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Internationale Sammler-Z eitun
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selbst nisten, die Bibliothek völlig meiden, was sie der Ein
wirkung der heiligen Sutren zuschreiben. Gouverneur Sasaki
schreibt aber die Erhaltung des Gebäudes in dem ausgezeichneten
Zustande der Uebermaluiig der Wände und Säulen mit einem
orangefarbigen Pflanzensaft zu. Die Holztafel-Sammlung, die
einen ungeheuren Wert repräsentiert, soll nun als historisches
Dokument für die Erforschung des koreanischen Buddhismus be
nützt werden.
Bilder.
(Zwei Rembrandts in Stockholm entdeckt.)
Dr. A. B r e d i u s und Dr. K r ö n i g, die beiden holländischen
Kunstgelehrten und Rembrandt-Forscher, haben im National
museum zu Stockholm zwei Rembrandts entdeckt.
Das eine Gemälde stellt eine junge Dame dar; es wurde schon
1890 von dem Franzosen Michel als vermutlich von Rem
brandts Hand herrührend bezeichnet, während es in dem
Museum als eine wertvolle Kopie eines in der Sammlung
Thieme in Leipzig befindlichen Originals galt. Dr. Bredius
glaubt die dargestellte Dame als Rembrandts Schwester
Lisbeth identifizieren zu können. Die Entstehungszeit des
Bildes ist ungefähr das Jahr 1632. Das zweite Gemälde, »Abra
hams Opfer«, wurde bisher G. van der E c k h o u t zuge
schrieben. Es datiert aus dem Jahre 1628, wäre also ein
Jugendwerk Rembrandts, wofür auch ein Umstand
spricht, der an ein anderes vor Jahren aufgefundenes Ge
mälde des großen Holländers erinnert. Wie man damals einen
einigermaßen unproportionalen Engelskopf in einer Ecke des
Gemäldes entdeckte, so findet sich bei dem Stockholmer Bilde
eine unförmige Wolke, von der Dr. Bredius meint, daß sie einen
ähnlichen Engelskopf verdeckt. Die Renovierung des Gemäldes
wird hoffentlich darüber Klarheit schaffen.
(Ein neuer Tizian.) Wir haben in unserer letzten
Nummer (s. S. 201) von einem neuen Tizian-Gemälde be
richtet, das in der Lumorskischen Galerie in Lemberg ent
deckt wurde. Die Meldung ging in die Wiener Tagesblätter
über, von denen nun die »N. Fr. Pr.« von dem in Gardone
weilenden Geheimen Rat Henry Thode eine Zuschrift er
hält, in der der Gelehrte mitteilt, daß er das gleiche
Bildnis, und zwar in vollkommen erhaltenem Zustande, und
alle Kennzeichen eigenhändiger Ausführung durch den Meister
aufweisend, besitzt. Herr Thode fügt bei: »Es wird sich darum
handeln, festzustellen, in welchem Verhältnis die beiden Bilder
zueinander stehen. Eine spätere Kopie (nur des Kopfes) fand
sich im Palazzo Giovanelli in Venedig. Auch sie läßt darauf
schließen, daß der Dargestellte eine angesehene und in Venedig
historisch bekannte Persönlichkeit gewesen sein muß. Deren
Namen zu bestimmen, ist mir nicht gelungen.«
(G e m ä 1 d e f u n d e in Ul m.) Wertvolle alte Gemälde
sind in Wiblingen laufgefunden worden. Dort kaufte ein
Bürger, um eine Durchfahrt in seinen Hof zu bekommen, ein
altes Nachbarhaus. Beim Abkratzen einer Hinterwand in
diesem Hause fand man auf Holztafeln gemalte Bilder. Nach
Ansicht Kunstverständiger handelt es sich um Gemälde, die
zur Zeit des Bildersturmes aus dem Ulmer Münster entfernt
worden sind. Diese gotischen Tafeln sind 120 auf 132 Zenti
meter, 130 auf 164 Zentimeter, 135 auf 200 Zentimeter und 180
auf 200 Zentimeter groß und stellen dar: Die Geburt Christi,
die Anbetung der drei Weisen, die Darstellung Christi und den
Tod Mariens. Landes'konservator Dr. Gradmann hat die
Bilder als sehr wertvoll bezeichnet und bei den zuständigen
Stellen in Stuttgart Schritte in Aussicht gestellt, um die Bilder
dem Lande zu erhalten. Dem Eigentümer ist schon ein Angebot
von 8000 Mark gemacht worden.
(Eine Bilderleih stelle an der Universität
Berlin.) In Berlin hat sich nunmehr, nachdem aus Jena
die Nachricht von einer ähnlichen Gründung gekommen war,
eine akademische Bijderleihstelle aufgetan. Sie
verfolgt den Zweck, dem Studenten dadurch einen persönlichen
vertrauten Umgang mit Kunstwerken zu ermöglichen, daß ihm
originale Kunstwerke nach Hause geliehen werden. Die Bilder
leibstelle konnte durch dankenswerte Stiftungen bekannter
Künstler ins Leben gerufen werden; so haben Kolbe, Lie
be r m a n n und andere Werke von sich zur Verfügung gestellt.
Dadurch, daß in der Hauptsache nur Originale — Radierungen,
Steindrucke, Kupferstiche u. s. w. — geliehen werden, nimmt
die Berliner Schöpfung unter den bisherigen Gründungen ähn
licher Art eine besondere Stellung ein. Die Leihgebühr ist
äußerst niedrig angesetzt und gibt den Studenten das Be
nutzungsrecht während des ganzen Semesters; wenn der Be
nutzer es wünscht, kann er sein Bild beliebig oft Umtauschen.
Die künstlerische Oberaufsicht über die Kommission, die aus
Freistudenten gebildet ist, liegt in den Händen Prof. Gold
schmidts, des Dozenten für Kunstgeschichte an der Ber
liner Universität. Die Einrichtung selbst ist eine allgemein
studentische. Mit einer Ausstellung des vorhandenen
Bildermateriales wird die Leihstelle demnächst eröffnet
werden.
(Der verbesserte Raffael!) Man schreibt der
»Frkf. Ztg.« aus München: Dem hiesigen Verlage »Glaube
und Kunst« (Parcus & Co.), der mit Emphase betont, daß seine
»von einem namhaften christlichen Künstler in München« be
sorgte Vorlage zu seiner von Parcus & Co. herausgegebenen
Farbenreprodu-ktion der Raffael sehen »Schulen von Athen«
die allein Originaltreue Reproduktion sei, war es nach Jahr
hunderten Vorbehalten, Raffael zu verbessern und seine
Kunst zu einer höheren Sittlichkeit ernporzuheben. Auf dieser
Farbenreproduktion, die die Göttin der Wissenschaft, Athene,
mit einem Löwenkopf auf ihrem Schilde statt des ihr als
Attribut zukommenden Medusahauptes zeigt, ist in dem
unter der Athenefigur befindlichen Relief aus der schönen,
allerdings sehr schleierhaft bekleideten Figur der Aphrodite
m ä t Psyche — man höre! — ein in dichten Mantel
gehüllter alter Mann mit Bart gemacht. Auf
der linken Seite der Halle erblicken wir auf dieser Reproduk
tion zu unserem größten Erstaunen den männlich schönen
Apollo mit einem gut verschlossenen Lendenschleier!
Solche empörende Verschandelungen einer unserer herrlichsten
Kunstschöpfungen, die dazu von einem Papst in Auftrag ge
geben wurde und im Vatikan bis jetzt keinen Anstoß erregt hat,
wagt der Verlag »Glaube und Kunst« zu reproduzieren und
als eine originalgetreue Leistung anzupreisen. (Wir schlagen
vor, diese kunstschänderische Leistung der Herren Parcus &
Co. mit einer Umtaufe ihrer Firma in »Glaube und Unkunst«
zu belohnen. D. Red.)
Handschriften.
(Ein wertvoller Pergamentfund.) Ueber einen
höchst interessanten Neufund hat Professor Deißmann, der
geschätzte Berliner Theologe, jüngst der Berliner Archäologi
schen Gesellschaft Mitteilung gemacht. Vor einiger Zeit fan
den nämlich Kurden in dem Arroman-Gebirge einen Stein
krug, in dem mehrere alte Pergamente versteckt waren. Zu
fällig kam ein griechischer Arzt in den Besitz der Dokumente;
er sandte sie nach England, und dort wurde von Fachleuten
festgestellt, daß man es mit zwei griechischen Urkunden aus
den Jahren 88 und 22 v. Chr. zu tun habe. Es handelt sich um
Erbpachtverträge über einen Weinberg; die Vertragschließen
den wie die Zeugen waren griechisch schreibende Perser. An
tike Originalurkunden sind an sich nichts Seltenes, aber es sind
sonst durchwegs Papyri, die, vom ägyptischen Wüstensand
gedeckt, den Jahrtausenden zu trotzen vermochten. Daß sich