Internationale
.gammler-^eifunf!
Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Horbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
2. Jahrgang. Wien, 1. februar 1910. Hummer 3.
Die Kunstsammlungen öes Freiherrn Alfons uon Rothschild.
Von Dr. Cudcuig flbels (Wien).
(Schluß.*)
■ evor ich die Schilderung der mit französischen
JTleistermerken geschmückten Salons beginne,
möchte ich mehrere schriftlich und mündlich ge
äußerte Wünsche nach ausführlicherer Beschreibung
einzelner Kunstgegenstände im großen Saale
nach Tunlichkeit erfüllen, Bus der fülle der
hier oereinigten Objekte roill ich nach eine kleine
fAMgf Anzahl herausgreifen, ohne damit sagen zu
roo ^ cn > daß unter den übrigen Schößen nicht
ebenso interessante und schöne Stücke zu
j/AJÄWv' finden mären,
Da stehen zum Beispiel in einer Vitrine
der rechten liängsmand zmei zierliche, nahezu
gleiche, silberne, oergoldete fließ-Kännchen,
französische Arbeit, etroa oom Anfang des
—16. Jahrhunderts, in den fein durchgearbeiteten
formen der Spätgotik. Überaus reizvoll ist der zmischen
fuß und Kanne eingefügte durchbrochene Kranz oon
Blüten, sehr charakteristisch die Behandlung des Aus
gusses in Gestalt oon masserspeienden Drachenköpfen,
köstlich stilisiert die Gestalten der knieenden Engel mit
roeit ausgebreiteten flügeln. Die Drücker der Deckel sind
aus Buchstabenzeichen geformt: ein großes A = aqua und
ein W = vinum, als Winke beim Gebrauch für Wasser
und Wein.
Besonders schöne Arbeiten finden sich uon deutschen
Goldschmieden des 17. Jahrhunderts, und zroar sind
hauptsächlich Augsburger, nürnberger, Regensburger und
Straßburger Uleister uertreten. Ich ermähne zunächst einige
Pokale. Ein Prachtstück ist der Augsburger Deckelpokal,
Silber vergoldet; auf dem nach oben erroeiterten Becher
sind Reliefdarstellungen: Pluto und Proserpina, auf ihrem
ITleeresmagen fahrend; der llodus ist mit Widderköpfen
verziert, welche Ringe tragen. Der runde fuß, ebenso roie
der Deckel zeigen Ornamente in getriebener Arbeit. Als
Deckelknauf dient die figur eines Adlers. Der Pokal trägt
das Beschauzeichen Augsburg und als IJJeisterzeichen
einen Anker im geschwungenem Schilde.
Ein anderer Augsburger Pokal zeigt am Becher über
aus edel durchgebildete schlanke frauengestalten in Treib
arbeit, die Künste und Wissenschaften darstellend: IJlusika,
Poesia, Geometria etc. Der Deckel trägt die figur einer
*) Siehe [lummer 2 des laufenden Jahrganges.
JUadonna mit Kind und Eämmchen. — Ein dritter, gleich
falls aus Augsburg stammend (und zwar nach dem Uleister-
zeichen SJ eine Arbeit des Jakob Schuhmacher, f 1608),
zeigt am Rande des Deckels eine Inschrift, die besagt, daß
der Pokal zu Ehren des am 2. August 1602 zum Bürger
meister gewählten Goldschmiedes David Zorer verfertigt
worden sei. Dieser Becher ist gebaucht, nach oben er
weitert und gleichfalls mit allegorischen, figürlichen Dar
stellungen, sowie mit Emblemen, Band- und Pflanzen
ornamenten und mit aufgeseßten IJJaskarons geziert. Am
llodus sind drei Kinderfiguren, der fuß ist rund, mit
silbernem Ring, Pflanzenornamenten in buntem Email, mit
Köpfen in llledaillons, geflügelten Engelsköpfchen, Obsf-
stücken und Bandornamenten in getriebener Arbeit, also
ein besonders reich dekoriertes Prunkstück. — Aus Straß-
burg stammt ein Becher, Silber vergoldet, gegossen in
konischer form, mit Darstellungen aus der biblischen Ge
schichte, umgeben oon Bandornamenten, fruchtgirlanden
und Ulaskarons in Relief. Auf dem Boden sieht man ein
Wappen mit den Buchstaben f. E. W. V. R. G. H. 13.
Das Entstehungsjahr ist 1655. — Zwei sehr interessante
Stücke tragen die Ularke Regensburg, der Pokal der
Schüßengesellschaft zu Regensburg aus dem Jahre 1586
und ein Jagdpokal, um 1600. Der erstere hat zylindrische
form und ist mit Bildern, Wappen und Inschriften in
Treibarbeit versehen. Der Stiel ist durch einen Baumstamm
mit Armbrustjager, Hund und Hirsch gebildet. Der ge
bauchte fuß zeigt in getriebener Arbeit Wappen, Embleme
und Ornamente. Der Deckel ist als Trinkgefäß behandelt
gleichfalls mit reicher getriebener Arbeit und dem Wappen
von Regensburg in Email. Das Beschauzeichen besteht
aus zmei gekreuzten Schlüsseln. Der andere zeigt in
friesartiger Anordnung eine Jagdszene, am Wasser spielende
Putten mit fischschmänzen, Engelsköpfe mit flügeln und
Renaissanceornamenten an der Cupa, mit Kinderfigürchen
und Volutensfüßen am Stiele und am fuße. Der Deckel
hat durchbrochenen Rand und ist mit allegorischen figuren,
darunter die blißschleudernde figur des Zeus auf Wolken,
geschmückt.
Von weiteren Goldschmiedearbeiten sei eine prächtige
Standuhr in vergoldeter Bronze erwähnt, aus dem 16.
Jahrhundert, von Rugendas, an dem fußgestell schöne
JTlaskarans und fruchtgehänge in Treibarbeit, mit reichen
ornamentalen Voluten, in künstlerischer und technischer