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Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

Reflexionen. 
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Die Türkei zählte ihre Aussteller in einigen Branchen nach Hun 
derten, so dass es der Jury unmöglich war, in eine Beurtheilung des 
Einzelnen einzutreten. Persien, Indien, China und Egypten zeigten 
uns, dass sich ihre altberühmte industrielle Kunstfertigkeit ungeschwächt 
erhalten habe und in vielen Zweigen auch heute noch dem Abendlande 
überlegen sei. Japan, welches erst vor zwei Jahrzehnten mit Waffenge 
walt gezwungen werden musste, mit andern Nationen in Verkehr zu 
treten, hatte sich mit aller Kraft zum Wettkampfe eingefunden und setzte 
die gesammten abendländischen Industriellen mit seinen Erzeugnissen in 
Staunen. 
Wir hören oft auch sehr intelligente Leute sagen: «Die Welt- 
Ausstellungen nützen nichts, ich habe noch keinen directen Vortheil da 
von gehabt.» Es ist allerdings wahr, der Einzelne verschwindet unter 
der Menge, weil der menschliche Geist zu schwach ist, um das grossar 
tige Bild detaillirt aus einander zu halten, allein wer könnte den hohen 
culturhistorischen Werth derselben verneinen? Sind sie nicht ein äus- 
serst wichtiger Massstab, um die Fortschritte der Civilisation zu messen? 
Wer kann alle Gonsequenzen voraussehen? Entwickeln sie nicht das 
Bewusstsein, dass alle Nationen ein grosses Ganzes bilden, viel kräftiger 
und schneller als Tausende von Büchern? Datirt sich nicht von der 
ersten Weltausstellung her tlieils die Aufhebung, theils die Herabsetzung 
der Zollschranken, welche die einzelnen Länder wie eine abschliessende 
Mauer um sich gezogen hatten? Haben sie nicht besonders dazu ge 
dient, die Erfindungen der Mechanik zum Gemeingut zu machen, die 
verschiedenen europäischen Industrien aus einem schläfrigen Zustande 
aufzuwecken? Werden sie für die grossen Völker des Ostens ohne Ein 
fluss sein? Bemerken wir nicht unter ihnen schon ein gewaltiges Gäh- 
ren, ein rasches Abstreifen tausendjähriger Vorurtheile? Was bedeutet 
die massenhafte Auswanderung der Chinesen nach Nordamerica? Stim 
men nicht alle Berichte darin überein, dass sie den weissen Arbeiter an 
Fleiss, Sparsamkeit und Massigkeit weit übertreffen? Was bedeuten die 
grossartigen Reformen in Japan und dessen energische Bestrebungen, 
sich in kürzester Zeit alle Erfindungen des Abendlandes zum Eigenthum 
zu machen? Was bedeutet das Verlangen der Hindoos nach europäischer 
Bildung? Was bedeutet die Reise des Schah von Persien nach Europa? 
Werden diese Völker für immer ruhig zusehen wie Europa bei ihnen 
die Rohproducte holt und dann verarbeitet wieder zurückbringt? Gibt 
ihnen nicht die Ausstellung in Wien ein klares Bewusstsein, dass ihnen 
gar keine effectiven Hindernisse im Wege stehen, dass ihnen blos euro 
päische Maschinen fehlen, um diese Producte ebenso billig zu verarbei 
ten wie Europa? Ist es ganz undenkbar, dass wir in der asiatischen 
Industrie in wenigen Jahrzehnten einen formidablen Concurrenten für 
den Absatz unserer Fabrikate in den, den indischen und stillen Ocean 
begrenzenden Ländern finden könnten? Haben sie nicht durch Erspar-
	        
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