Rümmer 9.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 135.
?akforen zurückzuführen. Das Geheimnis des Caches ist bis heute
noch nicht aufgedeckt. ITlan tneifj dauon nicht mehr, als in einem
non Sfradioarius an den englischen Geigenbauer Hill gerichteten
Briefe zu lesen ist. Sfradioarius schreibt, „dafj die lllischung in
starkem Sonnenlicht getrocknet werden müsse“. Kein Wort mehr.
Von der intimeren Zusammensetiung des Anstriches ist nichts be
kannt. Auch über die Qualität des Holzes, das Sfradioarius mit
großer Sorgfalt ausmählfe, ist man nur um weniges besser unterrichtet.
Dabei aber fehlt es keineswegs an Vergleichsobjekten. Von
den 1100 Geigen, die der ITleisfer erbaut hat, existieren heute noch
602, das heifjt 540 Violinen, 12 Violen und 50 Violoncells. Aber
man befragt die Instrumente uergeblich. Sie antworten nur alle
mit einem entzückend süfjen Gesang, der aber nichts uon ihrem
Geheimnis oerrät. Sfradioarius bleibt unergründlich und unerreicht
zur hellen Verzweiflung unserer besten Geigenbauer.
Vom Kleister selbst rneifj man auch nicht oiel mehr, als oon
seinen Werken. Die Biographen geben nur spärliche Auskünfte
über seinen Cebenslauf. Seine erste Geige erbaute er im Alter oon
23 Jahren. Gr mar ein Schüler des großen Amati, in dessen Wcrk-
stätfe er als zwölfjähriger Junge einfraf und bei dem er ein Vierfel-
jahrhunderf als einfacher Geselle arbeitete. Gr sollte jedoch die
Kunst seines Kleisters weit überflügeln. Gr errichtete sich in Cre-
mona eine bescheidene Werkstätte, trug immer das unscheinbare
Gewand eines Arbeiters und kannte in seinem Geben keine andere
freude und keinen höheren Genuf3, als die rtlufje des Abends im
Kreise seiner ?amilie, in den er sich nach der rastlosen Arbeit des
Tages zurückzog. Ulan weif], daf3 er elf Kinder hatte, dafj er hoch
und schlank gewachsen mar und daf3 er ein sehr stilles Geben zur
Schau trug. Das Haus, in dem er wohnte, das Grab, in dem seine
Gebeine liegen, sind unbekannt. Dies ist um so erstaunlicher, als
Sfradioarius zu seinen Cebzeiten sich eines grofjen und oerbreitefen
Ruhmes erfreute. Sein Flame mar weit über die Grenzen seines
Vaterlandes hinaus bekannt und geachtet. Der König oon Gngiand
und der König oon Spanien wollten kein anderes Instrument hören,
als eine Sfradioarius. Aber es ist das glücklichste Geschick, das
einen Kleister treffen kann, wenn seine unsterblichen Werke nur
mit ihrem Geheimnis wirken. Dies sichert ihm noch eine zweite
Unsterblichkeit.
Uom Käfersammeln.
Von Julius Jakob, Wien.
In jedem ITlenschen steckt ein gut Stück Jager wohl
nach oon der Urzeit her. Jeder macht auf irgend etwas
in der Welt Jagd. Und coem es oom Glücke — auf das
mahl die allermeisten Jagd machen — nicht gegönnt wurde,
ein richtiger, weidgerechter Jagdherr zu werden, der kann
dem ihm innewohnenden Triebe wenigstens in der Weise
frönen, dafj er auf Käfer jagt — auf sechsbeinige natürlich.
Und dazu ist gerade jetjt die rechte Zeit, In Wald
und feld rührt sich’s in allen Winkeln. Der Tisch ist
gedeckt für alles, was da kreucht und fleucht. Cs ist das
eine gar interessante Welt, und wer erst einmal begonnen
hat, dieser Jagd abzuliegen, der hört damit sicherlich erst
auf, wenn sie oon selber aufhört — im Herbste. Immer
größer wird sein Interesse angesichts des formenreichtums
der Insektenwelt, oon dem eigentlich die allerwenigsten
einen rechten Begriff haben.
Da ziehen sie hin, Spaziergänger wie Touristen,
nennen sich Raturfreunde und übersehen kilometerfressend
all das schöne Kleine, das rund um sie auf jedem Busche
lebt und webt.
Wie anders der Sammler. Cr stürmt nicht durch die Ratur
dahin, die Uhr in der Hand, nein, sorgsam sucht er auf den
heimlichsten Plätjchen, die nur er kennen lernt, seine Oeb-
linge heim, sieht ihrem Treiben zu und — tötet sie, meinst
du, lieber Ceser? — Der gleiche Vorwurf, der auch den
Jäger trifft. Rber tätet der Jäger wähl- und zahllos, was
er im Walde trifft? Gemilj nicht. Und so auch der
Sammler. Rieht das gedankenlose Ansammeln zahlreicher
Käferleichen in grofjen Schachteln ist sein Hauptzweck,
sondern Befriedigung des Interesses an ihrem Tun und
Treiben ist, was ihn am meisten anzieht. Und wenn er
nun oon den JRyriaden etliche Cxemplare in sein Sammel
fläschchen einfängt, um daheim mit Ruhe und Sorgfalt
Ram' und Rrt des Kerftieres festzustellen und mit der
Cupe in der Hand die interessanten Cinzelheiten seines
Körperbaues zu studieren: kann man dies zwecklos morden
heifjen, während man doch jeden Vogel niifjlich nennt, der
täglich Hunderte oon ihnen oernichtet?
Ich denke auch bei dem Worte „Sammler“ keines
wegs an das Kind, sondern sehr oiel mehr an den reifen
ITlann, der in der Ratur ein Gegengewicht sucht für die
lebenslast, die ihn an die Werkbank oder den Schreibtisch
niederdrückt. Beim Kinde märe ja auch die Rusdauer und
das Interesse gar nicht zu finden, die diese Raturliebhaberei
heischt, und nur allzu leicht arten bei ihm fang, Beobachtung
und Tötung in Grausamkeit aus. Ruch ist das Gebiet
wohl zu grofj für kindliche Betätigung. Haben wir doch
in IRitteleuropa etwa 6000 Käferarten. Was soll das
Kind mit diesem Heere? ITlan trachte oielmehr, neben
der liebe, die man dem Kinde für Tier und Pflanze aner
ziehen sollte, ihm den Unterschied klar zu machen, der
zwischen Käfer und Wanze, Wespe, Biene und fliege,
Raupe (Taroe) und Wurm besteht, denn darin herrscht
trotj unserer gepriesenen Schule gröfjte Unkenntnis in den
weitesten Kreisen. Wie oft wurde ich schon gefragt, ob
ich denn in meiner Käfersammlung auch eine Küchen
schabe und einen floh hätte. Und wie oiele gibt es, die
da jegliches Insekt für „ekelhaft“ und „giftig“ erklären.
Der (Ekel entspringt aber nur der Unkenntnis, denn aufjer
den stachelbewehrten Hautflüglern (Hornisse, Hummel,
Wespe, Biene) gibt es höchstens einige Rmeisenspezies,
deren Bifj unangenehm ist. Die Käfer sind fast alle harm
los, keiner ist imstande, ernstlich zu oerwunden.
RIso hinaus ins Grüne! Und aufgepafjt! Hier läuft
ein Caufkäfer über den Weg, dort schiebt sich ein Rüfjler
schwerfällig oorwärts, da auf der weifjen Blüte sitjt ein
Bockkäfer neben einem glänzenden Rosenkäfer, sausend
fliegt ein Rofjkäfer über uns hin und dort an der (Eiche
sitjt ein prächtig gehörnter Hirschkäfer. Kehrst du aber
jenen Stein um, der schon lange unberührt im Walde liegt,
dann störst du eine ganze Versammlung oon Hebemesen,
die sich da ein geschürtes Stelldichein gegeben. Und
gelangst du auf einen Holzschlag, da ist schier des Schauens
und Sammelns kein €nde.
Immer schärfer wird dabei das Rüge des Sammlers,
auch zeigt sich bei ihm eine Rrt Instinkt für die Auf
findung guter Käferjagdgründe. Bald auch hört er die
frage: „Wie machen Sie das? Ich sehe kaum ein solches
Tier auf stundenlangem Spaziergange.“