mal
war, dafs man diefelben in einer folch ftattlichen Zahl neben einander ausgeftellt
fand, und weil gerade die Buchdruckerpreffe in Oefterreich noch vor fo kurzer
Zeit, mit fehr wenigen Ausnahmen, einen Standpunkt einnahm, der z. B. in
Deutfchland fchon feit langem zu den überwundenen zählte. Sagte doch Gersdorf’s
Repertorium noch im Jahre 1857 bei der Befprechung des bei Braumüller in
Wien erfchienenen Werkes „Kennft Du das Land?“ von Sebaftian
Brunner, „dafs diefs das erfte fchön gedruckte Buch fei, das aus Oefter
reich komme“. Wenn man nun die im Hofe 13« ausgeftellten Gegenftände von
Oefterreich’s Buchdruckern und Buchhändlern betrachtete, und fich in Gedanken
um kaum ein Menfchenalter zurückverfetzte, fo mufste fich Auge und Herz
erfreuen an dem gewaltigen Umfchwunge, der da ftattgefunden hatte. Wenn wir
alfo die öfterreichifchen Erzeugniffe ausführlicher und mehr im Einzelnen behan
delt haben, als die anderer Länder, z. B. Deutfchlands, fo gefchah diefs nicht, um
aus falfch ’verftandenem Patriotismus die deutfchen und anderen Erzeugniffe in
den Hintergrund zu fchieben, was auch an und für fich ein Ding der Unmöglich
keit wäre. Die Produkte der deutfchen, franzöfifchen und englifchen Preffe
geniefsen fch-on feit langen Jahren mit vollem Rechte einen guten und grofsen
Ruf, den wir felber neidlos anerkennen und hochfehätzen. Wir haben durch
unfere Darftellung einzig und allein den grofsen Fortfehritt zu conftatiren gefucht,
den die öfterreichifche Buchdruckerpreffe in dem verhältnifsmäfsig kurzen Zeit
räume von 25 Jahren gemacht hat. Dafs es aber in Oefterreich auch noch Kunft-
tempel gibt, die keinen Fortfehritt aufweifen, das haben wir bei der Ausftellung
von A. Trafsler in Troppau mit tiefem Bedauern gefehen.
Wer wird es aber läugnen wollen, dafs die hervorragende Stellung, welche
die öfterreichifche Buchdruckerpreffe jetzt einnimmt, hauptfächlich dem Wirken
Auer’s und feinem raftlofen Schaffen in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu
verdanken ift? .
In der That, wenn wir überfchauen, welchen weiten Weg mit energifchem
Fortfehritt die öfterreichifche Typographie zurückgelegt hat, dann kommt man
erft recht zur Ueberzeugung, dafs es auch nicht um einen Kreuzer fchade ift, der
für die k. k. Hof- und Staatsdruckerei je verausgabt wurde. Wenn auch nicht
eine jede von den grofsen Unternehmungen einer Staatsdruckerei den Nutzep
fofort klingend in die Caffe abwirft, ja wenn in einem oder dem anderen Falle
fogar mit Verluft mufs abgefchloffen werden, ift der Nachtheil, ift der Entgang
wirklich fo bedeutend, als er in Ziffern fich ausdrücken läfst? Wir glauben nicht.