Nr. 23
Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g.
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liehen »g r o 1.1 e n« Staatssiegel. Es kommen allerdings
davon abweichende Formen auch schon in recht früher
Zeit vor, dann deutet aber doch wenigstens eine Wert
angabe auf den Zweck. v
Daß es sich nicht um kaufmännische Stempelpapiere,
■sondern um behördlich zu verwendende Papiere handelt,
ergibt die weitere Betrachtung. Das kleine Blatt hat das
Wappen in schwärzlicher Farbe, daneben außerdem noch
vorgedruckt, aber schwer leserlich, eine Uebcrschrift, die
etwa bedeuten konnte: »Del N. N. Antonio Prioli de
Alvisc — Capitan estraordiriario delle Galeazze.« Das
heißt: »Von N. N. Antonio Prioli de Alvise, außerordent
lichem Kapitän der großen Galeeren (Ruderschiffe).« Also
Name und Titel eines Schiffskapitäns, wobei das »außer
ordentlich« ebenso aufzufassen sein wird, wie bei einem
Professor e x t r a Ordinarius; e s t r a ordinario ist die
Uebergangsform zu dem jetzt gebräuchlichen stra-
ordinario. Darunter und auch auf der anderen Seite
stehen handschriftliche Angaben mit Namen und Zahlen,
schwer zu entziffern, für uns aber auch gleichgiltig.
Fig. 16. Haunold, Leiten am Inn.
Das große Blatt hat das Wappen rot aufgedruckt
und in gleicher Farbe nahe der rechten Ecke die
Zahl »25«, es war offenbar das 25. Blatt eines Buches,
das für offizielle Eintragungen bestimmt war, und da es
sonst leer ist, oben aber die handschriftliche Bemerkung
»o r o 1 o g i o solare« (Sonnenuhr) trägt, so ist es doch
höchst wahrscheinlich, daß das Blatt aus einem »L o g-
buche« herstammt, dem offiziellen Schiffstagebuche, in
das die Bewegung des Schiffes und alle sonstigen wich
tigen Vorkommnisse einzuschreiben waren. Neben die
von der Sonnenuhr abgelesene Zeit würden eben die
anderen für die Bestimmung des Schiffsortes nötigen
Angaben zu schreiben gewesen sein, wenn nicht — was
geschehen wäre?
Ich möchte mich nicht in überflüssige Mut
maßungen verlieren, aber merkwürdig bleibt es immer
hin, daß sich die beiden Blätter, das eine mit Notizen
oder Aufträgen des Kapitäns, das andere aus dem Log
buche eines Schiffes stammend, losgerissen von den
übrigen wahrscheinlich durch nahezu zwei Jahrhunderte
zusammengehalten haben.
Venetianer einer Erhöhung der Stempelgebühren für
Wechsel, und ihre Commerzkammer äußerte bei
dieser Gelegenheit, »die Stämpeltaxe habe niemals
vorher bestanden, sondern sey erst von der er-
Fig. 17. Haunold, Wernstein.
ioschenen italienischen Regierung im Jahre 1806 einge
führt worden«.
Zum Schlüsse meiner Ausführungen möchte ich noch
besonders betonen, daß Herr Oberstleutnant Micnzil
nicht denken darf, daß diese Zeilen eine Spitze gegen ihn
enthalten wollen, wir Stempelsamrnler sind im Gegen-
Fig. 18. Haunold, Ruine Hals.
teile ganz zufrieden, daß uns sein Irrtum seine Bekannt
schaft vermittelt hat.*
Venedig hatte zur Zeit der Republik kein Stempel
papier und auch nicht während es zum erstenmal bei
Oesterreich war, wohl aber seit es 1806 dem Königreiche
Italien war einverleibt worden, sowie dann später wieder
unter Oesterreich. Noch im Jahre 1818 widerstrebten die
* Herr Oberstleutnant M i c n z i 1. dem wir Einblick in die
Zuschrift des Herrn Dr. Krucg gewährten, bemerkt hiezu,
daß es ihm ferne gelegen sei, eine bestimmte Behauptung aus
zusprechen. Selbst kein Stempelsamrnler, wollte er durch seine
Zeilen Stempelsamrnler zu Nachforschungen über die Bögen an
regen, eine Absicht, die erreicht zu haben, ihn herzlich freue.