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Inter nationale Sammler-Zeitung.
Rümmer 7
(Ausgrabung mittelalterlicher Keramiken.) Bei (
Pflasterungen in Steyr sind dieser Tage hochinteressante Kachel- j
fragmente aus dem 14. und 15. Jahrhundert ausgegraben morden,
die zum Teil graftitiert, zum Teil laub- oder gelbgrün glasiert, zu
den roertoollsfen fundstücken dieser Art zu zählen sind. Die älteste ;
gefundene Kachel oerbildlicht in barbarischer Zeichnung ein Ciebes- !
paar, unoerkennlich Tristan und Isolde, deren Darstellung bereits
in Kacheln und fliesen des 15. Jahrhunderts im burgundischen Illach 1-
bereich und in der Rheingegend zu finden ist. Durch fahrende
Sänger kam die Sage auch in die Alpenländer und die dort boden
ständigen Hafner nulten das ITlotiu für ihr Handwerk aus. Be
sonders charakteristisch bei dem fundstück ist die Kleidung der
gekrönten weiblichen Gestalt - die männliche figur trägt keine
Krone — mit den langen, bis zur Gide wallenden Ärmeln, ein Ko
stüm, das etwa oon 1580 bis 1480 getragen wurde Außerordent
lich interessant ist ein zweites fundstück, ein graffifierter Kachel
mit einem springenden Hirsch, da diese Manier nur in den slawi
schen Cändern üblich war; oon den funden in den Alpenländern
ist bisher nur ein in ähnlicher Weise ausgeführter Kachel mit einem
primitio ausgeführten Reiter bekannt. Weiter wurden Kachelfrag
mente mit der Halbfigur eines Gagels mit prächtigem faltenmurf,
Rauchfaß und spätgotischer Wolkenaureole in meergrüner farben-
stimmung mit einem schildhaltenden Gngel, mit Gestalten in den
Zeitkostümen d-’r Kaiser friedrich III. (IV.) und fllaximilian in hell
brauner Tönung, Architekturstücke uon oerschiedenen gotischen Öfen,
Bruchstücke oon Kacheln aus der Verfallzeit der Gotik und aus
der Grstzeit der deutschen Renaissance zu Tage gefördert. Die
meisten fundstücke tragen die gleiche, in frühgotischer Wappenform
eingefügte Hausmarke ihres Verfertigers. Die Ausgrabungen werden
unter fachkundiger Ceitung fortgesetzt werden.
Uersctiieöenes.
(Römische funde in Caibach.) Auf einem Baugrunde
im Hofe des ehemaligen Illilitär-Verpflegsmagazins inCaibach
stießen Arbeiter am 17. und 18. lllärz auf einige bemerkenswerte
römische funde. Stark zusammengepreßte Tonscherben, die hier
in großer Zahl aufgehäuft lagen, wiesen die Spur auf eine römische
Töpferei Aus der Trümmermenge gelang es, Teile oon Amphoren
Wasserleitungsröhren, Heizrohren, mehrere Ziegel und oier Guß
modelle für Öllampen zu retten; zwei der lllodelle waren für
Campenoberteile, die beiden anderen - mit den firmastempeln
Ik-ssi“ und „Farn“ — für Unterteile bestimmt. Heben der
Töpferei fand man eine stattliche steinerne Herme in der Größe
eines Kinderkopfes; ein ähnliches Gxemplar wurde ooriges Jahr
auf dem Deutschen Grunde zutage gefördert. Behufs feststellung
des ganzen Umfanges der römischen Töpferei wird der benach
barte Teil der Parzelle durchforscht werden.
(Pinsel und Palette der ältesten ITtaler) Die Kunst
der ITlalerei ist fast so alt wie das Menschengeschlecht. Schon
in den Höhlen der Dordogne finden wir Zeichnungen, die mit färbe
überzogen sind. Besaß der ürkünstler, der die ereignisreichen
Szenen seines Daseins auf ihnen oerewigte, auch Palette und Pinsel
und welcher Technik bediente er sich? Diese frage hat jeßt im
Anschluß an die ausgegrabenen prähistorischen Gerätschaften der
Bonner Physiologe Prof. Verwarn zum ersten Male zu beant
worten gesucht. Das farbenmaterial besteht oorwiegend aus Ciseu-
oxyden wie Brauneisenstein, Roteisenstein und gelbem Gisenocker.
Auch weißer Kalk kam zur Verwendung. Die rote färbe, welche
d:e Höhle oon Ces Gyzies schmückt, rührt uon Roteisenstein her,
der als Anhängsel getragen wurde und dadurch immer zur Hand
war Dies Material mußte zerrieben werden. Dies geschah ent
weder durch Abschaben mit einem feuersteinschaber oder durch
Reiben auf einer harten Unterlage. Angerieben wurden die färben,
wenn man die Technik der heutigen Haturoölker als Analogie hin
zuzieht, mit fett zu einer Paste auf der Steinpalette. Um diese
herznstellen, wurde gewöhnlich in einen Stein mit oieler Mühe eine
Vertiefung hineingekraßt. Auch wurden geradezu Mörser zu diesem
Zweck fabriziert, die einen Durchmesser non 5-6 cm und eine
Tiefe non 1 —1 *5 cm hatten. Vor der Bemalung wurde die Zeichnung
in die felswand eingerißt mit feuersteingriffein (sogenannten
Burinen). Zuerst wurden flache Cinien uorgezeichnet, dann wurden
sie oertieft. Ginen Pinsel kannten die Höhlenbewohner natürlich
nicht, sie benußten ihre finger dazu. Hur die feinere Ornamentik
forderte die Benußung uon Stäbchen. Planmäßig mit der oerhan-
denen farbenmenge hauszuhalten, oermochten sie nicht: oft reichte
die färbe nicht aus, und es konnten nur Teile, z ß der Kontur,
farbig ausgeführt werden. Auch die Geräte wurden mit farbigen
Ornamenten geschmückt.
(Duseen.
(Die 5chIachtenbiIder der Berliner HafionaIgaIerie.)
Aus Berlin wird gemeldet: Im Grdgeschoße des Zeughauses ist
eine Gedächtnishalle eingerichtet worden, die das Andenken an die
großen Kriege des 19. Jahrhunderts ehrt. Gs standen hier bekannt
lich schon immer große plastische Übersichten der wichtigsten
Schlachtfelder. Zu diesen sind nun die bisher in der Hational-
galerie aufgehängten Schlachtengemälde gekommen, Arbeiten oon
Georg Bleibtreu, Camphausen, Heyden u. a., und so ist eine kleine
Ruhmeshalle entstanden. Gs handelt sich zunächst nur um eine
Probe, die zwischen den Direktionen der Hatianalgalerie und des
Zeughauses nereinbart ist; ab es dabei bleiben soll, werden die
zuständigen Ministerien zu entscheiden haben.
Neuerwerbungen des Berliner Kaiser friedrich-
Museums.) Die Sammlung der Kleinbronzen des Berliner Kaiser
friedrich-Museums hat eine Reihe oon neuen Crwerbungen, sämt
lich in Geschenken, zu oerzeichnen, die bei der Reichhaltigkeit der
Berliner Sammlung mit durchweg seltenen oder einzigen Stücken
kostbare Grgänzungen liefern. Besonders sind es nach einem amt
lichen Bericht des Generaldirektors Dr. Bode Werke der Renaissance.
Gine reizoolle Bacchantin gehört zusammen mit einer Reihe ähn
licher figuren der Zeit und Richtung des Agosfino di Duccio an,
wo sie einen antiken Sarkophag entlehnt zu sein scheint. Der
Medailleur oon Parma, Gian francesca Cnzola, erscheint mit zwei
neuen Stücken, dem Bleiabschlag der Rückseite einer Medaille mit
oier musizierenden Putten, die bezeichnet und 1647 datiert ist,
sowie der Bronzeausguß eines ooalen Siegelstempels des Bischofs
oon Siponto. Beide Arbeiten oerraten den Ginfluß des Donatello,
Aus Rom stammt eine merkwürdige größere Plakette, die in der
Art des filarete römische Kampfszenen der Trajanssäule entnimmt.
Gine der wenigen florentiner Plaketten aus der ersten Zeit des 16.
Jahrhunderts ist die runde Darstellung der Madonna mit dem
kleinen Johannes. Hur in dem einen neuerworbenen Gxemplar ist
Bode eine größere Plakette des Valerio Belli bekannt, kräftig in den
formen und reich im Detail. Raffaels Kreuzschleppung ist der
Komposition einer anderen Plakette entlehnt. Von großzügiger
formbehandiung erscheint ein Rundrelicf mit Herkules und Atlas,
die die Weltkugel halten, in der Art des Ceoni. —- Das mcrloallste
Stück unter den Grwerbungen ist eine Porträtplakette des Dogen
francesca foscari, den auch Gentile Bellini im Bildnis festgehalten
hat. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden, ist die Pla
kette den berühmten Medaillen Pisanellos gleichzeitig, unabhängig
uon ihnen und steht ihnen in keiner Weise nach. Meisterhaft sind
die tiefen falten in die Züge des Greises geschnitten und kon
trastieren pikant mit den mechanisch eingepunzten Mustern auf
Mantel und Hintergrund. Durch die prachtoolle Patina wird der
malerische Gffekt noch erhöht. Die Plakette ist wohl zu dekora-
tioem Zweck bestimmt gewesen, zwei Bleimodelle zu Medaillen
schenkte James Simon. Das eine zeigt das sehr indioiduelle
Selbstporträt des Malers francesca francia, ein derber, philister
hafter Handwerker, in dessen kleinem Gehirn jene Welt nüchterner
und lebloser Idealfiguren seiner süßlichen Bilder lebte. Die zweite
Medaille mit einem Mönchskopf, dessen wirkungsoolle Art den
Bildnissen auf den Medaillen oon Saoonarola, seiner Anhänger
I wie seiner Gegner entspricht, und dem Profilbild Christi auf der
Rückseite, das einem altbyzantinischen Cameo im Schaß der Peters
kirche nachgebildet ist, erklärt Bade für eine Arbeit des lliccolo
florentino. Gine dritte Bleimedaille oon 1561 ist nürnberger Arbeit.
Deutsch sind auch einige größere Bronzeplakeffen, die dem 15.