Hummer 5
Seife 6?
Internationale Sammler-Zeitung,
Daran knüpften die Times einige Worte des Bedauerns,
dafj dies Werk England nicht erhalten morden sei. Bald
erschienen Photographien in „Illustrated Condon Heros“
uom 16. Oktober. Diese Reproduktion fiel einem geroissen
Charles f. Cooksey non Southampton, Kunsthändler und
Auktionator, in die Hände. Damit begann der Streit, Cr
richtete einen am 23. Oktober 1909 erschienenen Brief an
die „Times“ folgenden Inhaltes:
„Um 1846 mahnte zu Condon 40 Aothingham Place
ein Bildhauer Richard Co ekle Cucas, geboren 1800 zu
Salisbury, gestorben 1885. Cr mar ein Schützling Cord
Palmerstons, der ihm eine Staatspension «erschlaffte.
Cucas stand nun mit einem Kunsthändler namens Bucha-
nan in Verbindung, der ihm eines Tages ein dem Cionardo
zugeschriebenes Gemälde brachte, das Brustbild einer blu
menbekränzten frau. Dies YVerk rourde non RI brecht Dürer
Cucas, dem damals achtzehnjährigen Sohn und JTlitarbeifer
des Richard Cockle, kopiert, der noch heute mit 81 Jahren
in Southampton lebt. Buchanan bestellte bei Cucas senior
das oermeintliche Ceonardobild als Wachsbüsfe. Cucas
übernahm die Bestellung, aus unbekannten Gründen jedoch
kam es nicht zur Ablieferung. Cr nahm blofj sein Bild
zurück und als Cucas'senior sich aufs Cand, in die Aähe
non Chilmorth zurückzog, nahm er die Wachsbüste mit
sich, roo sie bis zu seinem 1883 erfolgten Tode blieb.
Die Villa des Cucas, genannt „Turm der Winde“ und
ein benachbartes Objekt murden später non Cucas junior
an einen geroissen lllr. Simpson oon Stonehouse oer
kauft. Die damals sogenannte „Giocondabüste“ mar in
dem Kauf eingeschlossen. Aach Simpsons Tode fand ein
neuerlicher Verkauf statt und Cooksey roeifj nichts mehr
oon den ferneren Schicksalen der Büste. Aber er besitzt
eine um 1860 oon Cucas senior aufgenommene Photogra
phie derselben (ein Geschenk des Cucas junior), auf Grund
derer er feststellt, dal] die Berliner Büste die oon Cucas
senior nach dem Gemälde des Buchanan angefertigte Büste
sei. Der gegenmärtige schlechte Erhaltungszustand er
kläre sich dadurch (es fehlt der rechte Unterarm und der
Körper ist oielfach zersprungen), dafj sie durch oiele Jahre
in einem Garten stand. Am 18. Aooember 1909 erklärte i
eine ehemalige Bedienstete in der Villa des Cucas, dafj :
die Büste in einer die Bibliothek mit dem Billardsaal oer
bindenden Veranda gestanden habe. Eine Reihe ergänzen
der Bilder (die Photographie im Besitj oon Cooksey, die
Kopie des Buchanan’schen Bildes oon Cucas junior, zroei
Werke oon Cucas senior) erschien in Illustrated Condon
Heros am 30, Oktober 1909,
Am 11. Aooember 1909 erschien in den Times ein
Brief des Th. Whilburn aus Gilford, Konseroators des
ntuseums jener Stadt, eines intimen freundes oon Cucas
senior. „Ich konstatiere, dafj ich mehreremal im Atelier
des Cucas das Bild und die Büste neben einander stehen
sah, er erzählte mir die näheren Umstände der Bestellung
und stelle ferner fest, dafj er niemals eine andere Wachs
büsfe, die mit einem Ceonardobild Ähnlichkeit hatte, besafj.
Andererseits erklärte Cucas junior seinem Vater bei der
Arbeit geholfen zu haben (Times, 12. Aooember 1909).
„Ich konstatiere feierlich, dafj nieder mein Vater noch ich
jemals eine andere Büste der flora oder Gioconda be
sagen. Ich kann dies um so sicherer sagen, da ich oon
meiner Geburt (1829) bis zu seinem Tode (1883) stets
mit ihm beisammen mar ..."
Auch das Schicksal des Buchananschen Gemäldes
konnte festgestellt werden. Herbert Cook schrieb am
2. Aooember an die Times, dafj das Bild gegenwärtig im
Besitze der JAarrisonschen Erben sei und sich 1846 als
angeblicher Cionardo bei Buchanan befand. Es ist im
übrigen ein ziemlich mittelmäfjiges Produkt der Schule
Cionardos. Daraus erklärt es sich auch, dafj Cucas die
Photographie der Büste mit der Unterschrift «ersah: „Gia-
canda des Cionardo“.
Die weiteren Schicksale der Büste seif der Simpson-
scheu Auktion waren auch bald klar gestellt (Times,
8. Aooember 1909). Bei diesem am 28, Juni 1904 sfatt-
gefundenen Verkauf wurde sie mit mehreren anderen zu
sammen für fünf Shilling an einen geroissen William
IJJane in Southampton «erkauft, der sie seinerseits roieder
an einen namens Walter Cang roeifer «erkaufte, der sie
sieben oder acht Jahre oergebens an den IlJann zu bringen
«ersuchte. Endlich erroarb sie die firma Spink in Condon
um eine Bagatelle, «erkaufte sie an lAurray ITlarks, der
sie um 160.000 Shilling an Bode «erkaufte (8000 A-).
Die chemische Untersuchung des Wachses und der
färben hat keine endgiltige Entscheidung gebracht.
Am 1. Aooember hatte Cucas jun. den „Times“
mifgeteilt, sein Vater habe gewöhnlich in seine Wachs
arbeiten ins Innere alle möglichen Dinge hineingesteckt,
damit sie als Ausfüllung und Stiitje dienen. Ursprünglich
nun rourde in Berlin behauptet (3. Aooember), die Büste
sei oollkommen aus Wachs. Verschiedene am 16. und
22. Aooember oorgenommene Untersuchungen, eine Durch
leuchtung mit Röntgenstrahlen und eine oarsichtige Durch
bohrung förderten allerdings ganz merkwürdige Dinge zu
tage, so einen gabelähnlichen Gegenstand in der rechten
Schulter und ein Stück groben, grauen Stoff, etwa den
Rest eines Kleidungsstückes.
Auch in Deutschland roar die Zuteilung an Cionardo
keine unbedingte. Der Direktor des Kaiserfriedrich-CAuseums
hielt den Kopf für im Vergleich mit den Schultern und
den Bruch zu frisch (frankfurter Zeitung, 24. Oktober 1909)
und er dachte an eine Überarbeitung. Viel weiter ging
frilj Stahl im „Berliner Tageblatt“ (8. Aooember 1909),
der die Berliner und Cukasbüste für „oerdammf ähnlich“
erklärte. Dagegen sprach Bode („Woche“, 12. Aooember)
mit absoluter Sicherheit sich dahin aus, dafj die Berliner
Büste und die Photographie des Cucas zroei oerschiedene
Werke darsfellen und beharrfe auf Cionardo als Schöpfer.
Aachdem schliefjlich noch in der Büstenbasis sich Reste
englischer Zeitungen gefunden haften, zeigte ein heroor-
ragender Sachoerständiger auf photographischem Gebiete,
lltiethe, dafj, unter gleichem Winkel aufgenammen, die
Berliner Büste mit der Photographie des Cucas absolut
identisch sei. Ulan kann sogar die gleichen Sprünge
konstatieren.
Während man sich in Berlin ursprünglich auf den
Standpunkt gestellt hatte, es seien zroei Büsten oorhanden
gewesen, eine des Cionardo (die Berliner) und eine seither
oerloren gegangene des Cucas, hält man gegenwärtig, da
die Zroei-Büsten-Theorie nicht mehr haltbar ist, in Berlin
an folgendem fest: Cucas habe die Berliner Büste zur
Reparatur übernommen und dabei all das, was man fand,
in dieselbe hineingesteckt. Dabei habe er sie auch über
arbeitet. Van dem Gemälde des Buchanan ist dabei keine
Rede. Auftraggeber sei Cord Palmerston gewesen und
bei seinem Tode (1865) hätten die Erben die Büste zu
reklamieren oergessen. Was man zur Sfütje der Palmer-
sfonhypothese anführt, oerdient nicht erwähnt zu werden.
Es ist oöllig haltlos. Auch Sfrzygoroski hält den feld-
zug für Bode für oerloren (frankfurter Zeitung, 19. De
zember 1909.)
Dies sind die reinen fakfen. Ein Zweifel ist kaum
mehr möglich. Trotjdem wird niemand leugnen, dafj Bode
ein Organisator und Kenner ersten Ranges ist — aber
quandoquo Bonus dormitat ITomerus.