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Volltext: Holz-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 18

I. Die Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc. 385 
Intarsia in Palmbolzgrund ausgezeichneten Schrankmöbel zu Grunde 
gelegt, das durch kleinere Maasse den „Cabinetten“ sich näherte. Da 
bei war aber ein wesentliches Glied ausser Acht gelassen: es fehlten 
die Füsse, welche die Sockelplatte über den Boden erheben. Dieser auf 
fällige Mangel im Aufbau eines so hervorragenden Möbels veranlasste 
uns, viele der wichtigeren Möbel auf ihre Besonderheiten in dieser 
Hinsicht zu vergleichen. Wir fanden, dass die Franzosen ihre Schrank 
möbel niemals ohne sorgfältig durchgebildete und in ein gefälliges 
Verhältniss zur Grösse des Möbels gebrachte Füsse lassen. Ausnahmen, 
wo das Möbel mit einer Sockelplatte fest am Boden haftete, sahen wir 
nur dort, wo eine bedeutende Grösse und Schwere des Möbels diesem 
ohnehin den Anschein eines Unbeweglichen gaben, mit dem die. Vor 
stellung der Bewegbarkeit, wie sie uns durch die Füsse vermittelt 
wird, übel stimmen würde (Beispiel: Credenz von Gueret fr eres). 
Es verdient hervorgehoben zu werden, dass diese von richtigem tekto 
nischen Gefühl zeugende Rücksicht in der englischen Abtheilung häufig 
vermisst wurde, z. B. an den von Jackson & Graham ausgestellten 
und von Lormier und Owen Jones entworfenen Prachtschränken, die 
beide mit schwerer, wenig gegliederter Platte am Roden hafteten, als 
ständen sie in demselben festgemauert. Hier mochte vielleicht die ver- 
hältnissmässig grosse Schwere’ der Möbel noch einen halbwegs triftigen 
Grund abgeben, auffälliger war jedenfalls die Gleichgültigkeit, mit der 
wir die Möbelfüsse in der deutschen Abtheilung behandelt sahen: bei 
kleinen und mittleren Schränken fehlten hier die Füsse in der Regel, 
während Credenzen von grössten Maassen damit versehen waren. Auch 
die österreichische Abtheilung nahm hierin keinen Vorrang vor der 
deutschen ein. 
Abgesehen von der französischen und englischen Ahtheilung waren 
Schrankmöbel des beschriebenen Schemas nur ganz vereinzelt ausgestellt, 
in der dänischen Abtheilung vonj. G. Lund, in der österreichischen von 
Franz Michel. Die Schrankform, bei der auch der untere Theil 
zum Schrank geworden, war dagegen in den östlichen Galerien die 
häufigere. Als die in der Natur der Sache liegende Form erschien sie 
auch sonst, wo immer die Grösse des Oberschrankes seiner Erhöhung 
auf Stützen hinderlich gewesen wäre, z. B. bei den obenerwähnten 
Prachtschränken von Jackson & Graham. Als charakteristisch 
ist hier wieder hervorzuheben, dass fast allen auf einige Eleganz An 
spruch erhebenden grösseren Schrankmöbeln ein dreigetheiltes Schema 
zu Grunde lag, bei welchem der mittlere Schrank durch Vortreten 
gegen die Seitenschränke und durch reichere Bekrönung ausgezeichnet 
wird, auch häufig durch Glasscheiben seinen Inhalt den Blicken zeigt, 
während die kleineren Seitenschränke geschlossen bleiben, um dem 
Obertheil hinreichenden Körper zu geben. Auch für die niedrigen 
Salonschränke war die Dreitheilung Regel (ein solcher aus ebonisirtem 
Wiener Weltausstellung. III. 2. 25
	        
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