MAK
riummer 22 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 347 
dekoratiaen Cntrourf, ein charakte 
ristischer Zügel, ein graziöses 
Scherzbild non Th. Th. Heine, 
ein neoimpressianistischesfrauen- 
porträt non H. Haueisen, ein 
imindernoll beobachtetes „Wirt 
hausinterieur“ non H. PI euer, 
ein Gebirgsbild uon Teistikoro, 
ein reifes Werk der letzten Jahre 
non großer Schönheit, drei kraft- 
oolle Sleaogt’s und zwei früh- 
lingsphantasien non £. o. Hof 
mann. 
Den Beschluß machen drei 
Gro^e, die in die Zukunft deuten: 
Cezanne mit einem pikanten 
Stilleben, uan Gogh mit einer 
erstaunlichen Candschaft mit 
Pappelallee und Ha dl er mit 
einem grolj angelegten llläher 
und drei brillanten Studien und 
Gntroürfen. 
Der Katalog der Sammlung, 
den ein ausführliches Portport 
non Illax Osborn einleitef und 
dem ein Dorziiglicherlllusfrafions- 
apparaf uan 37 Tafeln beigegeben 
ist, roird als ITtonographie dieser 
Sammlung für alle Kunstfreunde 
bleibenden Wert behalten. 
Chronik. 
Gefahren bringen“. . . Derselbe Hotschrei märe (allerdings mit 
Hinderungen) auch hierzulande angebracht, fluch bei uns zeigt 
die Ansichtskarte einen Januskopf. Auf der einen Seite leistet sie 
höchst Anerkennenswertes in der Verbreitung uan Kunstwerken, 
gestattet dem Ärmsten für wenige Heller die reizendsten fand- 
schaftsbilder, die uorzüglichsten Wiedergaben uan klassischen 
Werken der bildenden Kunst anzuschaffen, auf der anderen Seite 
aber bildet sie geradezu einen öffentlichen llotstand und Skandal. 
Wie sehr durch laszioe Ansichtskarten, durch die Ausstellung uan 
lluditäten und Zweideutigkeiten aller Art namentlich gegen die 
Heranwachsende Jugend gesündigt wird, ist nur zu wohl bekannt. 
In einer Reihe uon Städten sind Bestrebungen aufgetaucht, um die 
„Reinheit der Strafe“ zu sichern und den eitern die Garantie zu 
schaffen, dafj sie mit ihren Kindern unbehelligt an den Schauläden 
uarbeigehen können, namentlich in Paris wurden löbliche Be 
mühungen in diesem Sinne entfaltet, wobei es weniger auf die 
Anrufung der öffentlichen Gewalt als nielmehr auf den Selbstschulj 
des Publikums, namentlich durch oernünftige Vermittlung bei den 
Ansichtskartenhändlern, abgesehen war. Crfolge sind auch erzielt 
worden, allein die Gegenwart mit ihren einander überstürzenden 
Aufregungen ist doch nicht die Zeit, wo derartige Bemühungen, 
die ja auch keinerlei materiellen Vorteil erhoffen lassen, sich tiefer 
einleben könnten, minder gefährlich, aber nicht weniger auf 
reizend als die frioole Ansichtskarte ist die stumpfsinnige. Der 
oben mitgeteilfe Brief des ITlünchener Bundes teilt einige hübsche 
Gxempel mit; wer an unseren Papierhandlungen oder an den uer- 
schiedenen Schauläden der Spezialgeschäfte für Ansichtskarten uor- 
beigeht, wird auch hier neben uielem Schönen eine erkleckliche 
fülle uon Stumpfsinn wahrnehmen können. In einer Zeit, wo die 
Cippen uon Kultur überfliegen, wo jedes zweite Wart Kultur heifjt, 
wo uns Kultur in allen möglichen und unmöglichen Verbindungen 
und Zusammenstellungen aufgenötigt wird, sollte man ein wenig 
auch auf jene kleinen Dinge des täglichen febens achten, welche 
das Kulfurniueau namentlich der breiten JTlassen beeinflussen. 
Ansichtskarten. 
(Die Karten des ITlünchener Oktoberfestes.) Der 
ITlünchener Bund, e. V. (die frühere „Vereinigung für angewandte 
Kunst“) sendet einem dortigen Blatte folgende Zuschrift: „Während 
des letzten Oktober-festes sind mir uon uerschiedener Seite darauf 
aufmerksam gemacht worden, was für einen bedenklichen Tief 
stand des in niiinchen herrschenden Geschmacks uiele der auf dem 
Oktober-feste uertriebenen Postkarten zu beweisen scheinen. Wenn 
man die ungeheure Zahl der auf der Theresien-Wiese aufgegebenen 
Postsachen liest (67.600) und bedenkt, dal) alle diese Karten ein 
wenig ITlünchener Geschmack und ITlünchener Kunst und ITlünche 
ner Heiterkeit in die Welt tragen könnten — in Wirklichkeit aber 
zum größten Teile platte Albernheiten, Geschmacksroheifen, ja 
widerliche TTiedrigkeiten darstellen, so mufj man sich wundern, 
daf3 die ITlünchener selbst eine solche Diskreditierung ihrer Stadt 
zulassen, Dafj mir mit unserem Urteile nicht zu niel gesagt haben, 
können wir Ihnen durch Beispiele dartun; wir übergeben Ihnen 
solche Karten, wie sie an allen Ständen feilgebofen wurden: Kleine 
Jungen, die rittlings auf einer Bank sifjen, den Kopf nach rück 
wärts geneigt, um ITlafjknige zu leeren; ein kleines (Rädchen, das 
uor dem Panorama uon niiinchen auf einem Bierfasse sitjt und 
mit blödem Ausdruck einen lllafjkrug hebt; dann zahlreiche Dar 
stellungen uon betrunkenen Bauern, die sich zwischen Bierfässern 
wälzen und sich mit Bier übergiefjen; uieles andere noch, das wir 
hier nicht schildern wollen, wie mir auch erst heute auf diese 
Dinge hinweisen, weil wir nicht während des Oktober-festes diesen 
minderwertigen Teistungen eine besondere Beachtung uerschaffen 
wollten. Gs märe aber zu wünschen, dafj das grofje Publikum, 
das den künstlerischen Teistungen unserer satirischen Witzblätter 
doch ziemlich kritisch gegenübersteht, in den rohen, geschmacklosen 
und witzlosen Bierkarten das erkennt, was sie tatsächlich sind: 
falsche und beschmutzende Gntstellungen unseres Volkslebens, die 
n ihrer entsittlichenden Wirkung uor allem für die Jugend grofje 
fig. 12. niax fiebermann: „Drei holländische lllädchen“. 
JTlit (Erlaubnis non Paul Cassirer, Berlin W.
	        
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