MAK

Volltext: Aus der Wagnerschule 1898

Fig, 7. Studie über die Wienbrücke bei der Haltestelle Hietzing der Stadtbahn. Vom Architekten R. Krieghammer. 
radicalere 
im wesentlichen den Plan und machte neue Vorschläge für eine 
Lösung des Durchzuges Laurenzerberg—Akademiestraße, sowie für die Führung 
einer Straße von der Liebenberggasse zum Stefansplatze. Aber trotz aller dieser 
Vorarbeiten ist der Plan noch nicht in seiner Gesammtheit genehmigt, und zwar 
aus dem Grunde, weil ein Expropriationsgesetz für Wien heute noch nicht erlassen 
und ein Regulierungsfond noch nicht gegründet wurde. So zögert denn die Ge 
meinde, obschon die Schaffung von Präjudicien stets gefährlicher wird, noch 
immer mit der Regulierung der Altstadt, also mit jener Arbeit, die zu den 
glänzendsten Thaten anderer Großstädte zählt. 
Wir bringen auf Tafel I eine Studie über eine neue Verbindung der 
Singerstraße mit dem Stefansplatze. Sie bezweckt die Herstellung eines 
kleinen Verkehrsplatzes als Entlastung des Stefansplatzes, sowie die Schaffung 
eines Durchblickes auf den Stefansthurm. Mag auch die moderne Lieblingsidee 
derartiger »Durchblicke« in ihrer künstlerischen Bedeutung heute vielleicht über 
schätzt werden, wie denn überhaupt eine gewisse trockene Gründlichkeit, welche 
sich nicht gerne mit einem halben Anblick des ins Auge gefassten Kunstobjectes 
begnügt, sondern — nicht immer zum Vortheile - noch ein Cbriges dazu, wo 
möglich gleich das Ganze sehen möchte, den wesentlichen Zug unserer Zeit aus 
macht; zugegeben muss werden, dass das vorliegende Beispiel eines solchen 
Durchblickes ein glücklich gewähltes ist, das dem vielbesprochenen und auch 
verwirklichten freien Anblick des Stefansthurmes vom Graben aus hundertmal 
vorzuziehen ist. 
Die Tafeln II, III und IV zeigen Studien über die Regulierung des Platzes 
vor der Karlskirche. Sie lehnen sich an das Concurrenzproject der Brüder 
Mayreder vom Jahre 1893 an, wonach der eingewölbte Wienfluss und die mit ihm 
gekuppelte Stadtbahn knapp an die Lothringerstraße gerückt erscheinen. Dem 
von der jetzigen Gemeindeverwaltung genehmigten Projecte (siehe iafelll) gieng 
das vorstehende, von der provisorischen Verwaltung im Jahre 1895 genehmigte 
Project (siehe Fig. 4) voraus. Die Verbauung des Blickes auf die Karlskirche 
durch die Canovagasse, sowie die Führung der Lastenstraße stadtseitig des Bahn 
einschnittes erregten aber manches Bedenken, so dass der »Architekten-Club« 
der Wiener Künstlergenossenschaft und später die von der Gemeinde einberufene 
Enquéte neue Vorschläge erbrachten (siehe Fig. 2 und 3). Das Resultat längerer 
Verhandlungen war die endliche Genehmigung des auf lafel II dargestellten 
Planes, wonach einerseits der Erhaltung des Blickes durch die Canovagasse 
Rechnung getragen erscheint, anderseits die Führung der Lastenstraße oberhalb 
der Wieneinwölbung beibehalten blieb, letzteres hauptsächlich mit Rücksicht auf 
die dadurch ermöglichte Vergrößerung und Geschlossenheit der Parkanlagen vor 
der Technischen Hochschule. Unentschieden blieb bloß die Anlage der projec- 
tierten Markthalle an Stelle des Naschmarktes. 
Die Tafeln III und IV zeigen uns perspectivische Ansichten dieses 
Planes. Zu bemerken ist hierzu, dass auf Tafel III der den Blick durch die Canova 
gasse behindernde Baublock, welcher das Pendant zur Technik bilden sollte, noch 
beibehalten, auf Tafel IV aber bereits weggelassen erscheint. Auch ist in beiden 
Perspectiven der auf die Technik gesetzte Aufbau nach dem Projecte des Professors 
Mayreder dargestellt, also mit einer nur halb so hohen Attica, als diese nach 
träglich leider ausgeführt wurde. Die architektonische Lösung des Platzes vor 
der Karlskirche im allgemeinen anlangend (Tafel IV), muss gerechterweise an 
erkannt werden, dass sie — bei nun einmal gegebenen Verhältnissen, d. h. unter 
der Voraussetzung, dass die auf diesem Platze mündenden Gassen (Allee- und 
Karlsgasse) unangetastet bleiben müssen — eine relativ glückliche ist. Daran 
hat auch die vor kurzem erfolgte Preisbewerbung, der die gleiche Voraus 
setzung zugrunde lag, nichts geändert. Freilich, um eine völlig befriedigende 
Ausgestaltung des Karlsplatzes zu erzielen, müsste vorerst seine Geschlossen 
heit erreicht werden; und dies ist nur durch Ausschaltung der Gassenmündungen 
oder (wenn diese aus anderen Gründen nicht durchführbar wäre) wenigstens 
durch Übeibrückung derselben zu ermöglichen. Triumphbogenartig ausgebildete 
Durchlässe für den Personen- und Wagenverkehr müssten die einzelnen Gebäude 
blöcke verbinden und durch eine einheitliche Architektur das gesammte 
Coulissenwerk des Platzes sozusagen zu einem geschlossenen Rahmen der 
Kirche ausgestaftet werden. Heute zerreißen die brutalen Gassenmündungen 
erbarmungslos das architektonische Bild, und in Hinkunft dürfte es — diese 
Seite des Problems anlangend —• auch nicht anders werden. 
Die eben erwähnte Preisbewerbung wurde vor kurzem von der Gemeinde Wien 
zur Gewinnung von Fagadentypen für die, die Kirche umgebenden Gebäude aus 
geschrieben, wobei auch Abänderungsvorschläge bezüglich der Kirchenterrasse und 
der Gartenanlage erbracht werden konnten (siehe »Zeitschrift des Österreichischen 
Ingenieur- und Architekten -Vereines < 1899, Nummer 6 und 9). Thatsächlich wurden 
solche Abänderungsvorschläge erbracht; so unter anderem in dem erstprämiierten 
Projecte des Architekten Fabiani der Vorschlag, die Kirchenterrasse mit Rücksicht 
auf die geringen Niveaudifferenzen wegzulassen und als Ersatz für dieselbe der 
Kirche einen breiten Stufenbau vorzulagern; im .zweitprämiierten Projecte des 
Baurathes v. Neumann der Vorschlag, die zur Kirche führende Straße wesent 
lich zu verbreitern. Beide Vorschläge hat Professor Mayreder in seine Anträge 
aufgenommen. Gleichzeitig unterzog er seinen Plan einer Umarbeitung mit Rück 
sicht auf die Geleiseanlagen der über den Platz zu führenden elektrischen 
Straßenbahn, welche in der Nähe der Stadtbahnhaltestellen eine große Halte 
stelle mit beiderseitigen Perrons bekommen soll. Auch dürfte sich seinerzeit die 
Nothwendigkeit ergeben, von dieser Haltestelle einen Rampenschlitz nach einer 
Unterpflasterbahn abzweigen zu lassen, welche die Stadt nach der Linie: Kärntner-
	        
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