Gartenstädte nennt man das Ergebnis solcher Wandlungen
und mit diesen neuen Gründungen erweitert sich die Arbeit
des Gartenkünstlers zu einer heiligen Aufgabe. Nicht ohne Sinn
hat das Volk das Wort „Garten“ vor das Wort „Stadt“ gesetzt
und dann, zusammengefügt, einen neuen Begriff bezeichnet.
Schon hat sich das einfache Haus aus unserer Zeit charakte
ristisch entwickelt! Aus unserer Zeit heraus wird sich auch
der neue Garten entwickeln, der zu dem festen Kern des
Hauses in Harmonie und Einklang steht. Ruhe und Einheit
wird dann in allen Dingen liegen, die Haus und Garten er
bauen. Das widerwärtige Schema, das wie ein unglückseliger
Alp auf allem Schaffen liegt, es wird an den einfachen Holz
pfählen eines heimischen Hausgartens zerschellen und neuem
Empfinden, neuen Ideen den Weg freigeben müssen.
Das Licht, das farbige Wunder, wird uns durch seinen Zauber
die Einheit und Ruhe bringen, wonach eine Volkssehnsucht
verlangt. Und mit dem Lichte, mit den Farben zieht das
Märchen wieder in unseren Garten, in unser Heim.
So werden wir gerecht, einem Empfinden unserer Zeit ent
sprechenden Ausdruck zu verleihen. Die nächste Zukunft
gehört dem Gartenkünstler, aber nur jenem Künstler, der
frei von überliefertem Wissen aus eigenem seelischen Besitz
heraus neue Werte zu prägen versteht, neue Werte, die im
Gleichklang stehen zu einer unaufhaltsam sich entwickelnden
ZEITKUNST.
Nicht Namen, sondern Taten, nicht Begriffe, sondern Wirk
lichkeit verlangt eine solche Entwickelung. Nicht umfassende
Kenntnis von Namen und Begriffen, nicht praktisches Wissen
wird dabei vorwärtshelfen, sondern jenes große Gut, das in
uns allen mehr oder weniger lebendig wirkt — die Phantasie,
die Empfindung.
An diese Göttergabe in jedem einzelnen appelliere ich mit
meinen Worten und mit meiner Arbeit und glücklich wäre
ich, mit dieser einen weiteren aufbauenden Stein in das
Denkmal gefügt zu haben, das von unserem Schaffen, von
unserem Willen später Kunde geben soll.
L.: ANSICHTEN.
NATURALISMUS UND STIL.
DER UNTERSCHIED: Der Naturalismus verbirgt den Stil,
der Stil verbirgt den Naturalismus. Hier ist kein Gegensatz,
sondern Entwicklung. Eines ist die Konsequenz des andern.
DAS GESETZ DER NATÜRLICHEN FORM: Es ist für
den Naturalismus durchaus verbindlich. Es liegt auch dem
Stil zu gründe. Die Studien der Stilisten sind erfüllt von
fanatischem Naturalismus. Der Stil enthält diesen und noch
etwas mehr: er entwickelt aus der NATÜRLICHEN Form
das höhere Gesetz der ORGANISCHEN Form.
DAS GESETZ DER ORGANISCHEN FORM: Die Kraft
und Wärme des Empfindens, das intuitive Schaffen des
Künstlers macht das Unwirkliche wahr. „Dichterkünste“
nennt es Goethe. Man macht es den Stilisten zum Vorwurf,
daß ihr Schaffen nicht die Wirklichkeit enthalte. Aber enthält
denn der Naturalismus die Wirklichkeit? Das Schaffen des
Künstlers bildet nicht die Wirklichkeit nach. In schön ge
malte Äpfel, und seien sie noch so täuschend, kann man
nicht beißen. „Das Ding an sich“ kümmert den Künstler
nicht, er hat es nur mit seinen Impressionen zu tun. Sein
Schaffen wird erst dann künstlerisch interessant, wenn es der
Wirklichkeit bewußt entgegengesetzt ist. Sein Streben wird
auf alles andere gerichtet sein denn auf die Nachahmung
der Natur, weil er weiß, daß er sie nicht nachahmen kann.
Wie sehr die Schönheit des Waldes in den verschiedenen
Zuständen des Tages, wie etwa bei Sonnenuntergang, ergreift,
der Künstler hat keine Möglichkeit, ihn darzustellen, wie er
wirklich ist, mit der verwirrenden Fülle von Stämmen,
Lichtern, Schattierungen, Ästen, Zweigen, Blüten, Früchten
und Blättern in mannigfaltigster Stellung und Verschlungen-
heit. Vor diesem Reichtum an Details steht der Künstler
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