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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

Amerikanischer Küchenschrank, offen und geschlossen, praktisch und zweckmäßig gebaut. 
DAS SPEISEZIMMER IM AMERIKANISCHEN 
WOHNHAUSE. (Siehe Seite 87—89.) 
AMERIKANISCHE KÜCHENMÖBEL (siehe obige Bilder). 
D ie Grundsätze, die im Bau und in der Einrichtung des 
amerikanischen Hauses gelten, sind der Niederschlag 
einer ziemlich entwickelten Volkskultur, die das NOT' 
WENDIGE VOLLKOMMEN zu erfüllen trachtet. Der 
Amerikaner hat ein gutes Wort dafür: KOMFORT, das ist 
Behagen. Dieser Komfort, der strenge Sachlichkeit, Gediegen' 
heit und Behaglichkeit in einem ist, gehört zu den Selbst' 
Verständlichkeiten seines Lebens. Es ist nicht Sache der 
Reichen, es ist jedermanns Sache. Ob es sich um das Speise' 
zimmer eines Arbeiterhauses oder eines vornehmen Land' 
hauses handelt, ist einerlei; die praktische auf Komfort 
gerichtete Gesinnung ist in beiden Fällen am Werk. Das 
Speisezimmer hat einer bestimmten Funktion zu dienen, 
darum wird sich in der Ausstattung desselben kein Element 
finden, das nicht zur Sache gehörte und störend empfunden 
werden könnte. Außer den absolut notwendigen EinrichtungS' 
stücken wird sich dort kein Möbel vorfinden. Selbst Bild' 
werke sind dort überflüssig; wenn die Wände gut gegliedert 
und zweckmäßig ausgenützt, der Raum koloristisch angenehm 
ist, kann dort kein Verlangen nach Bildern bestehen. Die 
Glanzlichter von Kristallglas, Silberzeug und Metallgeräten 
an den Buffets, Gesimsen und am Kamin sind der beste und 
natürlichste Schmuck eines Speisezimmers. Ein gut angelegtes 
Haus beruht auf dem Grundgedanken, das Leben so leicht 
und behaglich zu machen als möglich. Es gilt daher als selbst' 
verständlich, daß das Speisezimmer eine gute Verbindung 
mit der Küche habe. Um Zeit und Arbeit zu sparen, ist der 
Geschirr schrank häufig in die Mauer eingebaut, mit Türen 
nach beiden Seiten, damit die Geschirre auch von rückwärts, 
wo sich die Küche befindet, nach dem Waschen in den Schrank 
eingestellt werden können, ohne das Speisezimmer betreten 
zu müssen. Zur Schönheit des Speiseraums gehört ein gut 
angelegtes Fenster und ein schöner Ausblick, eine Fülle von 
Licht und guter Luft. Nirgends mehr als in diesem Raum ist 
die Sichtbarkeit der Struktur notwendiger. Die ganze dekorative 
Eigenschaft des Zimmers hängt davon ab. Gutangelegte, breite 
Fenster, eingebaute Buffets, Schränke, Vitrinen, Fensterbänke 
und Fenstersitze und vor allem ein weiter, anheimelnder 
Feuerplatz bilden das unerschöpfliche Um und Auf eines 
wirklich schönen Speisezimmers. Einige Beispiele der wich' 
tigsten Strukturen sind in diesen Illustrationen geliefert. 
Der Amerikaner liebt es, sein Speisezimmer mit einer offenen 
Terrasse verbunden zu haben, um bei guter Jahreszeit halb im 
Freien zu essen. Die Terrasse ist in diesem Falle eingebaut, 
im Winter verglast und als Frühstückzimmer verwendet. In den 
einfachen Landhäusern sind, wie in den Arbeiterheimen, Küche 
und Speisezimmer zu einem einzigen Raum vereinigt, was den 
ältesten angelsächsischen Hausbauüberlieferungen nahekommt. 
Der Herd ist wieder Mittelpunkt des Hauses. Es ist nicht zu 
zweifeln, daß ein solcher Raum alle Gemütlichkeit besitzt, die 
zu erdenken ist. Dazu gehört allerdings die Einrichtung einer 
eigenen Spülküche, die hierzulande ziemlich unbekannt ist. 
Die Art der amerikanischen Küchenmöbel, Konstruktion 
und Zweckmäßigkeit, die es zu einem wohldurchdachten 
organischen Gebilde machen, ersehe man aus obigen Bildern. 
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