Hummer 19.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 297.
Tenniel habe einem unbekannten Briefschreiber auf dessen Bitte
einen Brief mit mehreren Seiten Eebenserinnerungen zugesandt,
und in ähnlicher Weise beute.! flutographenjäger die Gutmütigkeit
lebender Künstler, Staatsmänner oder Gelehrter aus.
Bibliophilie.
(Die uier ersten Shakespeare-Soliobände) aus der
Bibliothek des «erstorbenen Dr Gott, Bischofs oon Truro, wurden
uor kurzem in Eondon «ersteigert und brachten 14 780 £, mährend
sie im ITlärz 1907 für 19.250 £ «ersteigert morden ruaren. Der
Rückgang ist darauf zurückzuführen, daß in der lebten Zeit oer-
hältnismäßig «ielc dieser foliobände auf dem Büchermarkt
aufgetaucht sind
(Versteigerung einer Bibliothek.) In dem Antiquariat
non ITlax Perl, Berlin, mird in den Tagen «am 6. bis 8. Oktober
eine Bibliothek interessanter und mert«oller Werke, teilweise aus
dem nachlasse des bekannten Goetheforschers Philipp Stein, Berlin,
«ersteigert. Der soeben erschienene Katalog enthält in 1341 nummern
Bücher aus oerschiedensten Gebieten. Weltliteratur, Theater und
Musik, Kunst- und Kulturgeschichte, Geheimroissenschaft, Kuriosa,
alte Drucke (Inkunabeln), illustrierte Bücher (Eiores ä figures du
XVin. et XIX. siede), Berolinensien, Homburgensien etc., nebst
einer Sammlung «an Autographen und Stammbüchern. Wir finden
da zunächst aus dem Gebiete der deutschen Oteratur Goethe mit
115 nummern, darunter Erstdrucke des „Göß“, des „Werfher“,
„Stella“, „Erlkönig“, „Claoigo“ u. a. interessante Goctheana, sowie
Kompositionen zu Goetheschen Dichtungen oon Schubert, Reichardt,
Zelter, Zumsteeg etc. Von Hessing den „llathan“, die „ITlinna «on
Barnhelm“ in Erstdrucken; «on Schiller die erste Gesamtausgabe
seiner Werke, dioerse Erstdrucke, die „Geschichte des dreißigjährigen
Krieges“, „Wallenstein“, „Wilhelm Teil“ etc. fluch sonst sind alle
bedeutenderen Dichter der klassischen und romantischen Periode,
des jungen und jüngsten Deutschlands in Erstdrucken und schönen
Ausgaben oerfreten. In der französischen Eiteratur sind oer
zeichnet Hauptwerke «on Voltaire, Marmonte), Crebillön, Restif de
la Bretonne, sowie französische Überseßungen «on lateinischen
und griechischen Klassikern, reich geschmückt mit den graziösen
Vignetten und Kupfern oon Cochin, Eisen, ITloreau, lllannet etc.
Desgleichen finden sich schöne englische und italienische
Bücher, die, ebenso wie die französischen, mit Kupfern geziert und
in herrliche alte Einbände der Zeit gebunden sind, Außerdem
enthält die Sammlung eine ITlenge interessanter Bücher, oornehm-
lich aus dem Gebiete der Kulturgeschichte und Geheimwissenschaft
(Alchemie, Astrologie, Geheimschrift, ITIagie, ferner Robinsonaden,
Gaunerliteratur etc.) Die Buchillustration des 19 Jahrhunderts ist
durch ITlenzel, Hosemann, Eudrnig Richter, Gaoarni, Jahannot, Rops,
Cruikshank etc. reich oerfreten. Den Schluß bildet eine kleine
Kollektion oon flutographen, darunter ein Brief «am fürsten
Otto oon Bismarck, zwei ungedruckte Briefe oon Boettae, ein
ITtanuskript oon Körner, ein Brief Oon JTtelanchton, zwei Briefe
oon frau oon Stein, ein interessantes Schreiben «on Voltaire, be
treffend sein Opus „Ca Pucelle d' Orleans", eifi Brief «on Ri&>
Wagner, betreffend den „Tonnhäuser“, ein Brief Oon Carl Maria
oon Weber, betreffend seinen „freischüß“ etc.
Bilder.
(Ein neuentdeckter Raffael.) Der in Italien lebende Kunst
forscher, Professor Eberhard Ege, hat in Stuttgarter Prioatbesiß
einen Raffael entdeckt, der der Bella Jardiniere des Conae ähnlich
ist, und die lAadonna mit Chrisfuskind und Johannesknaben in
einer Candschaft darstellt. Wie es scheint, ist der Beweis, daß es
sich um einen echten Raffael handelt, mit ziemlicher Sicherheit auch
aus der Geschichte des Bildes zu erbringen,
(Deutung eines Giorgione-Rätsels ) Unter den oielen
Rätselfragen, die Heben und Werk des großen Begründers der
uenetianischen Renaissancemalerei Giorgione der forschung auf
geben, hat die frage nach dem Inhalt seiner Bilder die Gelehrten
besonders angezagen, und unter diesen geheimnisooll lockenden
Schöpfungen, die nach einer Deutung und Erklärung «erlangen,
steht wieder eine munderuolle Arbeit des ITlalers ooran, die zu
den stolzesten Schaßen des Wiener Hofmuseums zählt und
bereits früh als „Die Handschaft mit den drei Philosophen be
zeichnet wurde. Viele forscher haben sich darum bemüht, den
drei in den goldenen Abendfrieden hineinträumenden Gestalten,
die mit so anschaulicher Deutlichkeit charakterisiert sind, einen
tieferen Sinn und eine innere Beziehung zu oerleihen. Was keinem
bisher recht gelingen wollte, «ersucht nun Dr, Emil Schaeffer mit
uielem Glück in einem Aufsaß der „lAonatshefte für Kunstwissen
schaft“. llach dem Richtmaß, das der eine Alte in der Hand trägt,
hatte man in den figuren ITlathematiker, Astrologen, ja sogar feld-
messer sehen wollen, hatte sie dann zu den „drei morgenländischen
Weisen“ und zu Symbolen der Geschichte der Wissenschaft erhoben,
wobei der Greis die antike Weisheit, der JAann die forschung des
lllittelalters und der Jüngling den erwachenden Suchergeist der
Renaissance uerkörpern sollte, bis endlich franz Wickhaff eine
Szene aus Vergils Aeneis darin dargestellt sah. Er stüßte sich
dabei auf die früheste Erwähnung des Gemäldes in dem Tagebuch
eines feinen Kunstkenners, des oenetianischen Patriziers HJareo
Antonio ITlichiel, der das Werk das Bild mit den drei Philosophen
nennt und es als ein Pendant zu einer anderen, oerloren gegangenen
Darstellung aus der Aeneis angeführt haben sollte. Schaeffer weist
aus dem Text des Tagebuchs die Unhaltbarkeit dieser Behauptung
nach und zeigt, daß das Werk zu der Aeneis in keiner Beziehung steht.
' Die Bezeichnung der Personen als Philosophen aber führt ihn auf
einen in der Renaissance beliebten Stoff, in dem die Erziehung
des Philosophen auf dem römischen Kaiserthran lllarc Aurel
durch zwei Kleister der Weltweisheit dargesfellt wurde. Per durch
seine Selbstbefrachtungen berühmte Herrscher war der Renaissance
in einem ihrer Hieblingsbücher nahegebracht, in dem sich die aus
führlichste Biographie lllarc Aurels, die oon Julius Capitolinus,
oorfand. Da wird erzählt, daß der junge Herrscher in den Gärten
des Ilions Caelius in Rom erzogen wurde, und zwar führte ihn
Andro in die Geheimnisse der Geometrie ein, während ihm der
Stoiker Apollonias die Wunder der Philosophie erschloß, Der
i Jüngling Giorgiones, der in dürftigem Gewände auf hartem Stein
boden lagert, wäre dann also Klare Aurel, der bereits mit zwölf
Jahren den Philosophenmantel trug und auf nackter Erde schlief;
seine beiden Hehrer stellen sich dar in den beiden Ehrfurcht hei
schenden, Weisheit kündenden Alten. Das gleiche Thema, das
Giorgione so wunderoall gestaltet hatte, wurde «on Palma Vecchio
in einem nicht erhaltenen Bilde behandelt, oon dem aber ein
Kupferstich Kunde gibt, der wieder auf die Deutung des Giorgione-
bildes ein klares Hiebt zurückwirft.
Exlibris.
(Das Exlibris des Professors Dr. Grolig.) Dem inter
essanten Aufsaße des Professors Dr. ffloriß Grolig in Wien ist
dessen Exlibris beigefügt (fig. 1), das eine treffliche Arbeit der
Buchdruckerei R. Spies & Co in Wien und nach einer Photographie
hergestellt ist.
(Ein neuer Exlibris-Verein.) ln Turin hat sich unter
dem Titel „Associacione italiana di ex-libris“ eine Gesell
schaft gebildet, die sich die Pflege der Buchkunst im weitesten
Sinne zur Aufgabe gestellt hat Ihr Wirkungsgebiet umfaßt nicht
nur das Exlibris, sondern auch den bildlichen Buchschmuck, sowie
den künstlerischen und historischen Bucheinband. Der Zweck soll
durch Herausgabe einer Zeitschrift, die den Mitgliedern unentgeltlich
geliefert wird, durch Veranstaltung «on Ausstellungen, durch künst
lerische Preisausschreibungen und durch Anlage einer Gesellschafts
sammlung erreicht werden. Der Beitritt steht Italienern und Aus
ländern frei; erstere zahlen 6 Eire, leßfere 10 Eire Jahresbeitrag.
Obwohl erst gegründet, zählt der Verein, an dessen Spiße der Graf
Huigi Amedeo Rati Opizioni steht, bereits über 70 Mitglieder, die
durchwegs ihren Siß in Italien haben. Das Sekretariat befindet
sich in Turin, Piazza San Martina 5. E—z.
Handschriften.
(Andreas - Hofer - Dokumente.) Eine Sammlung oon
hundertneunzehn Dokumenten aus den Tiroler Sreiheitskämpfen,
die bisher noch nicht ueröffentlicht sind und die im Zusammenhalt
wie eine Geschichte Andreas Hofers anmuten, werden am 22. Oktober
bei 1. A. Sfargardt in Berlin «ersteigert. Es ist zu hoffen, daß
die Sammlung ungeteilt in den Besiß einer Bibliothek übergeht