Fig, 7. Studie über die Wienbrücke bei der Haltestelle Hietzing der Stadtbahn. Vom Architekten R. Krieghammer.
radicalere
im wesentlichen den Plan und machte neue Vorschläge für eine
Lösung des Durchzuges Laurenzerberg—Akademiestraße, sowie für die Führung
einer Straße von der Liebenberggasse zum Stefansplatze. Aber trotz aller dieser
Vorarbeiten ist der Plan noch nicht in seiner Gesammtheit genehmigt, und zwar
aus dem Grunde, weil ein Expropriationsgesetz für Wien heute noch nicht erlassen
und ein Regulierungsfond noch nicht gegründet wurde. So zögert denn die Ge
meinde, obschon die Schaffung von Präjudicien stets gefährlicher wird, noch
immer mit der Regulierung der Altstadt, also mit jener Arbeit, die zu den
glänzendsten Thaten anderer Großstädte zählt.
Wir bringen auf Tafel I eine Studie über eine neue Verbindung der
Singerstraße mit dem Stefansplatze. Sie bezweckt die Herstellung eines
kleinen Verkehrsplatzes als Entlastung des Stefansplatzes, sowie die Schaffung
eines Durchblickes auf den Stefansthurm. Mag auch die moderne Lieblingsidee
derartiger »Durchblicke« in ihrer künstlerischen Bedeutung heute vielleicht über
schätzt werden, wie denn überhaupt eine gewisse trockene Gründlichkeit, welche
sich nicht gerne mit einem halben Anblick des ins Auge gefassten Kunstobjectes
begnügt, sondern — nicht immer zum Vortheile - noch ein Cbriges dazu, wo
möglich gleich das Ganze sehen möchte, den wesentlichen Zug unserer Zeit aus
macht; zugegeben muss werden, dass das vorliegende Beispiel eines solchen
Durchblickes ein glücklich gewähltes ist, das dem vielbesprochenen und auch
verwirklichten freien Anblick des Stefansthurmes vom Graben aus hundertmal
vorzuziehen ist.
Die Tafeln II, III und IV zeigen Studien über die Regulierung des Platzes
vor der Karlskirche. Sie lehnen sich an das Concurrenzproject der Brüder
Mayreder vom Jahre 1893 an, wonach der eingewölbte Wienfluss und die mit ihm
gekuppelte Stadtbahn knapp an die Lothringerstraße gerückt erscheinen. Dem
von der jetzigen Gemeindeverwaltung genehmigten Projecte (siehe iafelll) gieng
das vorstehende, von der provisorischen Verwaltung im Jahre 1895 genehmigte
Project (siehe Fig. 4) voraus. Die Verbauung des Blickes auf die Karlskirche
durch die Canovagasse, sowie die Führung der Lastenstraße stadtseitig des Bahn
einschnittes erregten aber manches Bedenken, so dass der »Architekten-Club«
der Wiener Künstlergenossenschaft und später die von der Gemeinde einberufene
Enquéte neue Vorschläge erbrachten (siehe Fig. 2 und 3). Das Resultat längerer
Verhandlungen war die endliche Genehmigung des auf lafel II dargestellten
Planes, wonach einerseits der Erhaltung des Blickes durch die Canovagasse
Rechnung getragen erscheint, anderseits die Führung der Lastenstraße oberhalb
der Wieneinwölbung beibehalten blieb, letzteres hauptsächlich mit Rücksicht auf
die dadurch ermöglichte Vergrößerung und Geschlossenheit der Parkanlagen vor
der Technischen Hochschule. Unentschieden blieb bloß die Anlage der projec-
tierten Markthalle an Stelle des Naschmarktes.
Die Tafeln III und IV zeigen uns perspectivische Ansichten dieses
Planes. Zu bemerken ist hierzu, dass auf Tafel III der den Blick durch die Canova
gasse behindernde Baublock, welcher das Pendant zur Technik bilden sollte, noch
beibehalten, auf Tafel IV aber bereits weggelassen erscheint. Auch ist in beiden
Perspectiven der auf die Technik gesetzte Aufbau nach dem Projecte des Professors
Mayreder dargestellt, also mit einer nur halb so hohen Attica, als diese nach
träglich leider ausgeführt wurde. Die architektonische Lösung des Platzes vor
der Karlskirche im allgemeinen anlangend (Tafel IV), muss gerechterweise an
erkannt werden, dass sie — bei nun einmal gegebenen Verhältnissen, d. h. unter
der Voraussetzung, dass die auf diesem Platze mündenden Gassen (Allee- und
Karlsgasse) unangetastet bleiben müssen — eine relativ glückliche ist. Daran
hat auch die vor kurzem erfolgte Preisbewerbung, der die gleiche Voraus
setzung zugrunde lag, nichts geändert. Freilich, um eine völlig befriedigende
Ausgestaltung des Karlsplatzes zu erzielen, müsste vorerst seine Geschlossen
heit erreicht werden; und dies ist nur durch Ausschaltung der Gassenmündungen
oder (wenn diese aus anderen Gründen nicht durchführbar wäre) wenigstens
durch Übeibrückung derselben zu ermöglichen. Triumphbogenartig ausgebildete
Durchlässe für den Personen- und Wagenverkehr müssten die einzelnen Gebäude
blöcke verbinden und durch eine einheitliche Architektur das gesammte
Coulissenwerk des Platzes sozusagen zu einem geschlossenen Rahmen der
Kirche ausgestaftet werden. Heute zerreißen die brutalen Gassenmündungen
erbarmungslos das architektonische Bild, und in Hinkunft dürfte es — diese
Seite des Problems anlangend —• auch nicht anders werden.
Die eben erwähnte Preisbewerbung wurde vor kurzem von der Gemeinde Wien
zur Gewinnung von Fagadentypen für die, die Kirche umgebenden Gebäude aus
geschrieben, wobei auch Abänderungsvorschläge bezüglich der Kirchenterrasse und
der Gartenanlage erbracht werden konnten (siehe »Zeitschrift des Österreichischen
Ingenieur- und Architekten -Vereines < 1899, Nummer 6 und 9). Thatsächlich wurden
solche Abänderungsvorschläge erbracht; so unter anderem in dem erstprämiierten
Projecte des Architekten Fabiani der Vorschlag, die Kirchenterrasse mit Rücksicht
auf die geringen Niveaudifferenzen wegzulassen und als Ersatz für dieselbe der
Kirche einen breiten Stufenbau vorzulagern; im .zweitprämiierten Projecte des
Baurathes v. Neumann der Vorschlag, die zur Kirche führende Straße wesent
lich zu verbreitern. Beide Vorschläge hat Professor Mayreder in seine Anträge
aufgenommen. Gleichzeitig unterzog er seinen Plan einer Umarbeitung mit Rück
sicht auf die Geleiseanlagen der über den Platz zu führenden elektrischen
Straßenbahn, welche in der Nähe der Stadtbahnhaltestellen eine große Halte
stelle mit beiderseitigen Perrons bekommen soll. Auch dürfte sich seinerzeit die
Nothwendigkeit ergeben, von dieser Haltestelle einen Rampenschlitz nach einer
Unterpflasterbahn abzweigen zu lassen, welche die Stadt nach der Linie: Kärntner-