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Nr. 21
Internationale Sammler-Zeitung.
an frühem Mcißner-Porzellan, aber auch Nymphenburg,
Frankenthal, Ludwigsburg, Höchst, dann Wien ist gut
vertreten, und auch Erzeugnisse kleinerer Fabriken, wie
Ansbach, Kelsterbach, Veilsdorf u. a. fehlen nicht. In
dem an das helle Porzellanzimmer anschließenden Raum,
der durch eine schöne alte Decke den Charakter einer
Patrizierstube behalten hat, ist das Edelmetall aufge
stellt;. begreiflicherweise iiberwiegen hier die Arbeiten
der einst so berühmten Augsburger Goldschmiede. Die
Sammlung ist um so bemerkenswerter, als in ihr beinahe
kein einziges Stück aus altem städtischen Besitz stammt,
sondern das meiste in verhältnismäßig kurzer Zeit durch
eine Konzentrierung der Mittel auf die Erweiterung ge
rade dieses Gebietes zusammengebracht wurde. Von
überragender Leistungsfähigkeit des Augsburger Gold
schmiedehandwerkes kann sie natürlich nur einen
schwachen Begriff geben, aber die große Prunk
schüssel, ein Prunkschrein, dann einige Pokale und
Becher sind durch ihre Form und die Art der Dekora
tion als typische Augsburger Arbeiten anzusprechen.
Ganz besonders reich ist die Sammlung an Stücken von
der Hand Thelotts (1654—1734), unter denen das
Meisterstück, ein mit zahllosem plastischen Schmuck ge
zierter Pokal, und zwei Kannen hervorragen. Auch von
den Produkten der einst gefeierten Uhrmacherkunst
haben sich nur ein paar, allerdings vorzügliche Stücke
in das Museum gerettet, eine Halsuhr von Buschmann
(t 1640), eine schön erhaltene Satteluhr von Graupner
(18. Jahrh.), eine turmförmige Tischuhr und eine niedere
mit emailliertem Zifferblatt. Einige reizvolle Schmuck
stücke, eine große Zahl hübscher Bestecke und Klein-
geräte vervollständigen die Sammlung. Der Zinnraum
birgt neben dem ungewöhnlich zahlreich vertretenen
bürgerlichen Gebrauchszinn, das Architekt Wanner dem
Museum als Leihgabe überlassen hat, einige Edelzinn
stücke: die Marsschüssel mit Kanne, die Herkules
schüssel, einige Apostel- und Kurfürstenteller.
Die im gleichen Stockwerk unfergebrachte Münz
sammlung umfaßt von der römischen Zeit angefangen fast
alle Länder und Zeitabschnitte, und die Ausgburger
Münzen und Medaillen sind nahezu vollständig vor
handen. Durch einen schmalen Verbindungsgang mit
Schaukästen gelangt man in den rückwärtigen Teil des
Museums, wo ein kleiner Raum den Musikinstrumenten,
ein größerer den Waffen eingeräumt ist. In dem größten,
der Zunftstube, ist alles zusammengetragen, was sich
von dem Zunftwesen erhalten hat: Zunftzeichen und
Tafeln, Zunftladen, Krüge und die teilweise sehr prunk
vollen Bahrschilder. Die bescheidene Kostümsammlung,
einige gute Ausgburger Schränke, Vitrinen mit Puppen
spielzeug füllen die nächsten Zimmer. Das kleine Ge
mäldekabinett enthält wenige, aber bedeutende Stücke,
vier Ambergers, von denen zwei, das Ehepaar Mörz
durch ihre Erhaltung, die zwei anderen, das Ehepaar
Peutinger, durch die geschichtliche Bedeutung der Dar
gestellten bemerkenswert sind. Von den zwei Cranachs
ist nur der eine, Simson und Dalila, als echt zu be
zeichnen. In einem gesonderten Raum sind Skizzen von
Elias Holzer und Kopien nach Augsburger Hausfassaden
von Brandes aufgehängt. Der sonstige, zum Teile recht
gute Gemäldebesitz des Museums ist in fast allen Räumen
verteilt, der Mehrzahl nach sind es Augsburger Porträts,
darunter Selbstbildnisse der Maler Degle, Mair, Nilson
und anderer und Schlachtenbilder von Rugendas.
Der schönste Raum des ganzen Museums ist der im
zweiten Stock gelegene sogenannte Hoil-Saal, der nach
den hier aufgestellten Modellen und Entwürfen des
Stadtbaumeisters Elias Holl seinen Namen bekommen
hat. Der Hauptschmuck dieses ehemaligen Repräsenta
tionssaales des Böckschen Hauses, das große barocke
Deckenfresko und ein schöner Kamin sind ihm erhalten
geblieben, und noch heute hat dieser Raum, der durch
sieben, beziehungsweise vier hohe Fenster an den Längs
seiten erleuchtet wird, einen festlichen Charakter be
wahrt. Und um diesen Eindruck nicht zu stören, wurde
auch davon abgesehen, den hier reichlich zur Verfügung
stehenden Platz voll auszunützen; die Kunstgegenstände
sind nur ganz locker an den Wänden entlang aufgestellt.
Modelle von Augsburger Türmen und die Originalmodelle
Holls für das Rathaus. In zwei Glasvitrinen sind wissen
schaftliche und Zeitmaßinstrumente aufbewahrt, unter
letzteren einige wertvolle Stücke des berühmten
Christophorus Schißler (zweite Hälfte 16. Jahrh.).
Vom gleichen Meister rührt auch ein großes Tellurium
mit schönem plastischen Schmuck her.
Besondere Reichhaltigkeit zeichnet auch die Eisen
sammlung aus, die zum großen Teil aus dem bekannten
Goebelschen Besitz stammt. Gotische Beschläge, kunst
volle Schlösser, reiche Aushängeschilder, Gitterteile und
Truhen, meist Ausgburger Arbeiten, geben auch von
diesem geschätzten Augsburger Handwerk eine gute
Vorstellung. Mit den feineren Eisenarbeiten, wie
Schlüsseln, Zierleisten u. s. w., ist der recht beträchtliche
Bestand an Bronze- und Gelbgußarbeiten in Glas
schränken aufgestellt. Ein vollständig erhaltener Satz
von Maßgefäßen noch aus dem 15. Jahrhundert ist zum
mindesten ein für Augsburg wertvoller Besitz. Verdankt
auch die Eisenabteilung der Erwerbung der Butschen
Sammlung einen beträchtlichen Zuwachs, so hat nament
lich die Fayence, das Steingut und das Glas von dorther
seine wesentlichen Bestandteile erlangt. Aber seither
sind bei der Fayence vor allem die Fabriken Künersberg
und Göggingen durch hervorragende Stücke bereichert
worden, ein seltener Hamburger Krug und einige Nürn
berger Arbeiten verdienen besonders hervorgehoben zu
werden. Entsprechend der Einteilung im ersten Stock,
sind auch hier im zweiten die Räume des Vorderhauses
mit denen des rückwärtigen durch einen kleinen Gang
verbunden, der in Wandkasten Elfenbeinarbeiten, kleine
Holzplastik und Wachsbossicrungen birgt. In einem
kleinen Zwischenzimmer stehen gotische Aktenschränke
aus dem alten Rathaus, Unika in ihrer Art, und die
imponierende eiserne Stadtkasse, die 1483 datiert ist. Ein
anschließender Raum enthält ausschließlich auf Augs
burgs Geschichte bezügliche Stücke, ein Stadtmodell von
Rogel (1560), Geschlechtertanzbilder, dann die mit fast
allen Siegeln erhaltenen Urkunden des schwäbischen
Bundes vom Jahre 1515 und 1522. Der dahinterliegende
prähistorische Saal umfaßt alle im Stadtgebiete und in
der Umgebung ausgegrabenen römischen, mittelalter
lichen und auch neuzeitlichen Bodenfunde. Aus prä
historischer Zeit ist die Hallstattperiode sehr gut ver
treten, das Mittelalter durch die Nordendorfer Grabfunde
und durch das, was in den Reihengräbern von Salgen,
Kuhlesberg und Schrobenhausen zutage kam, und die
römische Zeit hat natürlich hier durch terra sigillata
und schöne Schmuckstücke besonders reiche Spuren
hinterlassen. Die wichtigsten Stücke: ein bronzener
Pferdekopf eines römischen Reiterstandbildes, ein
Bronzearm, ein römischer Helm aus Aschach, ein alle-
manisch-fränkischer des 6. bis 7. Jahrhunderts sind ihrer
Bedeutung entsprechend durch die Aufstellung hervor
gehoben. Der letzte größere Raum, den man bei dern
Rundgang durch das Museum betritt, enthüllt die graphi
sche Sammlung, und stellt man die Ansprüche nicht zu
hoch, so wird auch sic dafür genügen, die Augsburger
Stecher- und Druckerkunst in charakteristischen Bei
spielen vorzuführen.